2011-02-11 09:51:38

Kardinal Kasper: „Kommen wir zur Sache“


Kardinal Walter Kasper antwortet deutschen Theologen: In einem Beitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ reagiert der frühere Leiter des Päpstlichen Ökumene-Rates auf ein Memorandum von letzter Woche. Darin sprachen sich über 200 Theologen aus dem deutschsprachigen Raum für Reformen in der Kirche aus. Kardinal Kaspers Essaysteht unter dem Titel: „Kommen wir zur Sache“.

„Kein vernünftiger Mensch, kein wacher Christ wird bestreiten, dass die katholische Kirche in Deutschland einen Aufbruch bitter nötig hat“, so Kasper. „Niemand kann auch ernsthaft bestreiten, dass den Lehrerinnen und Lehrern der Theologie in dieser Situation eine besondere Verantwortung zukommt. Als einer, der selbst fast dreißig Jahre lang im akademischen Dienst tätig war, muss ich aber offen sagen, dass mich das Memorandum maßlos enttäuscht hat... weil ich mir von Theologen mehr erwartet hätte, nämlich einen substantiellen theologischen Beitrag.“

Er frage sich, wie man als Theologe von der gegenwärtigen Lage reden könne, „ohne die Gotteskrise zu nennen“, so der Kardinal. Stattdessen bleibe das Memorandum „in einer von ihm selbst zu Recht kritisierten Selbstbeschäftigung“ stecken. „Glauben die Unterzeichner im Ernst, dass die Kirchenverfassung heute eine existentielle Frage der Menschen ist“, fragt Kasper. Aus seiner Sicht sei die Kirchenkrise doch eher „eine Folge der Gotteskrise“. Die Forderungen des Memorandums seien „längst bekannt und von vielen anderen Gruppierungen schon fast bis zum Überdruss gesagt“. Doch Kirchen, die Frauen ordinierten und auch andere Forderungen des Reformpapiers umgesetzt hätten, steckten doch „gerade deswegen in einer viel tieferen Krise stecken als die katholische Kirche in Deutschland“.

Der Zölibat sei „nicht erst heute ein heißes Eisen“: „Die Frage ist international exegetisch wie historisch mit Ergebnissen diskutiert worden, die es seriöserweise nicht mehr erlauben, die alten Argumente einfach zu wiederholen“. Nicht weniger als drei Weltbischofssynoden hätten „jeweils mit überwältigender Mehrheit für die Beibehaltung der priesterlichen Ehelosigkeit votiert“. Wenn man eine andere innerkirchliche Rechtskultur verlange, so Kasper, „dann gehört dazu auch, dass man Entscheidungen auch dann anerkennt, wenn man selbst eine andere Lösung bevorzugt hätte“. Und nur „ein hoffnungs- und zukunftsloser und damit falscher Konservativismus“ könne meinen, „bisherige Pfarreistrukturen mit „viri probati“ künstlich am Leben halten zu können“. Der frühere Leiter des vatikanischen Einheitsrates empfiehlt den deutschen Theologen „mehr Phantasie und einen Blick über den Tellerrand hinaus“. Es gebe in Deutschland nicht nur eine „Zölibatskrise“, sondern wegen der „Gotteskrise“ vor allem eine „Gläubigen- und Gemeindekrise“. Dass die Zahl der Kirchgänger in Deutschland immer mehr zurückgehe, müsse „aufrütteln“: „Radikal kann ich nur die Lösung nennen, die an dieser „radix“, an dieser Wurzel, ansetzt, statt oberflächlich an der Stellschraube Zölibat zu drehen.“

(faz 11.02.2011 sk)









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