Der Grazer Bischof Egon Kapellari hat ausgeschlossen, dass die austrittsbedingten
Finanzeinbußen der Kirche durch eine Erhöhung der Kirchenbeiträge ausgeglichen werden.
„Man muss Schmerzgrenzen beachten“, sagte er in einem Interview mit der Tageszeitung
„Der Standard“ vom Montag. Seelsorge diene nicht nur den kirchlichen Kernschichten:
„Man sollte vor allem auch Leuten, die nicht zur Kirche gehören, sagen: Wenn es um
das Ganze der Gesellschaft geht, welchen vernünftigen Kompromiss kann ich mir vorstellen,
mitzutragen?“ Das derzeitige System solle nicht „destabilisiert“ werden, hob der Bischof
hervor. Für den Umgang mit Ausfällen bei den Kirchenbeiträgen gilt laut Kapellari
„ganz simpel: Wer weniger einnimmt, kann auch weniger ausgeben.“ Der Spardruck werde
in den österreichischen Diözesen voraussichtlich unterschiedlich sein. Seine Diözese
Graz-Seckau habe weder große Finanzreserven noch Immobilien. Der Kirchenbeitrag mache
80 Prozent aller Einkünfte aus. In Graz seien für die Zukunft unterschiedliche Szenarien
errechnet worden. Doch „wir sind derzeit stabil“, „Alarmismus“ sei nicht angebracht,
meinte der Bischof.
Auf die Frage nach Fehlern, die die Kirche gemacht habe,
antwortete Kapellari: „Sicher bezogen auf den Umgang mit Missbrauch.“ Dieses „Generalproblem“
sei aber nicht nur in der Kirche, sondern in der Gesellschaft insgesamt wenig im Bewusstsein
gewesen. Es habe auch Vertuschung gegeben, räumte Kapellari ein, warnte aber zugleich
vor Verallgemeinerungen. Gegen Missbrauch gebe es „leider keine Vollkaskoversicherung
– weder in der Kirche noch in der Familie noch in staatlichen Einrichtungen“. Prävention
sei jedenfalls ein „Dauerauftrag für die Zukunft“. Insgesamt habe sich die Kirche
dem Problem „gerade im vergangenen Jahr sehr offen gestellt“ und staatlichen Stellen
in Bezug auf Aufarbeitung und Prävention „ein Beispiel gegeben“.