Menschen in der Zeit: Walter Galetti, Ein großer Clown wird 80
Lachen und Humor gehören
unlösbar zu unserem Menschsein. Sie sind ein Ausdruck der Freude am Leben - und auf
das, was uns danach erwartet. Aber die Gaukler, die Narren und Clowns sind mehr als
Spaßmacher, weil es ihnen gelingt, auch bittere Wahrheiten einfühlsam zu vermitteln.
Mit einem besonderen Gefühl bringen sie unsere menschlichen Schwächen auf den Punkt.
Walter Galetti, einer der großen Clowns feierte jetzt seinen 80. Geburtstag. Zu Beginn
arbeitete er als Tierpfleger im Zirkus Knie, schon bald bekam er eine eigene Show
als Clown. Der kleine Mann mit dem großen Herzen dankt seinem Schöpfer, dass er ihm
eine Frohnatur in die Wiege gelegt hat. Seine Augen leuchten, wenn er von der Zukunft
erzählt. Walter Galetti erhielt den internationalen Zirkusoscar und gehört zum Kreis
der sieben besten Clowns in der Welt.
Herr Galetti, Sie haben sich schon früh
für den Beruf eines Clowns entschieden. Was hat Sie für diesen für Sie so wichtigen,
lebensentscheidenden Entschluss bewogen?
„Da muss ich so antworten: ich
wollte einfach Clown werden! Ich musste Clown werden. Da war einfach der Drang da.
Ich war schon in der Schule der Komiker, der Clown. Das hat mich glücklich gemacht.
Und dann später habe ich eben versucht, Clown zu werden.“
Es ist Ihnen
gelungen, das zu werden, was Sie innerlich bewogen hat......
„Ja, genau.
Der Familie zuliebe, meinen Eltern zuliebe, habe ich einen gut bürgerlichen Beruf,
Tierpfleger, zu werden. Und dann, wie ich volljährig war, ging ich eben zum Zirkus
und habe angefangen, Clown zu werden".
Und was sagte Ihr Elterhaus zu Ihrer
Berufswahl?
„Zum Glück hatte ich einen Nachbar und der war Zirkusfan, der
hatte sogar Raubtiere in seinem Keller, in seinem Gehege und der hat gut bei meinen
Eltern für mich vorgesprochen.“
Sie sind mit ihrem Eigenheim auf Rädern
schon mehrmals um die ganze Welt gefahren, begleitet von Ihrer Frau Maria, Ihren beiden
Töchtern, Carmen und Maria und später von Ihrem Sohn Marco?
„Meine Frau
kam genau so wie ich aus dem privaten Bereich und wir haben uns im Zirkus kennen gelernt.
Sie war an der Restauration, und ich war so ein kleiner Pausenaugust. Da haben wir
uns kennen gelernt. Da haben wir versucht zusammen eine Nummer aufzubauen.“
Und
mit Ihrer Familie schafften Sie dann den Durchbruch zu Ihrer fabelhaften Karriere.
Erzählen Sie uns bitte kurz etwas über Ihre Etappen, Ihre großen Erfolge....
„Ich
war in London engagiert, damals war ich noch Tierpfleger, aber ich durfte schon mitfahren,
und ein bisschen Pausenaugust machen. Und da war im Programm ein Vagabund auf einem
Seil. Das Seil war elastisch. Und das hat mich so fasziniert, im Hinterkopf ist das
einfach festgesessen. Später, als ich die Möglichkeit hatte, haben wir im Garten meiner
Eltern ein Seil gespannt, und haben versucht, Seil zu laufen.“
Das war
sozusagen der Anfang Ihrer großen Karriere?
„Ja genau. Dann habe ich ein
Jahr lang pausiert, meine Frau ging an eine Tankstelle und hinter dieser Tankstelle
haben wir dann weiter unsere Nummer trainiert. Und dann haben wir uns beworben. Wir
haben dann auch einen Vertrag bekommen für einen sehr guten Zirkus in Deutschland,
und nach drei Wochen kam ein Telegramm: es tut uns leid, wir müssen den Vertrag stornieren.
Wir können Sie nicht in unserem Wohnwagen im Park aufnehmen, wenn Sie nicht verheiratet
sind. Und drei Wochen später kam wieder ein Telegramm: es tut mir leid, wir müssen
den Vertrag stornieren, wir haben den ganzen Zirkus nach Amerika verkauft.... Da waren
wir verheiratet und standen da"!
Mittlerweile gehören Sie ja zu den sieben
besten Weltclowns und haben sogar den „Zirkusoscar" erhalten...
„Das hat uns
sehr geholfen, weiter zu kommen. Überall haben Sie uns reingenommen.“
Gibt
es eigentlich Konkurrenz unter den Clowns?
„Nein, nein, das habe ich überhaupt
nie erlebt. Weil ja der Flieger oder der Dompteur oder was er eben ist, nicht in Konkurrenz
steht. Warum sollte er auf den eifersüchtig sein?“
Das gibt es also in
Ihrer Welt nicht: Neid, Eifersucht.....
„Nein, nein.“
Fredy Quinn,
Heidi Kabel, Heinz Rühmann, Gilbert Becaud: das sind ja alles Ihre Freunde, um nur
einige zu nennen. mit denen Sie auf der Theater- und Filmbühne zusammen Erfolge feierten....
„Gilbert
Becaud, der hat mich zwei Mal zu seinen Fernseh-Shows eingeladen, ich habe viel mit
ihm zusammen gearbeitet, Heidi Kabel und Heinz Rühmann, das waren Freunde, die zu
mir in den Wohnwagen kamen. Und diese Atmosphäre war eben sehr, sehr lieb. Wir standen
da in Hamburg etwa sechs Wochen und da kamen jeden Abend Artisten und Schauspieler
zu einem netten Beisammensein zusammen.“
Herr Galetti, man sagt Komiker
seien im Grunde oft auch recht melancholische Menschen...
„Nein, das stimmt
nicht. Auch die berühmte Träne vom Clown...das stimmt nicht. Natürlich gibt’s den
Clown, der vielleicht ein bisschen traurig ist. Aber, er zeigt das nicht. Er darf
das nicht zeigen. Ich weiß nur, dass alle meine Kollegen lustige Kollegen sind. Bei
uns wird viel gelacht, sie sind alle hilfsbereit, eben ein fröhlicher Menschentyp.“
Was
ist das Wichtigste für einen Clown, Herr Galetti? Spontaneität, Ideenreichtum, gute
Laune, körperliche und geistige Flexibilität oder Intuition?
„Das alles
zusammen! Und dann kommt noch dazu: er muss fröhlich sein. Allein schon von seinem
Charakter her, er muss fröhlich sein. Sonst kann er ja keine Fröhlichkeit schenken.
Einer, der kein Herz hat, kann ja auch kein Herz verschenken. Also, man braucht beides
und all die Sachen, die Sie aufgezählt haben, kommen noch dazu.“
Herr Galetti,
was ist Fröhlichkeit eigentlich? Ist es, wenn man trotzdem lacht?
„Genau,
genau das, ja. Und zufrieden sein. Und – für mich speziell – auf das Publikum eingehen
und sie mitreißen. Das gehört einfach dazu.“
Lachen ist also nicht nur
ein äußerer Ausdruck der Fröhlichkeit, der Heiterkeit, sondern eben auch Ausdruck
der Fröhlichkeit, die von innen kommt?
„Also, so sehe ich es auch. Ich hatte
zum Beispiel einen Kollegen gehabt, der hatte kein Herz, der ist auch nicht weit gekommen.
Nur angeben, das geht nicht. Man muss einfach ganz leicht und lieb sein. Ein guter
Clown, der nimmt sich selbst auf den Arm.“
Der Herrgott hat Ihnen offensichtlich
eine Frohnatur in die Wiege gelegt. Sind Sie auch dankbar dafür?
„Aber sicher!
Sehr sogar. Ich bin eigentlich sozusagen per Du mit dem Herrgott. Wenn ich zum Beispiel
auf der Autobahn fahre, und irgendwie in eine Situation reinkomme, aber auch auf der
Bühne, und es klappt herrlich, dann kann ich auch einmal ganz schnell hinter die Kulissen
oder beim Auto das Fenster runterdrehen und sagen: Du, ich danke Dir recht herzlich,
das war prima! Danke! Ich werde mich revanchieren.“
Ein echtes Zwiegespräch
also zwischen einem Clown und dem lieben Gott. Lachen gehört zum christlichen Glauben,
lachen ist Ausdruck der Freude am Leben. Man sagt ja auch, Spaßmacher liegen dem Herrgott
besonders am Herzen.
„Sicher, sonst hätte ich ja nicht so viel Glück. Ich
bin jetzt 80 Jahre und kerngesund. Mir fehlt überhaupt nichts. Gar nichts. Ich brauch
keine Pillen, keine Tabletten. Was will ich mehr? Und dafür danke ich auch, ich versuche
auch das weiter zu geben durch humanitäre Auftritte und und und...“