Vatikan/Österreich: Papst kritisiert Ausschluss der Religion
Religion muss in der
Gesellschaft einen festen Platz haben, denn sie ist der Kitt der Gesellschaft. Daran
hat Papst Benedikt XVI. an diesem Donnerstag erinnert. Er hat den neuen österreichischen
Botschafters beim Heiligen Stuhl, Alfons M. Kloss, empfangen. Kloss, der seinen langjährigen
Vorgänger Martin Bolldorf ablöst, überbrachte dem Papst sein Beglaubigungsschreiben.
In vielen Ländern des Kontinents sei das Verhältnis von Staat und Religion in eine
„eigenartige Spannung“ geraten, so der Papst in seiner Ansprache.
„Auf der
einen Seite sind die politischen Autoritäten sehr darauf bedacht, gegenüber den bloß
als individuelle Glaubensüberzeugungen der Bürger verstandenen Religionen keine öffentliche
Bühne zukommen zu lassen, auf der anderen Seite besteht der Versuch, Maßstäbe einer
säkularen Öffentlichkeit auch für die Religionsgemeinschaften zur Anwendung zu bringen.
Es scheint, man wolle das Evangelium an die Kultur anpassen, ist jedoch peinlich darauf
bedacht zu verhindern, dass die Kultur vom Religiösen mitgestaltet wird.“
Kirchliches
Engagement erfahre breite gesellschaftliche Anerkennung, erinnerte der Papst. Es sei
nicht einfach „bloße Wohltätigkeit“ – die Kirche leiste nicht nur im karitativen und
Bildungsbereich einen wichtigen Beitrag, sondern trage allgemein zum Gemeinwohl und
zur moralischen Stabilität der Kultur bei. „Die Anerkennung der religiösen Freiheit
erlaubt der kirchlichen Gemeinschaft, ihre vielfältigen Tätigkeiten auszuüben, aus
denen die gesamte Gesellschaft Nutzen zieht“, hält der Papst hier fest.
Benedikt
XVI. lobt in dem Zusammenhang das tief katholisch geprägte Österreich – die friedliche
Koexistenz der Religionen in dem Land sowie seinen Einsatz für die Religionsfreiheit.
Hier nennt der Papst das sogenannte „Kruzifixurteil“ des Europäischen Gerichtshofs;
Österreich habe sich in dem Zusammenhang für eine Verankerung der Religion im öffentlichen
Raum ausgesprochen. Ebenso lobt der Papst das Bemühen des österreichischen Außenministeriums,
dem Schutz der Religionsfreiheit im Europäischen Auswärtigen Dienst mehr Gewicht zu
verleihen. Im Gegensatz zu einer exklusiven und säkularen Haltung der Religion gegenüber
fielen neben Österreich auch andere „mittel- und osteuropäische Staaten“ positiv auf,
bemerkt der Papst.
Mehr Schutz für kinderreiche Familien Weiteres
wichtiges Anliegen des Heiligen Stuhles ist eine ausgewogene Familienpolitik. Die
Ehe von Mann und Frau, die „auf die Zeugung eigener Nachkommen ausgerichtet ist“ –
sie sei der wesentliche Halt der Gesellschaftsordnung, so der Papst. Hier forderte
Benedikt XVI. explizit den Schutz kinderreicher Familien und des ungeborenen Lebens:
„Es
wird jedoch vor allem die kinderreiche Familie vielfach benachteiligt. Probleme in
solchen Familien, wie etwa ein erhöhtes Konfliktpotential, niedriger Lebensstandard,
erschwerter Zugang zur Bildung, Verschuldung und vermehrte Scheidungen, lassen auf
tiefere Ursachen schließen, die von der Gesellschaft her gelöst werden müssen. Zudem
bleibt zu beklagen, dass dem werdenden Leben nicht ausreichend Schutz zuteil wird,
im Gegenteil, oft nur ein sekundäres Existenzrecht gegenüber der Entscheidungsfreiheit
der Eltern zuerkannt wird.“
Der Bau eines gemeinsamen „Hauses Europas“
könne nur gelingen, wenn sich der Kontinent seiner „christlichen Fundamente“ bewusst
werde, so der Papst weiter. Die Werte des Evangeliums sowie des christlichen Menschenbildes
müssten auch in Zukunft das „Ferment europäischer Zivilisation“ sein. Als Leitbilder
des Glaubens und der Völkerverständigung nannte der Papst die zuletzt selig gesprochenen
Österreicher Franz Jägerstätter, Schwester Restituta Kafka, den ungarischen Heiligen
Ladislaus Batthyány-Strattmann und Kaiser Karl von Österreich. Der neue Botschafter
Österreichs beim Heiligen Stuhl mahnte seinerseits ein verstärktes Eintreten für die
Achtung der Religionsfreiheit an. Die österreichische Regierung wolle „mit Nachdruck“
dafür eintreten, dass in den EU-Außenbeziehungen dem Einsatz für die Religionsfreiheit
künftig ein größerer Stellenwert beigemessen werde, sagte Kloss in seiner Antrittsansprache.
Der „beharrliche Einsatz“ für die weltweite Achtung der Menschenrechte sei ein „Hauptanliegen
der österreichischen Aussenpolitik“. (rv/kipa 03.02.2011 pr)