Kard. Marx: Hochschulpastoral über die Grenzen hinaus
Die Hochschulen ändern sich, und damit auch die Hochschulseelsorge. Um den Herausforderungen
begegnen zu können, trafen sich in der letzten Woche Delegierte des Rates der Europäischen
Bischofskonferenzen, Vertreter von Hochschulverbänden und –bewegungen und Delegierte
verschiedener vatikanischer Kongregationen zu einem Kongress in München zu den Perspektiven
der Universitätspastoral in Europa.
Schirmherr und Gastgeber des Kongresses
war der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx. Bereits 2009 hatte Marx Verständnis
für Aktionen von Studierenden gezeigt, die gegen diese Studienreform demonstriert
hatten, diese ginge offensichtlich an den Bedürfnissen der jungen Leute vorbei. Im
Interview mit dem Münchner Kirchenradio unterstrich er jetzt noch einmal seine Bedenken.
„Der Bologna-Prozess macht ja nicht nur Freude, wie man gelegentlich hört,
jedenfalls hat er – so weit ich das sehe – zu einer stärkeren Verschulung geführt,
so dass die Studentinnen und Studenten weniger ihre Persönlichkeit entfalten können,
in ein anderes Fach hinein schauen können, Kommunikation pflegen können, kulturell
und religiös sich weiter bilden: das ist glaube ich etwas schmaler geworden.“
Umso
wichtiger seien hier die Hochschulgemeinden, so Marx. Man müsse aber auch das Positive
an der europäischen Entwicklung sehen und nutzen.
„Die Vernetzung und dass
wir eine gemeinsame Kultur sind, das ist sehr wichtig. Die Katholische Kirche ist
in allen europäischen Ländern vertreten, umso wichtiger ist, dass sie auch ihre gemeinsame
Hochschulpastoral voranbringt.“
Dialog und Vernetzung – dies waren die
beiden Schlüsselwörter, die immer wieder und in den verschiedensten Bereichen genannt
wurden. Sie spielen aber nicht nur in den Strukturen der Universitäten und Studierendenorganisationen
eine Rolle, sondern auch im Alltag des Glaubenslebens:
„Es gibt eine wachsende
Zahl von muslimischen Studentinnen und Studenten. Deswegen ist gerade für die Hochschulgemeinden
sehr wichtig, hier den Dialog zu suchen. Schon als ich in Paris studierte gab es eine
Gruppe ‚croyant – non croyant’, also Nichtgläubige und Gläubige, und es gab schon
immer das Gefühl, dass man in der Hochschulgemeinde über die eigene Grenze hinaus
gehen muss.“
Auch hier ist also Vernetzung und Dialog gefordert. „Man
muss den Dialog suchen mit den Nichtglaubenden, mit denen, die eine andere Religion
haben. Ich halte das für sehr wichtig und würde die Hochschulgemeinden sehr bitten,
diesen Dialog zu pflegen.“
Laut Tino Bargel, Mitarbeiter an der Hochschule
in Konstanz, betonen auf dem Kongress die heutigen Studierenden ihre Individualität.
Im Hinblick auf ihre berufliche Zukunft sind sie weit „effizientorientierter“ als
früher, haben jedoch unklare Wertevorstellungen und Ideale. Die Studierenden seien
sich, so Bargel, weithin darüber im Unklaren, wie die gesellschaftliche Entwicklung
weiter gehen soll und für was sie sich einsetzen könnten. Eine weitere Gemeinsamkeit
ist die der Mobilität und der ständigen Vernetzung der heutigen Studierenden. Diese
Vernetzung brauche die Kirche auch, habe sie eigentlich auch schon durch die jahrhundertelange
Tradition, aber sie werde zu wenig genutzt, so Marx:
„Ich glaube, wenn
ich das Feld unserer Kirche insgesamt anschaue, dass wir diese Vernetzungs- und Kooperationsmöglichkeiten
noch nicht ausgelotet und ausgereizt haben. Das, was katholische möglich ist, an europäisch
und international katholisch möglich ist, ist längst noch nicht ausgeschöpft.“
Der
Kongress ist am Sonntag, den 30. Januar mit der Feier der Heiligen Messe durch Kardinal
Marx in der Kathedrale Münchens zu Ende gegangen.