Die Gesellschaft für bedrohte Völker wirft Ägyptens Staatspräsident Hosni Mubarak
vor, nichts aus dem Terroranschlag gegen Kopten in der Neujahrsnacht in Alexandria
gelernt zu haben. „Mit seinem beharrlichen Leugnen jeder Diskriminierung der Kopten
macht sich Mubarak endgültig unglaubwürdig und verspielt auch unter den Christen letzte
Sympathien“, kritisierte der Afrikareferent des Verbands, Ulrich Delius, am Mittwoch
in Göttingen. Innerhalb der vergangenen drei Tage hatte Mubarak gleich zwei Mal öffentlich
bestritten, dass Angehörige der christlichen Minderheit in Ägypten diskriminiert werden.
Weniger aus Rücksicht auf die Regierung, denn aus Angst vor den Folgen landesweiter
Unruhen hatte die koptische Kirche die Christen in den vergangenen Tagen dazu aufgerufen,
sich nicht an den Massenprotesten gegen Armut und Unterdrückung am Dienstag zu beteiligen.
Die Kirche fürchtet, dass die radikal islamische Muslimbrüderschaft bei einem Regierungswechsel
mehr Einfluss gewinnen und das Los der Christen sich noch weiter verschlechtern könnte.
An den Demonstrationen vom Dienstag beteiligten sich allein in Kairo etwa
15.000 Menschen; die Polizei ging mit Schlagstöcken und Tränengas gegen sie vor. Dabei
starben fünf Menschen, darunter ein Polizist.
Mubarak hatte noch am 24. Januar
gegenüber einem Journalisten erklärt, es sei „unfair und unwahr“, wenn behauptet werde,
in Ägypten würden die Kopten diskriminiert. Wer solche Vorwürfe erhebe, „verbreite
erfundene Erzählungen“. So solle nur die nationale Einheit von Ägyptern untergraben
werden. Koptische Organisationen fordern seit 15 Jahren, die Bestimmungen zur empfindlichen
Einschränkung von Kirchenneubauten und -renovierungen aufzuheben. Auch Benachteiligungen
bei der Vergabe von Arbeitsstellen im Öffentlichen Dienst, bei der Berufsausübung
sowie diffamierende Darstellungen in staatlichen Medien und Schulbüchern schüren seit
Jahren Wut und Ärger unter der christlichen Minderheit.
Als Parlamentarier
der Regierungspartei in der vergangenen Woche erneut die strikten Bauvorschriften
für christliche Kirchen rechtfertigten, reagierten Kopten verärgert. „Sie können uns
doch nicht mit Entschuldigungen abspeisen, als ob wir geistig zurückgeblieben wären“,
entrüstete sich der koptische Bürgerrechtler Mark Ebeid.