Papst: „Nicht nur Anerkennung von Unterschieden, sondern volle Einheit“
Die Messlatte für
eine Einheit der Christen liegt hoch: Nicht weniger als die volle Einheit ist das
Ziel, nicht etwa nur ein friedliches Nebeneinander-Leben der Kirchen. Das hat Papst
Benedikt am Dienstagabend bekräftigt. In der römischen Basilika Sankt Paul vor den
Mauern feierte er eine Vesper zum Abschluß der Weltgebetswoche für die Einheit der
Christen.
Einmal im Jahr, immer am Fest der Bekehrung des Apostels Paulus,
fühlt Roms Bischof der Ökumene den Puls. Der Rahmen ist festlich: Alle Lichter an
über dem Grab des Völkerapostels, in den Bänken viele Freunde aus anderen christlichen
Kirchen und Gruppen – und natürlich die Benediktiner, die an dieser alten Pilgerkirche
ihr Kloster haben. Es war eine Vesper mit deutschem Akzent – das lag nicht nur am
Papst aus Deutschland, sondern auch daran, dass mit Kardinal Kurt Koch, dem Chef des
Ökumenerates, ein Schweizer die Grußadresse an den Papst sprach. Und die erste Lesung
wurde vom protestantischen Seelsorger Roms, dem deutschen Pfarrer Jens-Martin Kruse,
vorgetragen.
„Zusammen glauben, feiern, beten“ – diese Szene aus der Apostelgeschichte
war dieses Jahr das Motto der Weltgebetswoche. „Diese Beschreibung ist nicht einfach
eine Erinnerung aus der Vergangenheit und noch nicht einmal die Vorstellung eines
Modells, das es zu imitieren gälte“, so der Papst: „Lehre der Apostel, brüderliche
Gemeinschaft, Brechen des Brotes und Gebet sind die konkreten Lebensformen der ersten
christlichen Gemeinschaft von Jerusalem, aber auch die wesentlichen Merkmale aller
christlichen Gemeinschaften jeder Zeit und allerorten.“
Eine sichtbare
Einheit der Christen dürfe sich daher auch nicht mit weniger zufriedengeben als mit
dieser Einheitsbeschreibung aus der Apostelgeschichte, so Benedikt XVI.:
„Wir
wissen genau, dass wir noch weit entfernt sind von dieser Einheit, um die Christus
gebetet hat. Diese Einheit, zu der Christus die Kirche aufruft, realisiert sich nicht
nur auf dem Niveau der Strukturen: Zu ihr gehören auf tief gehende Weise das Bekennen
eines Glaubens, die gemeinsame Feier der Liturgie und die brüderliche Eintracht. Die
Suche nach der Wiederherstellung der Einheit unter den getrennten Christen darf sich
also nicht auf eine Anerkennung von Unterschieden beschränken, oder auf eine Art friedliches
Zusammenleben. Was wir wollen, ist Einheit im Glauben, in den Sakramenten, im kirchlichen
Amt. Und der Weg hin zu dieser Einheit ist ein moralischer Imperativ – Antwort auf
eine präzise Aufforderung des Herrn!“
Die Christen dürften also nicht „der
Versuchung der Resignation oder des Pessimismus nachgeben“, denn das wäre nur ein
Zeichen für „mangelndes Vertrauen in die Kraft des Heiligen Geistes“. Vielmehr gelte
es, den ökumenischen Weg „mit Leidenschaft“ fortzusetzen.
Übrigens segnete
Papst Benedikt auf dem Gelände der Paulus-Basilika auch einen „Lutherbaum“, der vor
ein paar Tagen dort gepflanzt wurde – auf Initiative der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen
Kirche Deutschlands. Die Delegation unter der Leitung der Bischöfe Johannes Friedrich
und Friedrich Weber nahm auch an der Vesper in „San Paolo fuori le mura“ teil.