2011-01-24 13:58:38

Direktor Caritas Minsk: „Mehr Synergie bei karitativer Arbeit nötig“


Der Druck geht weiter – gut einen Monat nach der umstrittenen Präsidentenwahl in Weißrussland haben Sicherheitskräfte in den letzten Tagen erneut Hausdurchsuchungen bei Oppositionellen durchgeführt. In verschiedenen Redaktionen unabhängiger Medien und in Privatwohnungen sind Computer und Aufzeichnungen beschlagnahmt worden. Das meldet eine regierungskritische Nachrichtenagentur in der weißrussischen Hauptstadt Minsk. Auch sei ein Oppositionsführer verhaftet worden, der im Präsidentenwahlkampf gegen Präsident Lukaschenko angetreten war. Lukaschenko legte am Freitag in Minsk den Eid für eine vierte Amtszeit ab, dem selbsterklärten Wahlsieger wird nun von Seiten internationaler Beobachter Wahlfälschung vorgeworfen; im deutschen Bundestag denkt man derzeit über Sanktionen gegen das Land nach.
 
 
Auswirkungen auf soziale Arbeit im Land
Eine Abschottung Weißrusslands gegenüber dem Westen hätte wohl auch Auswirkungen auf die soziale Arbeit in dem Land. Karitative Projekte laufen dort zu großen Teilen mit Unterstützung aus Westeuropa, angesichts der umstrittenen politischen Führung befinden sich Kirche und Caritas in Weißrussland in der Zwickmühle. So will sich Pater Victor Haidukevich, Leiter der Caritas Minsk, im Gespräch mit uns auch nicht zur politischen Lage äußern. Er schlägt einen versöhnlichen Ton an, lässt aber auch durchblicken, dass die Zusammenarbeit mit dem Staat nicht immer einfach ist.
„Natürlich gibt es immer wieder Probleme, zum Beispiel bei der Organisation von EU-Projekten. Immer wieder gibt es Schwierigkeiten, das Geld zu bekommen, um die ganzen Projekte zu realisieren. Der Staat möchte das Geld kontrollieren. Zum Glück gibt es viele Organisationen, mit denen wir zusammenarbeiten hier in Belarus, und das läuft reibungslos. Aber wenn viel Geld im Spiel ist, gibt es Schwierigkeiten. Aber die kann man auch ohne Probleme überwinden.“

Nicht leicht überwinden lassen sich in Weißrussland allerdings soziale Probleme wie Kinderarmut, die dürftige Altenfürsorge auf dem Lande und die löchrige Gesundheitsversorgung. Weißrussland hat nach Angaben der Vereinten Nationen zwar den höchsten Lebensstandard in den GUS-Staaten und kann aufgrund guter Beziehungen zu Russland eine relativ stabile Wirtschaftslage vorweisen. Die Caritas hat aber dennoch alle Hände voll zu tun. Haidukevich nennt als Beispiel die Versorgung von Kindern, die wegen der Tschernobyl-Katastrophe unter Behinderungen leiden.

Staat hilft, aber nicht genug
„Der Staat hilft schon, aber es ist nicht ausreichend, und deshalb versuchen wir da etwas zu machen. Zum Beispiel beim Sankt Lukas Zentrum, das ist ein Caritas-Zentrum, wo Kinder aus den verseuchten Gebieten gratis leben können und Behandlungen erhalten. Auch bei den Obdachlosen engagieren wir uns sehr stark. Es gibt Armenküchen und vieles mehr. 10.56 Und es gibt verschiedene Bereiche, wo Caritas versucht, wieder neu einzusteigen, denn wir konnten unsere Tätigkeit teilweise nicht mehr weiterführen. Heute versuchen wir wieder neu einzusteigen, zusammen mit den staatlichen Behörden.“

Die Arbeit der weißrussischen Caritas habe in den 90er Jahren vor allem mit der Versorgung von Menschen aus den atomar verseuchten Gebieten begonnen, so Haidukevich. In diesen Jahren habe auch eine intensive Unterstützung aus dem Ausland begonnen – durch Stiftungen und Hilfsfonds und die Caritas Polens, Deutschlands, Irlands, Italiens und Österreichs. Zwischenzeitlich sei es aber aus verschiedenen Gründen, auf die der Pater nicht näher eingehen will, zu Versorgungsengpässen gekommen.
„Das hat verschiedene Gründe, es kann zum Beispiel sein, dass auch die Partner aus dem Westen die Projekte nicht mehr weiter führen wollten oder konnten aus gewissen Gründen. Manchmal ist das auch so, dass staatlicherseits unsere Hilfe nicht erwünscht ist usw.“
 
  
Bessere Zusammenarbeit, doch mehr Synergien nötig
In den letzten Jahren habe sich das Verhältnis zwischen Staat und Kirche insgesamt verbessert, so der Pater. Man versuche, zusammen Sozialprojekte durchzuführen und zu kooperieren. Auch die Zusammenarbeit der römisch-katholischen Kirche und der orthodoxen Kirche in Weißrussland habe in den letzten zehn Jahren mehr Früchte getragen. 80 Prozent der Weißrussen sind orthodoxe Christen, Katholiken stellen zusammen mit Juden und Moslems nur 20 Prozent. Sie leben vor allem im Westen und Norden des Landes und sind oft polnischer oder litauischer Abstammung.

„Die Tendenz ist positiv, nicht nur in der karitativen Tätigkeit, was die orthodoxe Kirche betrifft. Es gibt zum Beispiel eine gemeinsame Kommission im karitativen Bereich. Und die versucht, gemeinsame Projekte anzugehen, die Kapazitäten zu verdoppeln, gemeinsam gegen verschiedene Probleme anzugehen. Die Tendenz ist steigend, dass wir in bestimmten Bereichen immer mehr gemeinsam auftreten.“

Trotz dieser positiven Entwicklungen wünscht sich Pater Haidukevich für die Zukunft mehr Synergie bei der karitativen Arbeit – vor allem mit Blick auf Organisationen im Osten des Kontinents:

„Wir sind als Caritas in Belarus noch sehr stark von westlichen Partnern abhängig, auch finanziell, deshalb wünsche ich mir mehr Zusammenarbeit nicht nur mit Caritas-Organisationen aus Westeuropa, sondern auch mit verschiedenen anderen Hilfsorganisationen aus ganz Europa, damit wir wirklich Menschen vor Ort helfen können – je mehr desto besser.“

(rv/diverse 24.01.2011 pr)







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