Papst Benedikt XVI. hat am Samstag den Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz,
Kardinal Angelo Bagnasco, empfangen. Bei dem Gespräch sei es um die Rede, die der
Kardinal am Montag vor italienischen Bischöfen halten wird, gegangen. Bagnasco hat
Journalisten gegenüber bestätigt, dass er darin auch auf die neuesten Sex-Skandale
rund um Ministerpräsident Silvio Berlusconi eingehen wird. Diese Aussicht macht viele
Anhänger der derzeitigen römischen Mitte-Rechts-Regierung nervös. Die Mailänder Staatsanwalt
ermittelt gegen Berlusconi wegen Begünstigung der Prostitution und sexueller Kontakte
mit einer Minderjährigen. In den vergangenen Tagen haben Papst Benedikt und Kardinalstaatssekretär
Tarcisio Bertone mit abgewogenen Worten Politiker dazu aufgerufen, sich auf Vorbildlichkeit
und Moral zu besinnen. Sollten die italienischen Bischöfe und/oder der Vatikan den
Premier direkt kritisieren, rechnen viele mit einem Sturz der Regierung.
Der
Direktor der Vatikanzeitung „Osservatore Romano“, Giovanni Maria Vian, warnt davor,
die Stellungnahmen der Kirche zum Thema Moral im innenpolitischen Grabenkrieg zu instrumentalisieren.
„Niemand sollte die Kirche am Ärmel ziehen, politische Probleme müssen politisch gelöst
werden“, so Vian. Übrigens rufe die Kirche „schon seit Jahrzehnten“ zu Anstand und
Moral in der Politik auf; da sei es „bemerkenswert, wie diese Themen jetzt auf einmal
Interesse finden“.
Auch viele Politiker aus Berlusconis Lager wehren sich
gegen eine Instrumentalisierung der Worte Benedikts und Bertones. Bekannte Katholiken
im Regierungslager machen aber gleichzeitig aus ihrem Unbehagen angesichts der immer
neuen Skandale um dem Premier keinen Hehl. Die in Italien traditionell starken katholischen
Verbände haben sich hinter die Moral-Appelle der Kirchenspitze gestellt. Es sei „normal,
dass der Heilige Stuhl und Benedikt XVI. sich vorsichtig-ausgewogen äußern“, so der
Präsident der „Katholischen Aktion“ in einem Interview. Klar sei, dass man die Skandale
um Berlusconi nur „mit Scham und Bestürzung“ zur Kenntnis nehmen könne. Man müsse
sich allerdings auch vor einer Vorverurteilung des 74-jährigen Regierungschefs hüten.
Die
auflagenstärkste italienische Wochenzeitschrift ist die katholische „Famiglia Cristiana“.
Sie beklagt die „verheerenden Auswirkungen“ der derzeitigen Skandale auf die Familien
und auf Jugendliche. Berlusconi spalte mit seinem Verhalten die „katholische Welt“
Italiens; das sei vor ihm noch niemandem in der Nachkriegszeit gelungen.