Kardinal Kasper: Dialog ist einzige Alternative zu Gewalt
Assisi 2011 – zu Beginn
des Jahres hatte Papst Benedikt XVI. angekündigt, dass er wie sein Vorgänger zu einem
interreligiösen Gebetstreffen für den Frieden nach Assisi einladen werde. Diese Ankündigung
hatte einige Beobachter überrascht, galt bei ihnen doch Kardinal Ratzinger als einer
der Kritiker dieser Treffen. Kardinal Walter Kasper war bei der Vorbereitung des letzten
Treffens 2002 beteiligt und kennt aus den damaligen Diskussionen den Standpunkt des
heutigen Papstes:
„Es gibt über den Kardinal Ratzinger und über den jetzigen
Papst Benedikt XVI. viele Vorurteile und auch falsche Urteile. Selbstverständlich
war er nie gegen den interreligiösen Dialog, im Gegenteil: er hat mehrfach dazu geschrieben.
Als Papst hat er ihn bei seinen Reisen auch mehrfach geübt. Er ist für den Dialog.
Und dazu gibt es ja auch keine sinnvolle Alternative. Der Dialog ist die einzige Alternative
zur Gewalt und das Konzil hat sich dafür entschieden. Das ist unsere Option und unser
Programm für die Zukunft, auch das des Papstes.“
Und so wird das Treffen
im kommenden Oktober – wenn es sich im Ablauf an die vergangenen Treffen anlehnt –
nicht nur gemeinsames Gebet beinhalten, sondern auch Begegnung und Ansprachen. Kasper
sieht in diesem Dialog zwischen den Religionen das Fundament für diese Treffen.
„Es
ist auch ein Zeugnis in eine bei uns im Westen weithin säkularisierten Welt, dass
die Religionen, bei allen großen grundsätzlichen Unterschieden, die bestehen, etwas
gemeinsam haben. Sie haben den Sinn für diese übernatürliche, transzendente Dimension
für Gott und geben da gemeinsam Zeugnis. Und sie geben Zeugnis, dass der Friede in
der Welt, um den es geht, nicht nur ein militärisches und nicht nur ein politisches,
sondern letztlich ein geistliches, ein spirituelles Problem und eine gemeinsame geistliche
Aufgabe ist.“
Und hier sieht Kasper auch die Verbindung zwischen dem Friedensstreben
der Religionen, wie es in Assisi sichtbar war und wieder sein wird, und des Einsatzes
für Religionsfreiheit, die der Papst im Augenblick leistet. Man müsse klar sagen,
dass Religion nicht dem Zwang unterliegen könne und dürfe,
„sondern dass
alle Religionen für die Freiheit der religiösen Überzeugung eintreten. Wenn wir das
gemeinsam sagen könnten, wäre das ein ganz großer Fortschritt für den Frieden in der
Welt.“
Gemeinsames Beten? Ein Punkt der Verwirrung zwischen
den Religionen aber auch innerhalb des Christentums war, was man denn genau dort mache.
Beten alle Religionen gemeinsam, auch wenn wir jeweils einen ganz anderen Gott anbeten?
„Nein.
Auch schon bei den beiden bisherigen Treffen in Assisi hat man nicht gemeinsam gebetet.
Es haben die Christen unter sich gemeinsam gebetet. Die anderen Religionen haben jeweils
für sich gebetet. Es war kein gemeinsames Gebet. Das ist ja auch gar nicht möglich.
Das Gottesbild ist sehr verschieden und auch das Verständnis, was Beten bedeutet,
ist verschieden. Man kann nicht gemeinsam beten.“