Großbritannien: Kirchliche Struktur und Weihe für Ex-Anglikaner
Der Vatikan hat sein Versprechen wahrgemacht, für frühere Anglikaner eigene kirchliche
Strukturen innerhalb der katholischen Kirche zu errichten. Am Samstag hat die vatikanische
Glaubenskongregation auf dem Gebiet der Bischofskonferenz von England und Wales ein
so genanntes „Personalordinariat“ errichtet. Es soll Anglikanern, die zur katholischen
Kirche übertreten, dabei helfen, weiter vertraute kirchliche Traditionen zu bewahren.
Den Weg dazu hatte Papst Benedikt vor über einem Jahr mit einer so genannten „Apostolischen
Konstitution" freigemacht.
Das „Personalordinariat Unserer Lieben
Frau von Walshingham“ (benannt nach einem traditionellen Wallfahrtsort in Südengland)
bekommt als ersten Leiter Keith Newton: Das ist einer von drei früheren anglikanischen
Bischöfen, die zum ersten Januar in die katholische Kirche aufgenommen worden sind.
Newton und die zwei anderen Übergetretenen haben an diesem Samstag in London die katholische
Priesterweihe empfangen. Der Feier in der „Westminster Cathedral“ stand der Londoner
Erzbischof Vincent Nichols vor, der auch die Bischofskonferenz von England und Wales
leitet. Alle drei früheren anglikanischen Bischöfe sind verheiratet und haben Kinder.
Die Webseite der Kathedrale spricht von einem „historischen Moment“ und einem
„bemerkenswerten Start in die Weltgebetswoche für die Einheit der Christen“, die am
nächsten Dienstag beginnt. Die BBC geht davon aus, dass die katholische Priesterweihe
für frühere anglikanische Bischöfe „die Kirche, die sie zurücklassen, tiefgreifend
verändern könnte“. Die katholischen Bischöfe haben 250.000 britische Pfund aufgebracht,
um das neue Ordinariat zu finanzieren. Newton geht davon aus, dass etwa fünfzig anglikanische
Kleriker sich in den nächsten Monaten den neuen Strukturen innerhalb der katholischen
Kirche anschließen werden; viele werden aber wohl erstmal abwarten, wie sich das Ordinariat
entwickelt.
Die Bereitschaft des Papstes, übertrittswilligen Anglikanern
weit entgegenzukommen, hat die anglikanische Weltgemeinschaft in den letzten Monaten
einer weiteren Belastungsprobe ausgesetzt. Die „anglican communion“ ist tief gespalten
in liberalere und traditionellere Richtungen; da geht es um heikle Themen wie homosexuelle
Kleriker oder Bischofsweihe für Frauen. Der anglikanische Primas von Canterbury, Rowan
Williams, hofft, dass ein so genannter „Anglikanischer Bund“ (anglican covenant) zu
neuer Einheit in seiner Kirche führt.