Papst Johannes Paul
II. (1920-2005) wird am 1. Mai in Rom selig gesprochen. Das teilte der Vatikan an
diesem Freitag mit. Der Seligsprechungsprozess für den Papst aus Polen, der nach 27
Amtsjahren im Jahr 2005 starb, ist damit in Rekordzeit zu Ende gegangen. Benedikt
XVI., der direkte Nachfolger Johannes Pauls, hatte schon kurz nach seiner Wahl die
Wartefrist für die Aufnahme des Verfahrens von den eigentlich üblichen fünf Jahren
auf nur drei Monate verkürzt. An diesem Freitag nun hat der Papst auch ein Wunder
anerkannt, das der Fürsprache Johannes Pauls zuzuschreiben ist.
„Dieses
Dekret über die wundersame Heilung der Ordensfrau Marie Simon Pierre Normand wird
am meisten Resonanz haben in der Kirche und in der Welt.“ Das sagt der Präfekt
der Vatikan-Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen, Kardinal Angelo Amato.
„Das Wunder geschah einige Monate nach dem Tod des großen Papstes. Das Dekret öffnet
nun den Weg zur Seligsprechung, die hier in Rom erfolgen wird – am 1. Mai, dem ersten
Sonntag nach Ostern, dem Fest der Göttlichen Barmherzigkeit.“
Dieses Fest
hatte der verstorbene Papst Wojtyla selbst eingeführt, bei der Heiligsprechung der
von ihm besonders verehrten polnischen Mystikerin und Ordensfrau Faustina Kowalska
(1905-38) im „Heiligen Jahr“ 2000. Mehr noch: Am Vorabend dieses Festes war Johannes
Paul im April 2005 verstorben. Dass die Seligsprechung in Rom – und zwar wohl durch
den Papst selbst – vorgenommen wird, lässt für Anfang Mai einen Massenansturm von
Pilgern, darunter vielen Polen, in der Ewigen Stadt erwarten. Zum Vergleich: Bei der
Totenmesse für Johannes Paul vor fünf Jahren erlebte Rom mit vier Millionen Besuchern
aus aller Welt den größten Ansturm seiner Geschichte.
Kein Seligsprechungsverfahren
ist bislang in der Kirchengeschichte so schnell ans Ziel gekommen wie das für Johannes
Paul: Der große alte Mann aus Wadowice überholte damit posthum Mutter Teresa, die
er selbst 2003 ins Buch der Seligen einschrieb.
„Man muss sofort dazusagen,
dass es bei diesem Prozess zwei Vereinfachungen gab“, erläutert Kardinal Amato:
„Die eine war die päpstliche Dispens von der eigentlich geltenden Fünf-Jahres-Frist
für die Aufnahme des Verfahrens, und die zweite war es, diesem Verfahren Priorität
zu geben, so dass es nicht auf die Warteliste rutschte. Was allerdings die Genauigkeit
und Strenge der Prozeduren betrifft: Da wurde kein Auge zugedrückt. Das Verfahren
wurde durchgeführt wie alle anderen, mit allen Schritten, die von den Normen der Heiligen-Kongregation
vorgeschrieben sind. Man kann sogar sagen, dass das Verfahren ganz besonders genau
geführt worden ist, um wirklich jeden Zweifel zu zerstreuen und jede Schwierigkeit
zu überwinden.“
An solchen Zweifeln und Schwierigkeiten hat es denn unterwegs
auch nicht gefehlt. So wurde den Verantwortlichen des Verfahrens in einigen Zeitungen
vorgehalten, sie hätten wichtige Papstmitarbeiter, etwa den heutigen Doyen des Kardinalskollegiums,
Kardinal Angelo Sodano, nicht angehört. Andere monierten, der verstorbene Papst sei
zu nachsichtig gewesen mit dem umstrittenen Gründer der „Legionäre Christi“, Marcial
Maciel Degollado (1920-2008) und habe in seinen letzten Lebensjahren die Kurie kaum
noch geführt. Diesem letzten Punkt widersprach allerdings mit Entschiedenheit der
heutige Papst – damals als Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation ein enger
Mitarbeiter Johannes Pauls – im Dezember in seinem Interviewbuch „Licht der Welt“.
Zu guter Letzt gab es auch noch Anfragen an das Wunder, das für eine Seligsprechung
unerlässlich ist: In einem ersten Durchgang hatte die Mediziner-Kommission der Seligen-Kongregation
nicht den übernatürlichen Charakter der Heilung anerkannt – das tat sie erst später,
als weitere Fakten auf den Tisch gekommen waren.
„Die Krankheit - Parkinson
- war 2001 vom behandelnden Arzt von Schwester Marie Simon Pierre und auch weiteren
Spezialisten diagnostiziert worden“, so Kardinal Amato. „Die Schwester erhielt
entsprechende Behandlung, was zumindest ihre Schmerzen dämpfte. Auf die Nachricht
vom Tod von Papst Wojtyla, der ja unter dem gleichen Morbus Parkinson gelitten hatte,
begannen Schwester Marie und ihre Mitschwestern den verstorbenen Papst um eine Heilung
anzurufen. Am 2. Juni 2005 teilt die Ordensfrau ihrer Superiorin mit, dass sie von
ihrer Arbeit befreit werden will; sie ist erschöpft und zermürbt von den Schmerzen.
Aber die Superiorin ermuntert sie, doch auf die Fürsprache von Johannes Paul II. zu
vertrauen. Daraufhin hat die Schwester eine ruhige Nacht – und fühlt sich am nächsten
Morgen beim Aufstehen geheilt. Die Schmerzen sind weg, und auch alle Symptome von
Parkinson. Es ist der 3. Juni 2005, Fest des Heiligsten Herzens Jesu. Sie bricht sofort
ihre Behandlung ab und geht zum Arzt, der nicht anders kann, als ihre Heilung festzustellen.“
In
Polen hatten sich in den letzten Tagen die Hinweise darauf verdichtet, dass es zu
einer Seligsprechung des großen Landsmanns schon zum 1. Mai kommen würde. Der frühere
Privatsekretär Johannes Pauls ist sein jetziger Nachfolger als Erzbischof von Krakau:
Kardinal Stanislaw Dziwisz. Er soll Benedikt XVI. vor kurzem schriftlich um den 1.
Mai als Termin der „beatificatio“ gebeten haben.