2011-01-10 11:38:21

Große Polit-Rede des Papstes – Religionsfreiheit an erster Stelle


RealAudioMP3 Alle Jahre wieder empfängt Papst Benedikt die beim Heiligen Stuhl akkreditierten Diplomaten zu einer Audienz. Und hält dabei eine große politische Rede, die an diesem Montag ganz im Zeichen der Religionsfreiheit stand.

„Die religiöse Dimension ist ein unleugbares und unbezwingliches Merkmal des menschlichen Seins und Handelns, sie ist der Maßstab für die Verwirklichung seiner Bestimmung und für den Aufbau der Gemeinschaft, der er angehört. Wenn der einzelne selbst oder seine Umgebung diesen fundamentalen Aspekt vernachlässigt oder leugnet, bilden sich folglich Unausgeglichenheiten und Konflikte auf allen Ebenen, sowohl im persönlichen als auch im zwischenmenschlichen Bereich.“

Friede lasse sich darum „nur dann aufbauen und bewahren, wenn der Mensch Gott frei suchen und dienen kann – in seinem Herzen, aber auch in seinem Leben und in seinen Beziehungen mit anderen“. Leider gebe es, wenn man sich so umschaue in der Welt, „viele Situationen, in denen leider das Recht auf Religionsfreiheit eingeschränkt oder verweigert wird“, so Benedikt.

„Dieses Recht des Menschen ist in Wirklichkeit das erste der Rechte, weil es – geschichtlich gesehen – als erstes bestätigt wurde, und weil es andererseits die grundlegende Dimension des Menschen angeht, nämlich sein Verhältnis zu seinem Schöpfer. Mir scheint, dass die Gesellschaft, ihre Verantwortlichen und die öffentliche Meinung sich heute mehr, wenn auch nicht immer in rechter Weise, dieser schweren Verwundung bewusst wird, die der Würde und der Freiheit des homo religiosus zugefügt wird.“

„Christen im Irak und in Ägypten schützen“

Eindringlich erinnerte der Papst an die Zwangslage religiöser Minderheiten, darunter vor allem der Christen, im Nahen Osten.

„Ja, im Blick auf den Orient haben uns die Attentate zutiefst betrübt, die unter den Christen des Irak Tod, Schmerz und Verzweiflung gesät haben und sie sogar veranlassen, das Land zu verlassen, wo ihre Väter jahrhundertelang gelebt haben.“

Benedikt appellierte „an die Verantwortungsträger dieses Landes und an die islamischen Religionsführer, sich dafür einzusetzen, dass ihre christlichen Mitbürger in Frieden leben und weiterhin ihren Beitrag zu der Gesellschaft leisten können, deren vollgültige Mitglieder sie sind“.

„Auch in Ägypten, in Alexandrien, hat der Terrorismus Gläubige beim Gebet in einer Kirche brutal getroffen. Diese Folge von Angriffen ist ein weiteres Zeichen für die dringende Notwendigkeit, dass die Regierungen der Region trotz der Schwierigkeiten und der Drohungen wirksame Maßnahmen zum Schutz der religiösen Minderheiten ergreifen. Muss es noch einmal gesagt werden? „Die Christen“ im Nahen Osten „sind ursprüngliche und vollwertige Bürger, die loyal zu ihrer Heimat und zu allen ihren staatsbürgerlichen Pflichten stehen. Es versteht sich von selbst, dass sie alle Rechte der Staatsbürgerschaft, der Gewissens- und Religionsfreiheit, der Freiheit im Erziehungs- und Bildungswesen sowie beim Gebrauch der sozialen Kommunikationsmittel in Anspruch nehmen können“ (Botschaft der Sonderversammlung der Bischofssynode für den Nahen Osten an das Volk Gottes, Nr. 10).“

Das war ein direktes Zitat aus der Schlusserklärung der Bischofssondersynode zum Nahen Osten, die im letzten Herbst im Vatikan stattgefunden hatte. Sie hatte in gewisser Weise den Auftakt für die derzeitige Kampagne des Heiligen Stuhls für Religionsfreiheit gebildet. Benedikt XVI. kam dann nochmals auf das Attentat auf koptische Christen in Alexandria in der Silvesternacht zu sprechen, bei dem 23 Menschen starben:

„Ich schätze die Aufmerksamkeit für die Rechte der Schwächsten und den politischen Weitblick, den manche Länder Europas in den letzten Tagen bewiesen haben, indem sie eine konzertierte Antwort der Europäischen Union zum Schutz der Christen im Nahen Osten forderten.“

Am 31. Januar will sich der Rat der EU-Außenminister mit der Frage befassen; die Initiative dazu ging von Italiens Außenminister Franco Frattini aus, der dazu Frankreich mit ins Boot holte. Benedikt XVI. erinnerte noch einmal daran, dass Religionsfreiheit sehr viel mehr sei, als nur Kultfreiheit zu gewähren. Schon in den Schulen sollten Kinder und Jugendliche weltweit zum Respekt von Religionsfreiheit und anderen Menschenrechten erzogen werden. Ausdrücklich bat der Papst die arabischen Staaten, dass sie der katholischen Kirche die Seelsorge für die vielen dort lebenden Christen erlaubt, die aus Arbeitsgründen eingewandert sind.

„Das Blasphemie-Gesetz in Pakistan abschaffen!“

„Unter den Normen, die das Recht der Menschen auf Religionsfreiheit verletzen, muss das Gesetz gegen Blasphemie in Pakistan besondere Erwähnung finden: Ich ermutige die Verantwortungsträger dieses Landes erneut, die nötigen Anstrengungen zu unternehmen, es aufzuheben, um so mehr, da es offensichtlich als Vorwand dient, um Ungerechtigkeit und Gewalt gegen die religiösen Minderheiten zu provozieren. Der tragische Mord am Gouverneur der Provinz Punjab zeigt, wie dringend es ist, in diesem Sinn voranzugehen: Die Verehrung Gott gegenüber fördert Brüderlichkeit und Liebe, nicht Hass und Entzweiung.“

Der Gouverneur des wichtigsten pakistanischen Bundesstaates, Salman Taseer, wurde vor wenigen Tagen in Islamabad von seinem Leibwächter umgebracht, weil er sich für eine Abschaffung des Blasphemiegesetzes ausgesprochen hatte. Der Mörder gab nach Agenturangaben an diesem Montag an, dass er allein gehandelt habe.

„Andere besorgniserregende Situationen mit gelegentlichen Gewaltakten können im Süden und Südosten des asiatischen Kontinents erwähnt werden, in Ländern, die übrigens eine Tradition friedlicher gesellschaftlicher Beziehungen haben. Das besondere Gewicht einer bestimmten Religion in einer Nation dürfte niemals zur Folge haben, dass die Bürger, die einem anderen Bekenntnis angehören, im gesellschaftlichen Leben diskriminiert werden oder, noch schlimmer, dass Gewalt gegen sie geduldet wird.“

Diese Mahnung Benedikts zielt wohl vor allem in Richtung Indonesien, das von seiner Einwohnerzahl her größte islamische Land der Welt: Hier kommt es in den letzten Monaten immer wieder zu Schikanen gegen Christen, vor allem rund um die Metropole Jakarta. In seiner Rede erwähnte der Papst aber auch Afrika, wo es ebenfalls zu Gewalt gegen Christen komme. Dafür zeugten etwa die Angriffe auf Kirchen in Nigeria in der Weihnachtszeit. Auf das derzeitige Referendum im Südsudan und eine mögliche Unabhängigkeit dieses mehrheitlich christlichen Landesteils ging Benedikt in seiner „tour d`horizon“ nicht ein.

(rv 10.01.2011 sk)







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