Bundesärztekammerpräsident Jörg-Dietrich Hoppe hat einen Kurswechsel in Bezug auf
die Präimplantationsdiagnostik (PID) vollzogen. Er sprach sich nun gegen ein Verbot
der umstrittenen Untersuchung künstlich befruchteter Eizellen aus. Ein Verbot der
PID würde zu einer „unlogischen Diskrepanz“ zur Pränataldiagnostik, der vorgeburtlichen
Untersuchung des Kindes während der Schwangerschaft, führen, begründete Hoppe seinen
Umschwung. „Warum sollte es untersagt sein, einen Embryo vor der Einpflanzung in den
Mutterleib auf genetische Schäden zu untersuchen, wenn gleichzeitig bei einer festgestellten
Behinderung Spätabtreibungen erlaubt sind“, fragte der Ärztekammerpräsident. Vor einem
Monat hatte Hoppe im Interview von Radio Vatikan noch gesagt, sowohl bei Präimplantationsdiagnostik
als auch bei Pränataldiagnostik werde „menschliches Leben vernichtet, und das gehört
nicht zum Aufgabenspektrum eines Arztes“. Hoppe hält es für „nicht unwahrscheinlich“,
dass sich der Bundestag für die Zulassung von PID für Paare mit schweren genetischen
Vorbelastungen ausspricht. Vergangene Woche hatten Abgeordnete aller Fraktionen einen
entsprechenden Gesetzentwurf vorgestellt. Dieser schreibt zunächst explizit das Verbot
von PID fest und benennt danach mehrere Ausnahmen, bei denen die umstrittene genetische
Diagnostik angewandt werden darf. Dabei beschränkt er die Zulassung nicht nur auf
genetisch vorbelastete Paare. Erwartet wird, dass im Januar mindestens zwei weitere
Gesetzentwürfe als Gruppenanträge folgen. Dem folgt dann - vermutlich noch im Februar
- die erste Beratung im Bundestag.
Bei der PID werden im Reagenzglas erzeugte
befruchtete Eizellen außerhalb des Mutterleibes auf genetische Fehler untersucht und
geschädigte Embryonen vernichtet. In Deutschland galt sie bis zum Sommer 2010 nach
gängiger Rechtsinterpretation des Embryonenschutzgesetzes als verboten. Anfang Juli
entschied jedoch der Bundesgerichtshof (BGH), dass Gentests an Embryonen nach dem
Wortlaut dieses Gesetzes bisher nicht untersagt sind.