Gregor Gysi, Fraktionschef der Partei Die Linke im deutschen Bundestag, würde beim
Papstbesuch im September 2011 gerne vom Kirchenoberhaupt empfangen werden. „Dann könnte
ich ein paar Minuten mit ihm streiten“, sagte er am Mittwoch in einem Interview mit
der Katholischen Nachrichten-Agentur in Berlin. Gysi, der jüdische Wurzeln hat und
sich selbst als Heide bezeichnet, unterstrich zugleich die Bedeutung von Papst und
Kirche als moralischer Autorität für die moderne Welt: „Die Kirche trägt eine Großverantwortung“.
Derzeit seien nur die Kirchen in der Lage, „einigermaßen allgemeinverbindlich Moralnormen
zu formulieren“, meinte er. So müsse die katholische Kirche eine viel größere Rolle
spielen im „Kampf gegen den Krieg als Mittel der Politik, bei der Überwindung von
Elend und Hunger auf der Erde und bei einer anderen Integrationspolitik“. Zwischen
der Linken und den Kirchen sieht Gysi nach eigenem Bekunden keine unüberwindbare Kluft.
Die Moral der Linken sei „tief jüdisch-christlich geprägt“. Nur: Viele ihrer Mitglieder
wüssten das nicht mehr. Mit seinen Positionen zur Bedeutung der Kirchen habe er bei
Linken im Osten „wenig Schwierigkeiten, im Westen gelegentlich schon“. Ost-Linke hätten
wegen der Behandlung der Kirchen zu DDR-Zeiten ein schlechtes Gewissen: „Insofern
sind sie offener“, so Gysi.