Die Deutsche Bischofskonferenz
zeigt sich „erleichtert“ über die Ergebnisse des „Runden Tisches Heimerziehung“. Das
Gremium hat an diesem Montag seine Empfehlungen zur Entschädigung von ehemaligen Heimkindern
vorgestellt, die zwischen 1949 und 1975 in Einrichtungen der Bundesrepublik Gewalt
und Demütigungen erlitten. Über die Entschädigungen wurde seit zwei Jahren beraten.
Johannes Stücker-Brüning war Vertreter der katholischen Bischöfe am Runden Tisch.
Er sagte dem Kölner Domradio:
„Ich denke, dass der Lösungsvorschlag umfassend
ist, er ist breit aufgestellt. Er berücksichtigt die zentralen Anliegen von ehemaligen
Heimkindern, er erfüllt Aspekte von Aussprache, kommt dem Wunsch nach Anerkennung
ihres Leids nach, er enthält Ansätze für Konsequenzen für die Heimerziehung. Und er
enthält auch finanzielle Hilfen für die, die sie brauchen. Insofern ist es ein umfassender
Lösungsansatz, und nur ein solcher kann der komplexen Problemsituation vieler ehemaliger
Heimkinder auch gerecht werden.“ Nach Vorschlag des „Runden Tisches Heimerziehung“
sollen die Entschädigungen über eine Stiftung organisiert werden, deren Vermögen in
drei gleichen Teilen von Bund, Ländern und Kirchen gestellt wird. Das Gesamtvermögen
belaufe sich auf 120 Millionen Euro, so die Leiterin des Gremiums und frühere Bundestagsvizepräsidentin
Antje Vollmer an diesem Montag in Berlin. 20 Millionen Euro sollen in einen Rentenfonds
für Betroffene fließen, denen durch den Heimaufenthalt Rentenansprüche entgangen sind.
100 Millionen sollen als Ausgleichszahlungen für Folgeschäden zur Verfügung stehen
– für Therapien und Traumabehandlungen ebenso wie für Mietzuschüsse oder Altershilfen.
Pauschale Entschädigungen seien „nicht gerechtfertigt“, gab Vollmer an. Die Ergebnisse
des Runden Tisches müssten nun effektiv und ohne Verzögerungen umgesetzt werden, so
DBK-Vorsitzender Robert Zollitsch. Die Kirchen hatten ihre Zahlungsbereitschaft zugesagt,
Bund und Länder gaben ihre Zustimmung unter Vorbehalt. Zollitsch äußerte Bedauern
darüber, dass auch in Heimen der katholischen Kirche in den 50er und 60er Jahren junge
Menschen „großes Unrecht erfahren mussten“ und bat die Opfer um Verzeihung. „Gerade
mit Blick auf den Anspruch, den kirchliche Einrichtungen an sich selbst stellen“,
sei es „nicht nachvollziehbar, wieso Mittel und Instrumente genutzt wurden, die dem
christlichen Menschenbild zutiefst widersprechen“, so Zollitsch wörtlich, der selbst
mit ehemaligen Heimkindern über Gewalterfahrungen sprach. Opfervertreter kommentierten
die geplanten Entschädigungen von 120 Millionen Euro am Montag als „Farce“. Im Interview
mit dem Deutschlandradio Kultur sagte die Vorsitzende des Vereins ehemaliger Heimkinder,
Monika Tschapek-Güntner, bei geschätzten 30.000 Anspruchsberechtigten bekomme jeder
Einzelne dann etwa nur 2.000 bis 3.000 Euro. Es könne nicht sein, dass Menschen, die
als Kind Misshandlungen, Folter und sexuellen Missbrauch erlebt hätten, derart abgefertigt
würden, so Tschapek-Güntner. Sie kündigte eine Klage an.
Bei den Beratungen
des „Runden Tisches Missbrauch“ - das ist wohlgemerkt ein anderes Gremium, das sich
nach den im letzten Jahr bekannt gewordenen Fällen sexuellen Missbrauchs zusammensetzte
- ist von konkreten finanziellen Entschädigungen für die Opfer bisher keine Rede gewesen.
Im Gremium sitzen Regierungs-, Bildungs-, Kirchen- und Sozialvertreter. Allerdings
soll es laut einem Zwischenbericht von Anfang Dezember staatliche Zuschüsse für Opferanwälte
geben. Der „Runde Tisch Missbrauch“ will bis Ende 2011 seinen Abschlussbericht vorlegen.