Kirchen und Hilfswerke bemühen sich darum, die österreichische Bundesregierung zur
Beteiligung an einem europaweiten Resettlement-Programm für irakische Flüchtlinge
zu gewinnen. Rund zwanzig christliche Organisationen beteiligten sich am Freitag in
Wien zum „Tag der Menschenrechte“ an einer Solidaritäts-Aktion für verfolgte Christen
rund um den Globus. Kardinal Christoph Schönborn wollte bereits vor zwei Jahren hundert
irakische Flüchtlingsfamilien in der Erzdiözese Wien unterbringen. Es sei „beschämend,
dass sich Österreich an der Aufnahme von christlichen Flüchtlingen und Flüchtlingen
aus anderen religiösen Minoritäten nicht beteiligt“, sagte der Wiener Erzbischof damals.
Am Freitag nun äußerte er, es gelte, endlich die „Schweigespirale“ über die Verfolgung
von Christen und Angehörigen anderer Minderheiten im Irak zu „durchbrechen“.
Derzeit
leben viele irakische Flüchtlinge - ein großer Teil davon Christen - unter schwierigsten
Bedingungen in Erstaufnahmeländern wie Syrien und Türkei, und eine Rückkehr in ihre
Heimat ist für sie ausgeschlossen. Die Betroffenen haben nicht nur ihre Heimat, sondern
auch ihr Hab und Gut verloren. Viele von ihnen sind traumatisiert und sehen mangels
Arbeit und Einkommen keine Zukunftsperspektive. Angesichts der jüngsten Ausschreitungen
gegen Christen im Irak appellierten u.a. die Päpstlichen Missionswerke in Österreich
an die Bundesregierung, endlich unbürokratisch solche Flüchtlinge unbürokratisch aufzunehmen.
Das deutsche Aufnahmeprogramm für Irakflüchtlinge - 54 Prozent Christen, 26
Prozent Mandäer und 20 Prozent Muslime, die vom UNHCR als „humanitäre Fälle“ eingestuft
wurden - ist im vergangenen April abgeschlossen worden. Aber die Flüchtlingshilfe-Verantwortlichen
rufen weiter zu mehr Anstrengungen für erneute größere Aufnahmeaktionen auf. Von Anfang
an hatten sich die beiden großen Kirchen in Deutschland dafür stark gemacht, dass
sich die Berliner Regierung in der EU für ein dauerhaftes Resettlement-Programm mit
einer festen Quote einsetzt. Die EU-Innenminister hatten im November 2008 beschlossen,
insgesamt 10.000 irakische Flüchtlinge aus Syrien und Jordanien aufzunehmen. Besonders
Menschen, die weder eine Bleibeperspektive in den beiden Ländern noch eine Rückkehrperspektive
in den Irak hatten, sollte damit geholfen werden. Betroffen waren davon vor allem
im Irak verfolgte religiöse Minderheiten, insbesondere Christen. Deutschland hatte
sich im Rahmen der humanitären Aktion zur Aufnahme von 2.500 Flüchtlingen bereit erklärt.
Diese Zusage hatte man am 27. April erfüllt, als die letzten 186 Flüchtlinge aus Syrien
am Flughafen Hannover landeten.
Das UNHCR sprach von einem „bemerkenswerten
Erfolg“ der humanitären Aktion und einem wichtigen Beitrag zum internationalen Flüchtlingsschutz.
Gleichzeitig erklärte aber auch UNHCR-Vertreter Michael Lindenbauer, man brauche in
der EU und somit auch in Deutschland deutlich mehr Aufnahmeplätze für besonders schutzbedürftige
Flüchtlinge, die in ihren Erstzufluchtsländern nicht bleiben könnten.
Die
Neuansiedlung in einen aufnahmebereiten Drittstaat kommt immer dann in Betracht, wenn
für Flüchtlinge in ihrem Erstzufluchtsland keine dauerhafte Integrationschance besteht
und auf absehbare Zeit auch keine Rückkehrmöglichkeiten gegeben ist. Das UNHCR hofft,
dass das Konzept und das Instrument Resettlement in Europa - und auch in Österreich
- insgesamt eine stärkere Bedeutung gewinnen wird, da auch die Zahlen der Asylantragsteller
stark zurückgegangen sind. Parallel dazu hat sich aber die individuelle Situation
zahlreicher Flüchtlinge weltweit kaum verbessert.
Der österreichische Außenminister
Michael Spindelegger hat unterdessen in einem Interview für die Tageszeitung „Kurier“
keine Anzeichen für einen Meinungsumschwung der Bundesregierung erkennen lassen. Zur
Frage, ob Österreich irakische Flüchtlinge, die etwa schon in der Türkei leben, ins
Land holen wolle, sagte Spindelegger wörtlich: „Eine groß angelegte Aktion wie bei
den Balkankriegen, wo wir viele aufgenommen haben, sehe ich jetzt nicht.“ Es gehe
vor allem darum, den Christen im Irak selbst zu helfen. Der Minister wörtlich: „Wir
wollen Christen nicht außer Landes bringen, Christen muss die freie Religionsausübung
garantiert sein." Dafür wolle sich Österreich auch besonders im UNO-Menschenrechtsrat
einsetzen, wenn man im Mai 2011 in dieses Gremium gewählt werde.