In China sind mehrere
katholische Bischöfe von Sicherheitskräften verschleppt worden. Das berichtet der
römische Pressedienst Asianews. Der offizielle Bischof von Hengchow, Feng Xinmao,
sei von der Polizei an einen isolierten Ort verbracht worden, so Asianews unter Berufung
auf nicht näher bezeichnete Quellen. Nach Agenturangaben gingen die Sicherheitskräfte
gegen Priester und weitere Gläubige vor, die um das Haus des Bischofs eine Mauer gebildet
hätten, um diesen vor dem Zugriff der Polizei zu schützen. Auch andere Bischöfe seien
verschleppt worden, so Asianews weiter. Kontext der Vorfälle sei die Vollversammlung
der offiziellen staatstreuen katholischen Kirche in China, die an diesem Dienstag
in Beijing beginnt.
Erst vor gut zwei Wochen waren Bischöfe in der Provinz
Hebei gezwungen worden, an einer von Rom nicht genehmigten Bischofsweihe teilzunehmen;
der Vatikan reagierte darauf deutlich verstimmt. Dabei hatte sich das Verhältnis zwischen
dem Heiligen Stuhl und den chinesischen Behörden in den letzten Jahrzehnten doch enorm
verbessert, und die chinesische Religionspolitik sei insgesamt offener geworden, erinnert
der China-Experte Roman Malek im Gespräch mit uns. Wir hatten den Steyler Missionar
vor den letzten Spannungen ausführlich zum Thema befragt.
„Wenn ich die
Situation allein am Beispiel der katholischen Kirche in den letzten dreißig Jahren
betrachte, dann kann ich doch sagen, das sind enorme Fortschritte. Wir haben jetzt
in Europa Dutzende, Hunderte chinesische Studenten, Priester, Seminaristen, Schwestern.
Ich sehe vor allem Zeichen der Pluralisierung. Und seitdem es die Theorie der harmonischen
Gesellschaft gibt von Hu Jintao und wo man alle Kräfte, auch christliche Kirchen,
für den Aufbau dieser harmonischen Gesellschaft nutzen möchte, seitdem gibt es eine
Pluralisierung. Ich würde nicht sagen Lockerung, denn das war im traditionellen China
auch nicht so locker, nein, die Religion bleibt im Rahmen des Staates und wird sich
immer anlehnen müssen - egal, ob China kommunistisch ist oder nicht, meine ich.“
Auch
die zahlreichen beiderseitig – vom Vatikan und dem chinesischen Religionsbüro – abgesegneten
Bischofsweihen der letzten Jahre seien Zeichen eines Weges der „Normalisierung“, so
Malek weiter. Grundlage der chinesischen Religionspolitik ist die Verfassung von 1982,
in der dem Katholizismus – neben Protestantismus, Islam, Buddhismus und Daoismus –
Religionsfreiheit in staatlich festgesetzten Grenzen zugesprochen wird.
„Und
im selben Jahre hat die kommunistische Partei ein sog. Dokument Nr. 19 veröffentlicht,
in dem die Partei ihre Sicht der Religion dargelegt hat. Diese beiden Dokumente gelten
bis heute, d.h. die fünf anerkannten Religionen dürfen in China existieren unter bestimmten
Bedingungen: dass sie sich auf eigene Räume beschränken, keine Missionierung betreiben,
von keiner ausländischen Macht beherrscht werden.“
Malek würde die letzten
Verstimmungen rund um die unerlaubte Bischofsweihe in Chengdé wohl in einen größeren
Rahmen einordnen: So wertet er zum Beispiel die Spannungen des Jahres 2000, als zart
geknüpfte Fäden zwischen Vatikan und chinesischer Regierung zerrissen, nachdem Johannes
Paul II. chinesische Märtyrer selig sprach, auch nicht als absoluten „Rückschlag“
für die Christen im Reich der Mitte.
„Nein, das ist kein Rückschlag in
der Religionspolitik, es ist ein Rückschlag gewesen im Bereich der sino-vatikanischen
Beziehungen, auf die Religionspolitik hat sich das nicht ausgewirkt. … Das Jahr 2000
war eine Zäsur im Hinblick auf die sino-vatikanischen Beziehungen, und mir ist bis
heute nicht verständlich, warum es so gekommen ist. Weil das einzige Problem war schließlich
nur der Tag der Heiligsprechung am 1. Oktober 2000, dem chinesischen Nationalfeiertag,
der Gründung der VR China. Das war eine Kollision, ein Missverständnis. ... Andererseits
war die Heiligsprechung auch eine Antwort auf die zehn Monate vorher in Beijing erfolgte
Weihe von sechs Bischöfen am 6.1.2000. Das war eine Weihe ohne Papstmandat. So gab
es ein Pingpong zwischen Peking und Vatikan und es ist schade, dass es dazu gekommen
ist.“