2010-12-07 13:53:37

China/Vatikan: „Es hat doch Fortschritte gegeben"


RealAudioMP3 In China sind mehrere katholische Bischöfe von Sicherheitskräften verschleppt worden. Das berichtet der römische Pressedienst Asianews. Der offizielle Bischof von Hengchow, Feng Xinmao, sei von der Polizei an einen isolierten Ort verbracht worden, so Asianews unter Berufung auf nicht näher bezeichnete Quellen. Nach Agenturangaben gingen die Sicherheitskräfte gegen Priester und weitere Gläubige vor, die um das Haus des Bischofs eine Mauer gebildet hätten, um diesen vor dem Zugriff der Polizei zu schützen. Auch andere Bischöfe seien verschleppt worden, so Asianews weiter. Kontext der Vorfälle sei die Vollversammlung der offiziellen staatstreuen katholischen Kirche in China, die an diesem Dienstag in Beijing beginnt.

Erst vor gut zwei Wochen waren Bischöfe in der Provinz Hebei gezwungen worden, an einer von Rom nicht genehmigten Bischofsweihe teilzunehmen; der Vatikan reagierte darauf deutlich verstimmt. Dabei hatte sich das Verhältnis zwischen dem Heiligen Stuhl und den chinesischen Behörden in den letzten Jahrzehnten doch enorm verbessert, und die chinesische Religionspolitik sei insgesamt offener geworden, erinnert der China-Experte Roman Malek im Gespräch mit uns. Wir hatten den Steyler Missionar vor den letzten Spannungen ausführlich zum Thema befragt.

„Wenn ich die Situation allein am Beispiel der katholischen Kirche in den letzten dreißig Jahren betrachte, dann kann ich doch sagen, das sind enorme Fortschritte. Wir haben jetzt in Europa Dutzende, Hunderte chinesische Studenten, Priester, Seminaristen, Schwestern. Ich sehe vor allem Zeichen der Pluralisierung. Und seitdem es die Theorie der harmonischen Gesellschaft gibt von Hu Jintao und wo man alle Kräfte, auch christliche Kirchen, für den Aufbau dieser harmonischen Gesellschaft nutzen möchte, seitdem gibt es eine Pluralisierung. Ich würde nicht sagen Lockerung, denn das war im traditionellen China auch nicht so locker, nein, die Religion bleibt im Rahmen des Staates und wird sich immer anlehnen müssen - egal, ob China kommunistisch ist oder nicht, meine ich.“

Auch die zahlreichen beiderseitig – vom Vatikan und dem chinesischen Religionsbüro – abgesegneten Bischofsweihen der letzten Jahre seien Zeichen eines Weges der „Normalisierung“, so Malek weiter. Grundlage der chinesischen Religionspolitik ist die Verfassung von 1982, in der dem Katholizismus – neben Protestantismus, Islam, Buddhismus und Daoismus – Religionsfreiheit in staatlich festgesetzten Grenzen zugesprochen wird.

„Und im selben Jahre hat die kommunistische Partei ein sog. Dokument Nr. 19 veröffentlicht, in dem die Partei ihre Sicht der Religion dargelegt hat. Diese beiden Dokumente gelten bis heute, d.h. die fünf anerkannten Religionen dürfen in China existieren unter bestimmten Bedingungen: dass sie sich auf eigene Räume beschränken, keine Missionierung betreiben, von keiner ausländischen Macht beherrscht werden.“

Malek würde die letzten Verstimmungen rund um die unerlaubte Bischofsweihe in Chengdé wohl in einen größeren Rahmen einordnen: So wertet er zum Beispiel die Spannungen des Jahres 2000, als zart geknüpfte Fäden zwischen Vatikan und chinesischer Regierung zerrissen, nachdem Johannes Paul II. chinesische Märtyrer selig sprach, auch nicht als absoluten „Rückschlag“ für die Christen im Reich der Mitte.

„Nein, das ist kein Rückschlag in der Religionspolitik, es ist ein Rückschlag gewesen im Bereich der sino-vatikanischen Beziehungen, auf die Religionspolitik hat sich das nicht ausgewirkt. … Das Jahr 2000 war eine Zäsur im Hinblick auf die sino-vatikanischen Beziehungen, und mir ist bis heute nicht verständlich, warum es so gekommen ist. Weil das einzige Problem war schließlich nur der Tag der Heiligsprechung am 1. Oktober 2000, dem chinesischen Nationalfeiertag, der Gründung der VR China. Das war eine Kollision, ein Missverständnis. ... Andererseits war die Heiligsprechung auch eine Antwort auf die zehn Monate vorher in Beijing erfolgte Weihe von sechs Bischöfen am 6.1.2000. Das war eine Weihe ohne Papstmandat. So gab es ein Pingpong zwischen Peking und Vatikan und es ist schade, dass es dazu gekommen ist.“


(rv 07.12.2010 pr)








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