Der Präsident der Vatikanbank IOR glaubt nicht an ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum
in Europa in nächster Zeit. Dazu fehlten derzeit die Fundamente, schreibt Ettore Gotti
Tedeschi im Vatikanblatt „Osservatore Romano“ in einem Leitartikel unter der Überschrift
„Widersprüche beim Wachstum“. Auf kurze Sicht bräuchten die Länder des Westens die
Vereinbarung auf eine „Periode der Enthaltsamkeit“, um ihre enormen Defizitzahlen
herunterzufahren: „Aber keiner scheint bereit, Opfer zu bringen, und alle wollen,
dass die anderen zahlen.“ Auf längere Sicht hänge ein neues Wirtschaftswachstum im
Westen „an einem Wiederanstieg der Geburtenrate und der Produktivität der Wirtschaftssysteme“,
so Gotti Tedeschi. Beides sei derzeit allerdings „nur schwer realisierbar”. Europa
scheine derzeit im Gegensatz zu den USA auf Anti-Inflation zu setzen: Die öffentlichen
Schulden und die von Banken und Unternehmen würden also nicht „verstaatlicht“, sondern
gewissermaßen „privatisiert“. Damit würden die Kosten den Sparern aufgebürdet. Wörtlich
schreibt der vatikanische Bankenchef: „Die offensichtlichsten Widersprüche sind ein
gebremstes Wachstum in Asien, die Inflationspolitik der USA und die Deflationspolitik
in Europa.“