Italien: Besuch in der Titelkirche von Kardinal Marx
Da hat der Korbiniansbär
noch alle Tatzen voll zu tun: Erzbischof Marx ist seit Sonntag Kardinal der Heiligen
Römischen Kirche, aber die ganz konkrete römische Kirche, die zu seinem Titel gehört,
ist noch eine Baustelle. San Corbiniano heißt sie, und sie liegt am südlichen Stadtrand
Roms im Stadtteil Infernetto, das bedeutet „kleine Hölle“. Der Heilige Korbinian
ist in Bayern sehr prominent als Patron des Erzbistums München und Freising. In Italien
dagegen ist er ein großer Unbekannter. Es gibt keine andere Kirche, die nach dem Heiligen
Korbinian benannt ist. Auch diese hier war ursprünglich einem anderen gewidmet, San
Guglielmo, dem Heiligen Wilhelm. Dann kam in München die Idee auf, in Rom den
Korbinian ein wenig unter die Leute zu bringen. Papst Benedikt hat da gerne mitgemacht,
er war ja selber ein Nachfolger Korbinians auf dem Bischofsstuhl von München und Freising.
Aus München flossen dann 200.000 Euro in die „kleine Hölle“, und so nahm und nimmt
San Corbiniano Gestalt an. Pfarrer hier ist Don Antonio Magnotta. „Es ist eine
sehr einfache, geradlinige Kirche. Sie ist niedrig gebaut und hat keine eigentlich
Fassade und keine Rückseite, sondern ist von allen Seiten einladend. Und sie ist hell.
Sie lädt zum Gebet ein.“ Die Gemeinde San Corbiniano ist jung und lebendig.
Die Messe feiert sie, solange an der Kirche noch gebaut wird, in einem Zelt bzw. in
der Kapelle zu Gast bei Schwestern. Don Antonio fand es nicht schwer, seine Pfarrkinder
für den unbekannten deutschen Heiligen Korbinian zu begeistern. „Besonders
weil es den Bezug zum Papst gab! Da wollten alle mehr wissen über den Heiligen Korbinian.
Speziell die Kinder. Die interessierten sich sehr für den Heiligen und seinen Bären,
der ihnen sympathisch war. Es waren die Kinder, die ihren Eltern den Korbinian vorstellten!“
Was uns der deutsche Heilige heute sagt, fasst Don Antonio folgendermaßen
zusammen: „Der Heilige Korbinian kann uns helfen, auf den Wegen Gottes zu wandeln,
und dabei das Schlechte in Gutes zu verwandeln. So wie den Bären. Vertrauen haben
zum Leben, Vertrauen haben zu den Menschen, die uns begegnen. Es gibt keine Person,
die durchwegs schlecht ist. Das kann uns die Begegnung von Korbinian mit dem Bären
lehren: Es gibt Gutes in jedem Menschen, auch wenn es auf den ersten Blick nicht danach
aussieht.“ Papst Benedikt führt den Korbiniansbären in seinem Papstwappen,
er fühlt sich diesem Lasttier Gottes, wie er den Münchnern einmal gestand, ein wenig
schicksalsverwandt. Mit einer Ausnahme. “Der Bär des heiligen Korbinian wurde in
Rom freigelassen. In meinem Fall hat der Herr anders entschieden.“ Was ist das
überhaupt, eine Titelkirche? Sie gehört zu einem Kardinal und wird ihm vom Papst zugewiesen
bei der Erhebung in den Kardinalsstand. Und weil sie die Verbundenheit des Kardinals
mit Rom symbolisiert, steht sie eben dort: in Rom oder Umgebung. Am Eingang einer
Titelkirche hängen stets zwei Wappen: Das des Papstes und das des betreffenden Kardinals.
Reinhard Marx hat die Gläubigen seiner zukünftigen Titelkirche übrigens am Samstag
bereits zum Höglichkeitsbesuch im Vatikan empfangen. „Die Pfarreimitglieder
waren glücklich, sie haben das als große Ehrerweisung für ihren Stadtteil und ihre
Pfarrei empfunden. Kardinal Marx war sehr liebenswürdig und herzlich mit uns. Er hat
sich unseren 60 Leuten sofort als ihr Pfarrer vorgestellt!“ San Corbiniano
soll im März 2011 fertig sein, und, wenn alles gut geht, vom Papst persönlich geweiht
werden. Dann ist Reinhard Marx nicht nur Bischof in München, sondern auch Pfarrer
in Rom. (rv 26.11.2010 gs)