Papstbuch: Williamson, Missbrauchsfälle und das Dritte Vatikanum
In den Auszügen des
Interviewbuches „Licht der Welt“ mit Papst Benedikt XVI., die an diesem Sonntag der
Osservatore Romano und das Magazin Focus in ihren Vorabdrucken zitieren, geht der
Papst auf eine ganze Reihe von Themen ein. Offiziell wird das Buch am Dienstag im
Vatikan vorgestellt.
Die Affäre Williamson Wenn Benedikt XVI. gewusst
hätte, dass Richard Williamson – Bischof der Piusbruderschaft – die Existenz von Gaskammern
in den Vernichtungslagern leugne, hätte er ihn nicht von der Exkommunikation befreit.
Sein Fall hätte getrennt behandelt werden müssen. Die Leugnung oder Verharmlosung
der Shoa sei unakzeptabel. In dem Konflikt um die Affäre Williamson sei Bundeskanzlerin
Merkel offenbar nicht vollständig darüber informiert gewesen, was die katholische
Kirche sage und tue. Merkel hatte öffentlich eine Klarstellung zum katholisch-jüdischen
Verhältnis gefordert. Der Schock der Missbrauchsfälle Durch die Behandlung
der Missbrauchsfälle in den USA und in Irland war Benedikt XVI. vorbereitet, aber
die Ausmaße waren ein Schock. Bereits 2006 habe er von den Bischöfen Irlands gefordert,
dass die Wahrheit ans Licht müsse, dass Prävention geschaffen werden müsse und vor
allem dass den Opfern zu helfen sei. Gleichzeitig dürfe man nicht den Blick dafür
verlieren, dass es in der Kirche auch das Gute gibt. Die Medien und die Missbrauchsfälle Es
sei nicht zu übersehen gewesen, dass es in den Medien auch Freude darüber gab, die
Kirche bloßzustellen und sie zu diskreditieren. Gleichzeitig sei Benedikt XVI. aber
auch dankbar für jede Hilfe bei der Aufklärung. Schließlich sei das Böse, das gegen
die Kirche ausgespielt wurde, Teil der Kirche gewesen. Papst Pius XII. und die
Juden Pius XII. habe sehr viele Menschen gerettet, aber auch die Konsequenzen
eines öffentlichen Protestes gekannt. Er selbst habe sprechen wollen, aber die Situation
habe es verboten. Die Verantwortung der westlichen Welt Sextourismus
und Drogenanbau und –missbrauch: das seien zwei Übel, für die die westliche Welt erhebliche
Mitverantwortung trage. Die Zerstörungen, die etwa durch den Sextourismus angerichtet
würden, seien aus dem Überdruss und der falschen Freiheit des Westens geboren. Es
sei eine Gier des Glücks entstanden, die sich mit dem Bestehenden nicht begnügen könne. Die
Priesterweihe der Frauen Benedikt XVI. betont, dass der Kirche nicht die Vollmacht
gegeben sei, Frauen zu Priestern zu weihen. Dies sei keine willkürliche Entscheidung
der Kirche, sondern Konsequenz der unverrückbaren Gestalt, die Christus der Kirche
gegeben habe. Religionsunterricht in Deutschland Der Papst übt Kritik
an der Art des Unterrichts. Die Bischöfe müssten sich Gedanken machen, wie sie die
Katechese neu und besser ausrichten könnten. Er selber wundere sich, dass bei den
Kindern wenig hängen bliebe. Das Dritte Vatikanische Konzil Voraussetzungen
für ein solches Konzil sieht der Papst derzeit nicht. Stattdessen sei es das Instrument
der Synoden, durch das die Kirche geführt werde. Was das Zweite Vatikanische Konzil
angehe, so müssten die Ergebnisse erst noch umgesetzt werden. In der Öffentlichkeit
existiere eine sehr einseitige Interpretation, die Texte selbst würden kaum gelesen.
Das
Interviewbuch ist das Ergebnis eines sechsstündigen Gesprächs, das Papst Benedikt
XVI. im vergangenen Sommer in Castelgandolfo mit dem deutschen Journalisten Peter
Seewald geführt hatte.