D: 30 Jahre Jesuitenflüchtlingsdienst und der visionäre P. Arrupe
Der Jesuitenflüchtlingsdienst
– kurz JRS – feiert in diesen Tagen sein 30-jähriges Jubiläum. Weltweit ist die Organisation
in 51 Ländern tätig und beschäftigt gut 1.000 Mitarbeiter, von denen rund zehn Prozent
Jesuiten sind. Pater Martin Stark leitet das Deutschlandbüro des JRS in Berlin. Im
Interview mit Radio Vatikan erzählt er, dass die Motivation für die Gründung des Dienstes
vor 30 Jahren vom damaligen Generaloberen des Jesuitenordens kam:
„Das war
so eine visionäre Eingebung von Pater Pedro Arrupe damals, der die Berichte von den
vietnamesischen ‚Boatpeople’ gehört hatte. Damals gingen ja die Bilder ja durchs Fernsehen,
wie die von einem Land zum anderen schipperten, und kein Land sie aufnehmen wollte.
Und die Eingebung war damals zu sagen: dieses Phänomen dieser weltweiten Migration
ist eigentlich ein Zeichen der Zeit und wir als Orden mit unserer Manpower, mit unsere
Institutionen, wir müssen darauf reagieren; wir können uns das nicht einfach nur ansehen,
sondern müssen da praktisch etwas tun. Arrupe hat davon gesprochen, dass das auch
die Gesellschaft Jesu verändert, wenn man darauf reagiert und wenn man sich für Flüchtlinge
engagiert, dass das einen selber verändert.“
Im Moment lägen die Schwerpunkte
der JRS-Arbeit daher in afrikanischen Flüchtlingslagern, aber ganz besonders auch
in Europa:
„Wir schotten uns ab. Anders kann man das nicht bezeichnen. Es
wird immer schwerer für Flüchtlinge, Europa zu erreichen und hier um Asyl zu bitten.
Das ist auf legalem Weg sozusagen gar nicht mehr möglich. Und eine besonders tragische
Geschichte ist natürlich der gesamte Nahe Osten. Besonders die Situation der Christen
im Nahen Osten oder vor allem im Irak. Auch hier glaube ich, müssen wir, die Europäischen
Länder, stärker Solidarität leisten.“
Nach den verheerenden Attentaten
auf Christen im Irak hatte der Bundesinnenminister de Maizière vor wenigen Tagen zu
Protokoll gegeben, man werde keine zusätzlichen Flüchtlinge aus dem Irak aufnehmen.
Der JRS setzt sich mit Lobbyarbeit in der Politik jedoch für die Aufnahme solcher
Flüchtlinge in Deutschland ein. - Der Schwerpunkt in vielen Ländern liegt jedoch in
der Seelsorge in sogenannten Abschiebehaft-Anstalten:
„Wir gehen da rein
als Seelsorger. Deshalb kommen wir da rein, kriegen vieles auch ganz ungeschminkt
mit. Wie es dort zugeht, wie es den Leuten geht, auch wer da inhaftiert wird und eigentlich
nicht inhaftiert werden sollte. Ansonsten machen wir politische Arbeit, Lobbyarbeit,
zum Beispiel für Menschen, die ganz ohne Status und Papiere hier leben, die sogenannten
Illegalisierten oder ‚sans papiers’: dass sie zumindest ihre Grundrechte wahrnehmen
können:, dass die Kinder zur Schule gehen können, dass sie sich im Krankheitsfall
behandeln lassen können, dass sie ihren Lohn einklagen können, wenn sie ausgebeutet
werden. Solche Grundrechte sollte jedermann - egal welchen Status - wahrnehmen können.“