Beim dritten Konsistorium seines Pontifikates wird Papst Benedikt am 20. November
insgesamt 24 verdiente Prälaten in den Kardinalsstand erheben. Vier von ihnen sind
über 80 Jahre alt und haben daher bei der nächsten Papstwahl kein Wahlrecht. „In der
Liste der neuen Purpurträger spiegelt sich die Universalität der Kirche“, erklärte
der Papst, als er das Konsistorium öffentlich bei einer Generalaudienz ankündigte.
Die neuen Kardinäle „kommen aus verschiedenen Teilen der Welt und erfüllen unterschiedliche
Aufgaben, sei es beim Heiligen Stuhl oder im direkten Kontakt mit dem Volk Gottes,
als Väter und Hirten der Ortskirchen.“
Auf den ersten Blick kennzeichnet sich
die Liste der neuen Kardinäle durch eine hohe Zahl von Kurienmitarbeitern, schreibt
die italienische kirchliche Tageszeitung "Avvenire" in einer Analyse: Zehn von 20
Papstwählern wirken im direkten Umfeld des Papstes. Außerdem sind, wie gewohnt, die
Italiener stark vertreten, sie stellen acht Papstwähler. Beobachter erklären die massive
Präsenz der Kurialen bzw. der Italiener damit, dass die meisten dieser neuen Kardinäle
den Purpur „ex officio“ erhalten, also kraft ihres Amtes.
Das ist der Fall
bei Angelo Amato, 72, seit Juli 2008 Präfekt der Kongregation für die Heilig- und
Seligsprechungen. Der Papst kennt den Salesianer persönlich von der gemeinsamen Arbeit
an der Glaubenskongregation. Dort war Amato drei Jahre lang als „Zweiter Mann“ der
Behörde der wichtigste Mitarbeiter Kardinal Ratzingers. Francesco Monterisi, 76 Jahre
alt, ist seit Juli 2009 Erzpriester der Papstbasilika Sankt Paul vor den Mauern und
war zuvor elf Jahre lang Sekretär der Bischofskongregation. Paolo Sardi, ebenfalls
76, ist seit Juni 2009 Pro-Patron des Souveränen Malteser Ritterordens. Fortunato
Baldelli, 75, wirkt seit Juni 2009 im Vatikan als Großpönitentiar. Der US-Amerikaner
Raymond Leo Burke, 62, leitet seit Juni 2008 die Apostolische Signatur, also das kirchliche
Höchstgericht. Velasio De Paolis, 75, verantwortet seit April 2008 die Wirtschaftsangelegenheiten
des Heiligen Stuhles. Mauro Piacenza, 66, ist seit Oktober 2010 Präfekt der Kleruskongregation.
Die Normen und Gepflogenheiten im Vatikan sehen in der Tat vor, dass die Inhaber der
genannten Positionen Kardinäle sind.
Bei den übrigen drei Kurienmitarbeitern,
die Benedikt am 20. November zu Kardinälen kreiert, handelt es sich um Präsidenten
Päpstlicher Räte. Gianfranco Ravasi, 68, leitet seit September 2007 den Kulturrat;
auch ihn kennt Joseph Ratzinger seit langen Jahren persönlich, nämlich von der Arbeit
an der päpstlichen Bibelkommission. Den Schweizer Kurt Koch, 60, holte Benedikt im
vergangenen Juli aus Basel an die Spitze des Päpstlichen Rates für die Einheit der
Christen. Aus Guinea schließlich stammt Robert Sarah, 65, der seit Oktober 2010 den
vatikanischen Fürsorge-Rat Cor Unum leitet.
Für Präsidenten Päpstlicher Räte
ist an sich kein Kardinalspurpur vorgesehen. Das hält die Apostolische Konstitution
Pastor Bonus von 1988 fest. Allerdings legte Papst Johannes Paul II. fünf Jahre später
den Kulturrat mit dem Rat für den Dialog mit den Nichtglaubenden zusammen und verfügte
per Motu Proprio „Inde a pontificatus“, dass die neue Behörde von einem Präsidenten
mit Kardinalswürde geleitet werden sollte. Der strategisch bedeutsame Ökumenerat wurde
immer von einem Purpurträger geleitet. Die Verleihung der Kardinalswürde an den Afrikaner
Sarah schließlich lesen Beobachter als Auszeichnung sowohl für die Persönlichkeit
des Erzbischofs als auch für seinen Kontinent.
Überhaupt sind die Afrikaner
mit vier Papstwählern gut unter den neuen Kardinälen aufgestellt. Außer Sarah handelt
es sich um Laurent Monsengwo Pasinya, 71, Erzbischof von Kinshasa im Kongo; Medardo
Joseph Mazombwe, 79, emeritierter Erzbischof von Lusaka in Sambia; und schließlich
den Patriarchen von Alexandrien der Kopten, Antonios Naguib, 75, Generalrelator der
jüngsten vatikanischen Bischofssynode über den Nahen Osten.
Ein anderes bedeutsames
Element des bevorstehenden Konsistoriums ist die Tatsache, dass sechs jener zehn Würdenträger,
die aus den Ortskirchen – und nicht aus der Kurie – kommen, aus Ländern der Dritten
Welt stammen. Abgesehen von den schon genannten Afrikanern sind das Raul Eduard Vela
Chiriboga, 76, emeritierter Erzbischof von Quito in Ecuador, Raymundo Damasceno Assis,
73, Erzbischof von Aparecida in Brasilien und Malcolm Ranjith, 63, Erzbischof von
Colombo in Sri Lanka und bis Juni 2009 Sekretär der vatikanischen Gottesdienstkongregation.
Vier der neuen Kardinäle hingegen leiten Erzdiözesen der westlichen Welt: Paolo Romeo,
72, von Palermo, Donald William Wuerl, 70, von Washington; Kazimierz Nycz, 60, von
Warschau und der 57-jährige Reinhard Marx von München, der jüngster Kardinal des Kollegiums
wird.
Die Überzahl an Kardinalshüten für Prälaten aus der Dritten Welt ergibt
sich, weil Papst Benedikt die ungeschriebene Regel beachtete, wonach kein Purpur an
Erzbischöfe geht, in deren Diözese es bereits einen emeritierten Kardinal mit Wahlrecht
gibt. Dies führt dazu, dass eine beachtliche Zahl von Purpur-Anwärtern auf westlichen
Bischofssitzen, die traditionellerweise mit der Kardinalswürde verbunden sind, diesmal
leer ausgeht, beispielsweise die Oberhirten von Toledo und Brüssel, New York und Westminster.
Die vier neuen Kardinäle ohne Wahlrecht, also über 80 Jahre alt, sind verdiente
Prälaten, die den Purpur als besondere Anerkennung ihrer Verdienste um die Kirche
erhalten. Es handelt sich um den aus der Diözese Bamberg stammenden Historiker Walter
Brandmüller, um Elio Sgreccia, den Bioethik-Fachmann der Kurie, um den früheren Leiter
des Papstchores der Cappella Sistina, Domenico Bartolucci, und um den Spanier Jose
Manuel Estepa Llaurens, der an der Erstellung des Katechismus der Katholischen Kirche
von 1992 mitwirkte. (avvenire, 09.11.2010 gs)