Papst mahnt zur Wahrung des christlichen Menschenbildes
Eine Reise an den
geographischen Rand Europas und doch mitten in sein Zentrum – das ist die Visite in
der Pilgermetropole Santiago de Compostela für Benedikt XVI. Schon bei seiner Eröffnungsrede
am Flughafen mahnte der Papst Europa zur Wahrung des christlichen Menschenbildes.
„Ich komme als Pilger in diesem Heiligen Jahr von Compostela und möchte
mich in die große Schar von Männern und Frauen einreihen, die im Lauf der Jahrhunderte
aus Europa und der ganzen Welt nach Compostela gekommen sind… Mit ihren Spuren und
voller Hoffnung schufen sie einen Weg der Kultur, des Gebets, der Barmherzigkeit und
der Umkehr…So haben Spanien und Europa eine geistiges Gesicht entfaltet, das auf unauflösliche
Weise vom Evangelium gekennzeichnet ist.“
Von Santiago aus will der Papst,
wie er sagte, Spanien und Europa dazu aufrufen,
„ihre Gegenwart aufzubauen
und ihre Zukunft zu planen auf der Grundlage der echten Wahrheit des Menschen, der
Freiheit, die diese Wahrheit respektiert und sie nie verletzt, wie auch der Gerechtigkeit
für alle, angefangen bei den Ärmsten und den Einsamen.“
Er
wünsche sich, so Benedikt XVI., ein Spanien und ein Europa, „die
sich nicht nur um die materiellen Bedürfnisse der Menschen Sorgen machen, sondern
auch um die moralischen und sozialen Werte sowie um die spirituellen und religiösen
Anliegen kümmern, weil all diese echte Ansprüche des einen und alleinigen Menschen
sind.“
Bei dichtem Nebel war die Alitalia-Maschine mit dem Papst an Bord
in Santiago aufgesetzt. Bis zuletzt war nicht sicher, ob der Papstflieger dort oder
in Vigo landen sollte. Empfangen wurde Benedikt von Prinz und Prinzessin von Asturias,
Felipe und Letizia. Felipe erinnerte daran, dass der Pilgerweg von Santiago das erste
gemeinsame Kulturprojekt Europas gewesen sei. Zusammen mit seiner Frau sei er im Mai
selbst auf dem Jakobsweg gepilgert. Im Begrüßungskomitee waren außerdem die spanischen
Kardinäle, die Leitung der Bischofskonferenz, Vertreter der Madrider Regierung und
der galicischen Lokalregierung. Vom Flughafen aus begab sich der Papst
unmittelbar zur Jakobus-Kathedrale. Am Abend fliegt ernach Barcelona weiter, wo er
am Sonntag die von Antoni Gaudi (1852-1926) entworfene Kirche „Sagrada Familia“ weihen
wird. Für den Architekten läuft ein Seligsprechungsverfahren. In Barcelona trifft
Benedikt XVI. auch mit König Juan Carlos und Königin Sofia zusammen.
Es ist
die 18. Auslandsreise des Papstes und sein zweiter Besuch in Spanien. Die Beziehungen
zwischen dem Vatikan und Spanien gelten seit längerer Zeit als schwierig. Grund sind
extrem liberale Reformen der Regierung unter dem sozialistischen Ministerpräsidenten
Jose Luis Zapatero. Der Papstbesuch ist jedoch nicht politisch, sondern religiös ausgerichtet,
betont man im Vatikan.