2010-10-31 13:14:54

Brasilien: Kräutler übt Kritik an Lula und Roussef


Aus Anlass der Präsidenten-Stichwahl in Brasilien an diesem Sonntag hat der Träger des diesjährigen Alternativen Nobelpreises, Bischof Erwin Kräutler, eine kritische Bilanz der Amtszeit von Präsident Lula da Silva gezogen. Die Strategie, Lebensmittel an die armen Menschen zu
verteilen, sei falsch gelaufen, sagte der in Brasilien tätige katholische Bischof dem österreichischen Rundfunk.

Insgesamt sei es versäumt worden, Arbeitsplätze zu schaffen und eine Landreform durchzuführen, damit sich „die Menschen selbst helfen können“. Enttäuscht zeigte sich der aus Österreich stammende Bischof von der Favoritin für das Präsidentenamt, Dilma Roussef habe bisher kein wirkliches politisches Programm vorgelegt.

Deutliche Kritik äußerte Kräutler an einer neoliberalen Ausrichtung der brasilianischen Politik. Die Lula-Regierung habe tief greifende Sozial- und Landreformen verhindert und zugesehen, wie Indigene von Grund und Boden vertrieben wurden. Zwar sind die Rechte der Indigenen nach Ansicht des 71-jährigen Geistlichen in der Verfassung beispielhaft verbürgt, jedoch seien sie in der Realität nicht umgesetzt. Dies zeige sich
auch darin, dass bisher erst die Hälfte der Indianergebiete abgegrenzt worden sei. In den anderen Gebieten komme es immer wieder zu einem „blutigen Eindringen“ von Großgrundbesitzern, Holzfällern und Firmen, die auf Bodenschätze aus seien, so Kräutler.

Mit Blick auf seinen Einsatz gegen das Wasserkraftprojekt Belo-Monte sagte der Bischof: „Ich bin nicht gegen Wasserkraft.“ Er lehne aber das konkrete Projekt entschieden ab. Rund 30.000 Menschen seien direkt durch Umsiedlung vom Kraftwerksprojekt betroffen. Entgegen der Verfassung sei die indigene Bevölkerung nicht gefragt worden, obwohl sie vom Wasser und vom Fischfang als Lebensgrundlage abgeschnitten werde. Das Projekt habe überdies unabsehbare klimatische Auswirkungen.

Kräutler bestätigte, dass er seit vier Jahren unter Polizeischutz stehe. Es gebe immer wieder Drohungen aus dem Kreis von Großgrundbesitzern, Kraftwerksbetreibern oder auch von jenen, die von seinem Vorgehen gegen sexuelle Missbrauchstäter betroffen seien.
(kap 31.10.2010 gs)








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