2010-10-27 10:16:04

Vatikan: „Todesstrafe an Aziz nicht vollziehen“


RealAudioMP3 Der Vatikan ruft den Irak dazu auf, den früheren Außenminister des Saddam-Regimes Tarek Aziz nicht hinzurichten. „Die Haltung der Kirche zur Todesstrafe ist bekannt“, erklärte Vatikansprecher Federico Lombardi am Dienstagabend – kurz nachdem Aziz von einem irakischen Sondertribunal zum Tod durch den Strang verurteilt worden war. Der Jesuit wörtlich: „Wir hoffen wirklich, dass das Urteil nicht vollstreckt wird“: Eine solche Geste könne „Versöhnung und Wiederaufbau“ im Irak nach all den „großen Leiden“ fördern.

Was eine mögliche humanitäre Intervention zugunsten von Aziz betreffe, werde sich der Heilige Stuhl der ihm zur Verfügung stehenden diplomatischen Kanäle bedienen und nicht an die Öffentlichkeit gehen, so der Sprecher. Ähnliches hatte er kürzlich auch im Fall der im Iran zum Tod verurteilten Sakineh Mohammadi Ashtiani angekündigt. „Ich bin gegen die Anwendung der Todesstrafe“, so Lombardi in einem engagierten Appell auf Radio Vatikan vom Anfang dieses Monats: „Ich will sie weder schmerzhaft, noch schmerzlos... Ich will sie weder für Zivilisten, noch für Militärs; nicht in Friedens- noch in Kriegszeiten... Ich will sie sogar für Mörder nicht... Denn ich suche eine größere Gerechtigkeit.“
Aziz ist chaldäischer Christ – und er war der einzige christliche Politiker überhaupt im Kabinett von Sadddam Hussein. Mehrmals kam er zu Gesprächen in den Vatikan, auch unmittelbar vor Kriegsausbruch 2003. Wenige Monate später stellte er sich den siegreichen Amerikanern; seit damals ist er in Haft. Verurteilt wurde der 74-Jährige nun – mit zwei anderen Vertretern des früheren Regimes – für eine Beteiligung am blutigen Niederschlagen von Schiiten-Protesten im Jahr 1982.
„Das Todesurteil für Tarek Aziz droht, eine Art Siegerjustiz zu sein, die auf einen Protagonisten der Vergangenheit alle Schuld abwälzt. Was auch immer man ihm vorwerfen mag: Irak braucht weniger Tod“: Das sagt uns Mario Marazziti von der römischen Basisgemeinschaft Sant`Egidio, die sich vehement gegen die Todesstrafe engagiert. „Ich hoffe, dass die irakische Regierung das Todesurteil in ein milderes umwandelt – sie hat dazu die Macht. Wir wissen, dass es in der Regierung Minister gibt, die gegen die Todesstrafe sind. Der Tod von Tarek Aziz würde den Irak nicht sicherer machen.“
Auch die EU protestiert – ihre Außenbeauftragte Catherine Ashton will sich des Falles annehmen. Die chaldäische Kirche des Irak hatte sich mit einem Gnadengesuch an die US-Regierung gewandt; sie will jetzt das Todesurteil nicht übermäßig scharf verurteilen, um nicht zu sehr mit dem früheren Regime identifiziert zu werden. „Die Kirche ist für das Leben und nicht für die Verurteilung zum Tod“, sagt der Bagdader Weihbischof Shlemon Warduni, und weiter: „Mehr kann ich nicht sagen, denn wir müssen vorsichtig sein...“
(rv 27.10.2010 sk)








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