Benedikt XVI. würdigt Theologen Peterson: „Eine Theologie, wie ich sie suchte“
Vor 120 Jahren in
Hamburg geboren, vor genau 50 Jahren ebenfalls in Hamburg – nach dreißig Jahren Wirken
in Rom – gestorben: der Theologe Eric Peterson. An diesem Mittwoch ging in Rom ein
Symposion zu diesem Außenseiter der Theologie statt. Wissenschaftlich hochrangig besetzt
und von den Kardinälen Karl Lehmann, Walter Kasper und Raffaele Farina besucht, ging
das Symposion der Frage nach, was von diesem Theologen heute bleibt, was das Heute
von ihm lernen kann. Begonnen hatte Peterson als evangelischer Theologe, wurde dann
aber in den 20er Jahren katholisch, verlor seinen Lehrstuhl und zog mit seiner Familie
nach Rom. Dass er ein Eckstein für die Theologie war und ist, das machte Papst Benedikt
XVI. in einer Audienz deutlich, zu der er die Teilnehmer dieses Kongresses empfing.
„’Wir
haben hier keine bleibende Stadt, sondern die Zukünftige suchen wir’. Dieses Zitat
aus dem Hebräerbrief könnte man als Leitwort über das Leben von Eric Peterson setzen.
Er fand eigentlich Zeit seines Lebens keinen rechten Platz, wo ihm Anerkennung und
Sesshaftigkeit beschieden worden wäre. Er hat diese Fremdheit des Christseins erfahren.
Er war der evangelischen Theologie fremd geworden, ist aber auch in der katholischen
Theologie, wie sie damals war, irgendwie Fremdling geblieben. Heute wissen wir, dass
er beiden zugehört, dass beide von ihm zu lernen haben... ein Geheimtipp!“
Peterson
spricht von der Heiligen Schrift in der Tradition der Glaubensgemeinschaft, von in
der Liturgie gelebtem Glauben, und von der Kirche, in der Gott die Menschen hier auf
der Erde zusammen führt, die zu ihm auf dem Weg ins himmlische Jerusalem sind. Alles
Gedanken, die auch Benedikt XVI. und dem Theologen Josef Ratzinger in ihm nicht fremd
sind:
„Vielleicht ist dies der Punkt, an dem ich ein persönliches Wort einflechten
soll: Ich bin auf die Figur von Eric Peterson erstmals 1951 gestoßen; damals war ich
Kaplan in Bogenhausen, und ich habe ihn mit wachsender Begier gelesen und mich von
ihm ergreifen lassen. Denn hier war die Theologie, nach der ich suchte. So habe ich
an ihm wesentlich und tiefer gelernt, was eigentlich Theologie ist, und auch die Bewunderung
dafür gehabt, dass hier nicht nur Gedachtes gesagt wird, sondern dass dieses Buch
Ausdruck eines Weges, die Passion seines eigenen Lebens war.“
Aber was
für eine Theologie betrieb Peterson? Warum sollte man ihn heute noch lesen? Seit den
60er Jahren bereits beschäftigt sich Karl Lehman, heute Kardinal und Bischof von Mainz,
damals junger Theologe, mit dem Hamburger. Wie den jungen Josef Ratzinger und auch
Walter Kasper hatten ihn die Schriften Petersons gefesselt. Aber warum sollten sich
heute junge Theologinnen und Theologen mit ihm beschäftigen? Was reizt heute noch
an seiner Theologie?
„Peterson ist zunächst einmal ein Anreger. Er macht
einem die Augen auf dafür, was Theologie ist. Man darf nicht gleich ein Paket von
Antworten erwarten. Man bekommt aber Lust und Freude an Theologie.“
Und
auch wenn sich Peterson vor allem sehr abgelegener Quellen bedient und Fragen stellt,
die nicht dem normalen akademischen Betrieb entsprechen, so ist sein Leitgedanke,
sein tastendes und zugleich forderndes Fragen nie mit Nebensächlichkeiten beschäftigt:
„Für
ihn ist das Geheimnis Gottes, die Frage ‚was ist Gott?’ immer leitend, das ist für
ihn immer ein Abenteuer und immer wieder faszinierend und neu entdeckend. Da gibt
es auch schon einmal Widersprüche und paradoxe Äußerungen.“
Überraschend
ist seine biographische Nähe zu John Henry Newman, auch jemand, der gerade jetzt theologisch
wieder entdeckt wird, und ebenfalls ein Konvertit zum Katholizismus. Und wie Newman
auch, baut Peterson Brücken. Der Papst hat es „er gehört beiden“ genannt, für Lehmann
ist er gleichzeitig Fremder und Impulsgeber:
„Er gibt Beiden heute ökumenische
Impulse. Ich stelle mir das so vor, dass er in der Mitte steht und dass man von verschiedenen
Seiten aus Zugang zu ihm gewinnen kann. Man muss nicht immer dasselbe denken, aber
man geht auf ihn zu und bekommt dort sicher Inspiration“
Ganz modern und
zeitgemäß ist aber Petersons persönliche Suche. Er beginnt sein Denken nicht bei abstrakten
Problemen, sondern bei seinen persönlichen Anliegen, seiner eigenen Suche nach Glauben,
Halt und Sinn.
„Er war von der Entschiedenheit des Glaubens gegenüber der
liberalen Welle, die damals in der Theologie existierte, fasziniert. Die Person ist
da immer tief mit im Spiel. Peterson hat kein System, er ist ein Denker mit Orientierung
und mit Konsequenzen. Er ist ausgerichtet auf eine Antwort von der Theologie her auf
die persönliche Ergriffenheit hin.“