Tag der Abstimmungen: Eindrücke von der Nahost-Synode
Mit Abstimmungen über
die Schlussbotschaft und über ihre konkreten Vorschläge haben die Teilnehmer der Nahost-Bischofssynode
im Vatikan ihre Arbeiten beendet. Vor allem der Ausgang der geheimen Abstimmung über
die Vorschläge führte bei manchen Beobachtern zu gemischten Gefühlen. Ein Bericht
von Stefan Kempis:
Freitag Abend in der Synodenaula des Vatikans: Der Generalsekretär
des Bischofsgipfels, Erzbischof Nikola Eterovic, eröffnet die Abstimmung über den
„Nuntius“, also die feierliche Schlussbotschaft, die die Synode an die Welt richtet.
An die hundert Änderungswünsche hat es an den Text gegeben, seit sein Entwurf vorgestellt
wurde; sehr viele davon sind in das neue Dokument eingearbeitet, etwa was die Passagen
zu Israel und dem Judentum oder aber was das – im Entwurf noch fehlende – Schuldeingeständnis
der Kirche in Nahost betrifft. Als der Text der Botschaft verlesen worden ist, gibt
es Beifall in der Halle, den Eterovic kurzerhand in ein allgemeines Ja zur Botschaft
umdeutet; geheim abgestimmt wird dazu gar nicht mehr. Zwar legt sogar ein Kurienkardinal
noch in einem wichtigen Punkt Widerspruch ein, aber es wird deutlich, dass die Synodenleitung
das Papier ohne allzu lange Debatte „durchdrücken“ will.
Das ist am Samstag
Morgen anders: Da können die Synodenväter einzeln zu den 44 „Propositiones“ abstimmen
– mit Ja, mit Nein, mit Enthaltung. 157 Abstimmungsberechtigte sind im Saal, und schnell
wird klar, dass da nicht einfach alles nur abgenickt wird. Auch wenn jeder Vorschlag
eine deutliche Mehrheit bekommt, so gibt es doch konsistente Nein-Voten bei wichtigen
Punkten. Mehrere Beobachter vermuten gesprächsweise, dass Synodenväter aus der römischen
Kurie sich gegen einiges wenden, was arabische Kirchenführer in den letzten zwei Wochen
hier gefordert haben. Immerhin: Zweimal gibt es keine Gegenstimme und keine Enthaltung
– da kommt Beifall auf in der Halle. Aber ein europäischer Experte meint hinterher,
das Ganze hinterlasse bei ihm gemischte Gefühle. Jetzt komme alles darauf an, dass
Kirchenleute im Vatikan und im Nahen Osten das Beschlossene entschieden umsetzen,
am besten mit einer Strichliste in der Hand.