In Rom geht die Sondersynode
von Bischöfen zum Thema Nahost in die letzte Runde: An diesem Donnerstag berieten
die Teilnehmer im Vatikan über konkrete Vorschläge („propositiones“), die sie dem
Papst unterbreiten wollen. Der einzige deutsche Ortsbischof, der an den Arbeiten teilnimmt,
ist der Bischof von Eichstätt, Gregor Maria Hanke. Im Gespräch mit Stefan Kempis erzählt
Hanke, dass seine Mitbrüder aus dem Nahen Osten „natürlich sehr wachsam auf unsere
Bemühungen im Westen schauen, wie wir mit dem Islam umgehen“. Hier finden Sie das
Interview in voller Länge.
Es gibt sehr viele und auch sehr widersprüchliche
Wortbeiträge auf dieser Nahost-Synode, etwa über das Verhältnis zu den Moslems. Ist
die Kirche im Nahen Osten ein Hühnerhaufen?
„Das zeigt eben die vielfältigen,
schwierigen Erfahrungen der Christen im Vorderen und Mittleren Orient – das Leben
dort ist ausgesprochen schwierig für die Christen, es reicht mitunter bis hin zur
Aussichtslosigkeit. Aber hier gilt es eben, ein Hoffnungspotential zu schaffen und
den Glauben neu zu stärken.“
Sie sind einer der Synodenväter, die die ganze
Zeit dabeisitzen – was lernen Sie, was sind die Ideen und interessanten Vorschläge,
die Ihnen auffallen?
„Zunächst einmal wird aus diesen Beiträgen klar, dass
der Mittlere und Nahe Osten nicht über einen Leisten geschlagen werden kann. Da gibt
es Unterschiede: In Syrien zum Beispiel erfreut sich das Christentum einer relativ
großen Freiheit, während in anderen Ländern Einengung herrscht, ja sogar eine harte
Zurückweisung der christlichen Glaubenspraxis. Also, der Nahe und Mittlere Osten
ist einmal sehr vielfältig, das ist das eine; das andere ist, dass es dort eine Vielfalt
an Kirchen gibt, die näher zusammenrücken müssen, wenn das Zeugnis der Christen überhaupt
spürbar sein und bleiben soll. Mir persönlich ist dann noch aus der Schilderung einzelner
Bischöfe aufgegangen, wie wichtig unsere Solidarität im Westen mit den Christen in
der Bedrängnis dort ist. Ich glaube, da müsste noch wesentlich mehr Bewusstsein entstehen
und wachsen in unseren Pfarrgemeinden und Diözesen in Europa und Nordamerika!“
Die
Debatten an den Abenden hatten etwas Parlamentsähnliches; gleichzeitig sind die Redebeiträge
aber sehr disparat, sie kommen ja auch aus geografisch oder rituell sehr unterschiedlichen
Ecken. Ist das eine halbe Stufe hin zur innerkirchlichen Demokratie? „Das
hat, würde ich sagen, gar nichts mit Demokratie oder Nicht-Demokratie zu tun – das
ist eine mitbrüderliche, geschwisterliche Begegnung, die hier stattfindet. Die Bischöfe,
die Vertreter der orientalischen Kirchen, können einmal in aller Offenheit all ihre
Sorgen formulieren: So etwas tut man gewöhnlich zuhause, und ich würde sagen, das
hat tatsächlich etwas ganz Heimatliches an sich. Das sollte man jetzt gar nicht so
hochspielen: Dafür muss in der Kirche Raum sein! Ich sehe natürlich
schon gewisse Themen, die sich trotz der disparaten Beiträge herausschälen:Da
ist einmal die Frage nach der Pastoral in der Diaspora, besonders unter denen, die
ausgewandert sind. Eine weitere Frage ist die Einheit der Kirchen im Vorderen und
Mittleren Orient; man erkennt, dass man näher zusammenrücken muss, und dem müssen
auch Taten folgen! Ein weiterer Punkt ist das Verhältnis zum Islam – der erlebte Islam
in den Ländern des Mittleren und Vorderen Orients. Und unsere christlichen Brüder
und Schwestern schauen natürlich sehr wachsam auf unsere Bemühungen im Westen, wie
wir mit dem Islam umgehen und welche Bemühungen und Anstrengungen, welche Schritte
wir unternehmen. Da muss man wohl noch viel, viel stärker eine Abstimmung, eine engere
Kommunikation schaffen. Es ist sehr viel gesprochen worden von reziprokem Verhalten;
nun gut, das kann man vielleicht im Nahen Osten nicht ganz so anwenden, darauf haben
einige Bischöfe aufmerksam gemacht. Dann muss man das vielleicht neu übersetzen. Aber
für unsere Politiker wäre das auf alle Fälle ein Impuls, das, was bei uns im Westen
möglich ist, doch im Rahmen des globalen Geschehens auch in den Stammländern des Islams
anzumahnen und unseren christlichen Schwestern und Brüdern Raum zu geben.“
Gibt
es eine Idee, bei der Sie sagen: Ja, gute Idee, das mache ich künftig auch in Eichstätt
so?
„Wir in Eichstätt haben ja das Collegium Orientale, und deswegen bin
ich ja auch mit hier. Das ist ein Dienst, den das Bistum (auch finanziell) leistet,
und wir wollen dieses Collegium Orientale noch stärker den Kirchen des Mittleren und
Nahen Ostens eröffnen bzw. sie darauf aufmerksam machen, dass man bei uns Studenten
ausbilden lassen kann – auch zur pastoralen Betreuung derer, die leider schon aus
Verzweiflung und Resignation die Landstriche der Bibel verlassen haben. Aber wir sind
es schuldig, diese christliche Tradition, die sie mitgenommen haben, zu stützen –
die muss bewahrt werden.“