2010-10-13 11:13:36

Nahost-Synode: Kernsätze der Reden vom Dienstag Abend


RealAudioMP3 Bei der vierten Generalversammlung der Nahost-Bischofssynode haben Teilnehmer aus dem Heiligen Land die bedrängte Lage der Christen in Israel und den Palästinensergebieten geschildert. Auch ein irakischer Erzbischof berichtete über die kritische Lage der Kirche in seiner Heimat. Hier ist ein Überblick über einige Wortmeldungen, bearbeitet von Stefan Kempis.

Der armenische Bischof Joseph Arnaouti aus Damaskus, Syrien: „Ich schlage die Einrichtung eines liturgischen Festes von Gottvater vor. Das Vaterunser ist das ökumenische Gebet par excellence. Im Nahen Osten kommen sich verschiedene katholische Eparchien gegenseitig ins Gehege. Diese Schwierigkeit kann eine Gnade sein, kann sie aber auch ärmer machen.“
US-Kardinal John Foley, Großmeister der Jerusalemer Grabesritter: „Viele, darunter der Heilige Stuhl, haben eine Zwei-Staaten-Lösung für die israelisch-palästinensische Krise vorgeschlagen. Aber je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger wird eine solche Lösung. Der Bau von israelischen Siedlungen und israelisch kontrollierter Infrastruktur in Ostjerusalem und anderen Teilen der Westbank macht es immer schwieriger, einen funktionierenden, integralen Palästinenserstaat zu errichten.“
Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Erzbischof Fouad Twal: „Die Jerusalemer Mutterkirche ist eure Kirche, wo ihr alle geistlich und kirchlich geboren seid... Lasst eure Mutterkirche nicht allein und isoliert!“
Der maronitische Bischof Francois Eid aus Kairo, Ägypten: „Eine kleine Gruppe von emigrierten libanesischen Christen hat – dynamisch und motiviert – in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Ägypten binnen hundert Jahren 249 Zeitungen und Zeitschriften in arabischer, französischer oder englischer Sprache gegründet. Sie waren es, die fast alle Pressehäuser begründeten, die ein gewisses Prestige haben und in Ägypten heute noch existieren. Und dann noch diese Pleiade von fortschrittlichen Autoren und Schriftstellerinnen, die Ägypten Dramaturgen, Produzenten, Schauspieler, Musiker und Sänger gegeben haben! Leider wurde dieses Klima der Öffnung und Toleranz durch die Revolution von 1952 beendet, was ihrem sozio-kulturellen Beitrag einen Todesstoß versetzte. Diese Synode kann sich nicht vormachen, eine magische Lösung für die Probleme der Kirchen in Nahost zu finden.“
Der melkitische Erzbischof Joseph-Jules Zerey aus Jerusalem: „Warum emigrieren viele (christliche) Familien? ... Warum haben viele von ihnen den Eifer, wie die ersten Christen zu leben, verloren? Ich stelle deutlich fest, dass viele unserer sogenannten „christlichen“ Familien dringend re-evangelisiert werden müssen. In Nazareth entsteht sehr bald ein internationales Zentrum für die Spiritualität der Familie. Es wird im Dienst der Orts- und der Weltkirche stehen. Hoffentlich strahlt es auf alle Städte des Heiligen Landes aus.“
Der syrisch-katholische Erzbischof Georges Casmoussa aus Mossul, Irak: „In unseren Ländern des Nahen Ostens sind wir winzige Minderheiten, die unter den folgenden Faktoren hart leiden: Galoppierende Emigration, Terror-Wellen, alarmierend niedrige Geburtenrate bei den Christen. Die ungerechte Anklage gegen die Christen, sie seien doch nur Käuflinge des so genannten „christlichen“ Westens... (Der Westen ist auch nicht freundlicher zu uns). Was heute im Irak geschieht, lässt uns an das denken, was in der Türkei im Ersten Weltkrieg passierte. Das ist alarmierend! Ich schlage vor: Die katholische Bischofskonferenz aktivieren. Den Verband christlicher Kirchenführer im Irak aktivieren. Ein Sekretariat für die Beziehungen zum Staat. Gemeinsame Priesterausbildung in einem einzigen katholischen Seminar.“
Der chaldäische Erzbischof Ramzi Garmou aus Teheran, Iran: „Eine ethnische, nationalistische Kirche widerspricht dem wirken des Heiligen Geistes und dem Willen Christi. Das Instrumentum Laboris (d.h., das Grundlagenpapier der Synode, Anm. d. Übersetzers) ignoriert fast vollkommen die wesentliche Bedeutung des monastischen und kontemplativen Lebens für die Erneuerung und das Wiedererwachen unserer Kirchen. Die Geschichte lehrt uns, dass Bischöfe unter den Mönchen ausgewählt wurden, das heißt unter Männern des Gebets und eines tiefen geistlichen Lebens. Leider folgt die Auswahl von Bischöfen heute nicht mehr denselben Kriterien, und wir stellen fest, dass die Resultate leider nicht immer die allerbesten sind.“ (Beifall bei den Synodenvätern)
Der syro-malabarische Bischof Bosco Puthur aus Indien: „Die Seelsorge für syro-malabarische Gläubige in den Ländern des Arabischen Golfes ist sehr inadäquat und nicht zufriedenstellend. Es gibt fast 430.000 syro-malabarische Migranten in der Region, aber nicht eine einzige Pfarrei für sie. Dadurch besteht die wachsende Gefahr, dass unsere Leute von Pfingstkirchen, die in der Golfregion arbeiten, in die Irre geführt werden. Darum ist es nötig, die Seelsorge für die syro-malabarischen Gläubigen unserer eigenen Kirche anzuvertrauen und dafür eigene kirchliche Strukturen zu errichten. Im Gegensatz zur Meinung, die einige Kirchenleute verbreiten, sind die Regierungen in den Golfstaaten in der Regel offen für christliche Gemeinschaften, weil sie derzeit Gastarbeiter brauchen.“
Der Kustos des Heiligen Landes, Franziskanerpater Pierbattista Pizzaballa aus Jerusalem: „Zu oft geht die pastorale Perspektive im Heiligen Land von der Lage aus und nicht von der Berufung der Kirche. Die Pilger und der multireligiöse Charakter (im Umfeld) der Kirche des Heiligen Landes fordern uns dazu auf, als Kirche immer extrovertierter, gastfreundlicher, offener für andere zu sein.“
Der syro-malankarische Erzbischof Beselios Cleemis Thottunkal aus Indien: „Ich finde, dass unsere Bemühungen um volle Einheit mit unseren orthodoxen Schwesterkirchen gestärkt werden müssten. Wie Johannes Paul II. vorschlug, muss nach einer neuen Art des Petrusdienstes gesucht werden, aber ohne das aufzugeben, was wesentlich ist für den Dienst des Bischofs von Rom.“
Der Apostolische Exarch Dimitrios Salachas aus Griechenland: „In den lateinischen Priesterseminaren an Orten, an denen es Gläubige aus Ostkirchen gibt, sollten die Seminaristen dringend auch über das östliche Kirchenrecht unterrichtet werden. Auch die Bischöfe und Priester in diesen lateinischen Strukturen sollten dieses Recht kennen, damit sie das Recht und die Pflicht von ostkirchlichen Gläubigen in ihrem Bistum bzw. ihrer Pfarrei auf Treue zum eigenen Ritus garantieren können.“
Pater José Rodriguez Carballo, Generalminister der Franziskaner: „Im Kontext der Neuevangelisierung schlage ich Folgendes vor: Einen einheitlichen Katechismus für alle Katholiken im Nahen Osten. In Kontinuität mit dem Paulusjahr ein eigenes Johannesjahr in allen Kirchen des Nahen Ostens, wenn möglich gemeinsam mit den Brüdern der nichtkatholischen Kirchen. Stärkere Bibelstudien. Außerdem wünsche ich mir angesichts des immer stärkeren Schwunds der Christen im Heiligen Land von dieser Synode ein Wort des Trostes an die christlichen Gemeinschaften dort, vor allem an die Katholiken.“
Der libanesische Dialogexperte Emir Harés Chehab: „Der Exodus (von Christen) kann in keiner Weise nur wirtschaftlichen Gründen angelastet werden – sonst wäre die ganze Region längst entvölkert. Es ist evident, dass an der Wurzel dieser Bewegung die Diskriminierung liegt – die Verfolgung hie, die Angst da, das Fehlen von Freiheit, die Ungleichheit im Recht... Leider geben die vielen islamisch-christlichen Gespräche und Konferenzen, von denen zu einem großen Teil das Überleben einer aktiven christlichen Präsenz in unserer Region abhängt, Themen wie Laizität, Freiheit, Extremismus, Fundamentalismus, Terrorismus nicht den Platz, den sie verdienen. Das Verschweigen der Probleme oder ihr nur zaghaftes Ansprechen haben unsere Sache nicht sehr weit vorangebracht – eher im Gegenteil! Das Erreichte bleibt zerbrechlich und verfliegt beim ersten ernsthaften Problem. Man sollte (bei christlich-islamischen Dialogen) vor allem auf die Wahrheit zielen, so hart sie auch sein mag. Diese Synode sollte für uns eine Gelegenheit sein, auch die Moslems zu einer neuen Exegese einzuladen, die wir alle brauchen: Sie sollten über ihre dogmatischen Texte und Quellen nachdenken und uns – warum nicht? – einladen, ihnen unsere Meinung dazu vorzutragen.“
(rv 13.10.2010 sk)








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