Nahostsynode: „In Freiheit und mit Respekt sprechen“
Die letzten Vorbereitungen
für die Nahostsynode im Vatikan laufen auf Hochtouren; viele der Teilnehmer sind bereits
vor Ort. Das zweiwöchige Weltbischofstreffen beginnt am kommenden Sonntag mit einer
Papstmesse im Petersdom. Ein Themenschwerpunkt der Synode ist die Stärkung der schwindenden
christlichen Gemeinschaft im Heiligen Land – viele der Gläubigen haben die Region
in den letzten Jahren verlassen. William Shomali ist Weihbischof im lateinischen Patriarchat
von Jerusalem. Der neue Gehilfe des lateinischen Patriarchen Fouad Twal kümmert sich
um vier Länder - Jordanien, Palästina, Israel und Zypern - und insgesamt 400.000 Christen.
Im Gespräch mit Radio Vatikan erklärt er die Ursachen des Problems:
„Es
gab in der Region acht Konflikte in den letzten achtzig Jahren, das ist einfach zuviel.
Die erste Ursache betrifft also Sicherheitsgründe. Der zweite Grund ist die wirtschaftliche
Lage. Und drittens gibt es den religiösen Aspekt. Als Minderheit hier zu leben ist
nicht leicht, es gibt Verfolgungen. Und dennoch – wir müssen unsere Leute davon überzeugen,
dass ihr Bleiben kein Fatalismus, sondern Berufung ist. Es ist wichtig, dass sie aus
Überzeugung im Heiligen Land bleiben und die heiligen Stätten nicht verlassen: Denn
was wäre Jerusalem ohne Christen, was al-Aqsa ohne Moslems?“
Um die Christen
zum Bleiben zu bewegen, seien Haus- und Schulprojekte ins Leben gerufen worden. So
wurden zum Beispiel in der letzten Woche bei Jerusalem 68 Wohnungen an christliche
Familien übergeben. Auch habe man versucht, neue Arbeitsplätze zu schaffen, erzählt
Shomali. Mit der wirtschaftlichen Stärkung der Region sei es aber längst nicht getan:
„Die
Situation ist heute zwar besser als im Jahr 2000 oder 2005 – wegen der Pilger und
der besser arbeitenden Tourismusindustrie. Die wirtschaftliche Situation zu verbessern,
reicht aber nicht aus, um die Leute zum Bleiben zu bewegen. Wir arbeiten deshalb auch
an ihrer spirituellen Motivation und den Glaubensgründen. Unter den fünf Zielen der
Nahostsynode steht deshalb an erster Stelle die spirituelle Stärkung der Christen
im Heiligen Land.“
Doch es geht nicht nur um Abwanderung: So blickt die
Synode nicht nur auf nahöstliche Länder mit christlichen Minderheiten, sondern auch
beispielsweise auf die Golfstaaten, in die Christen aus Entwicklungsländern einwandern.
Auch wenn es sich in erster Linie und ein religiöses und kein politisches Treffen
handele – für den Erfolg der Synode ist nach Shomali viel Diplomatie und Fingerspitzengefühl
nötig. Schließlich seien unterschiedliche, teilweise kontrastierende Interessen im
Spiel:
„Es steht und fällt mit den Teilnehmern. Und es sind ja auch nicht
alle Theologen. Es kann zum Beispiel passieren, dass wir etwas sagen, das Moslems
und Juden verletzt. Wenn etwa ein Bischof von Christenverfolgungen in ganz Nahost
spricht, ohne das nach einzelnen Ländern zu differenzieren, kann das kontraproduktiv
sein. Deshalb hoffe ich, dass die Bischöfe sagen, was getan werden muss. Doch in einer
Art und Weise, die von allen Seiten akzeptiert werden kann. Wir müssen die Wahrheit
benennen, aber in einer gemeinnützigen Weise. In Freiheit und zugleich mit Respekt
sprechen – das ist notwendig.“
Zum Abschluss des Bischofstreffens ist eine
Botschaft der Synodalen an die Welt sowie die Verabschiedung eines Schlussdokuments
vorgesehen. Das Motto der Synode lautet: „Die katholische Kirche im Nahen Osten: Gemeinschaft
und Zeugnis. Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele' (Apg 4,32)“.
Im Rahmenprogramm sind in Rom zahlreiche zusätzliche Veranstaltungen zu sehen. So
veranschaulicht etwa eine Multimedia-Ausstellung das tägliche Leben der Christen im
Heiligen Land, im Iran und auf der arabischen Halbinsel. Auf dem Programm stehen weiter
Versammlungen von Bischöfen, Ordensleuten, Autoren, Journalisten und anderen Experten
aus der Region.