Christ zu sein in
Indien – das bedeutet derzeit immer öfter Unsicherheit oder gar Todesangst. Alarm
schlägt diesmal der Südwesten des Landes: In Bundesstaat Karnataka klagen Christen
über anhaltende Übergriffe durch Hindu-Nationalisten. Vor zwei Jahren kam die hindu-nationalistische
Partei BJP an die Macht. Seither verzeichneten die Christen mehr als 1.000 Gewalttaten,
erklärten jetzt rund 100 Kirchenvertreter, darunter zahlreiche Bischöfe, auf einem
christlichen Forum in Bangalore. Dass die Situation indischer Christen nach wie vor
unbefriedigend ist, kann auch die indische Ordensschwester Maria Nirmalini bestätigen.
Sie hat sich vor kurzem in Orissa, am Schauplatz der Christenverfolgungen von 2008,
ein Bild gemacht:
„Die christliche Gemeinschaft steht immer noch unter
Schock, es gibt Unsicherheit und Angst. Ich habe im April 2010 ein Camp in Kandhamal
besucht. Dort gab es etwa 20 bis 25 Christen, die komplett isoliert von ihrem Dorf
lebten. Wer mit ihnen spricht, bekommt Schwierigkeiten. Das ist nicht menschlich!
Diese Leute werden komplett aus der Gesellschaft ausgegrenzt!“ Aufklärung
und Rechtsprechung waren im Fall der Pogrome von Orissa schwerfällig in Gang gekommen.
Nur wenige der Peiniger sitzen bis heute hinter Gittern. Es gebe aber auch Hoffnungszeichen,
berichtet die Schwester im Gespräch mit uns: so habe ein nationales Volksgericht in
Neu Delhi Ende August zur Aufklärung beigetragen. Zudem sei einer der hinduistischen
Unruhestifter, Mitglied der BJP, verurteilt worden. Das sei nicht zuletzt dem Einsatz
engagierter Menschenrechtler und Rechtsexperten zu verdanken, so Schwester Nirmalini:
„Sie
haben einen Bericht über die Zeugenaussagen verfasst und den Ministerpräsidenten und
Präsidenten getroffen. Sie haben den Politikern berichtet, dass die Vorfälle von Kandhamal
auf kollektiver Gewalt beruhten, die durch den rechten Flügel der Hindus verursacht
worden war. Sie haben den Premierminister aufgefordert, dem ins Auge zu sehen. Und
wir waren froh und haben es als Zeichen der Hoffnung verstanden, als dann schließlich
Herr Manoj Pradhan verhaftet und zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt wurde.“ Verbesserungsbedarf
sieht die Schwester im Fall der Opfer von Orissa ebenso bei den finanziellen Entschädigungen
der Christen durch die Regierung:
„Es gab Abfindungen für rund 2500 Leute.
Die Regierung zahlte jeweils etwa 30.000 Rupien. Doch das war nicht genug, denn viele
Menschen waren auch krank und mussten Medikamente zahlen. Außerdem kann man mit 30.000
Rupien kaum ein neues Heim aufbauen, die Kinder müssen ja auch in die Schule – es
war einfach nicht genug.“ Bildung – genau das ist der Einsatzbereich von Schwester
Maria Nirmalini. Die Leiterin einer Privatschule in Neu Delhi ist zurzeit Gast des
katholischen Hilfswerkes missio in Aachen, und zwar im Rahmen des Monats der Weltmission
Oktober, in dem besonders der Einsatz indischer Ordensfrauen gewürdigt wird. Nirmalini
engagiert sich in Indien in unterschiedlichen Ausbildungsprojekten für muslimische,
hinduistische wie christliche Kinder. Unter ihren Schützlingen sind auch die Kinder
der Vertriebenen von Orissa. Mehr dazu hören Sie bei uns demnächst im Weltkirchenmagazin.