Der „Vater“ der künstlichen
Befruchtung bekommt den Nobelpreis, und aus dem Vatikan kommt Protest: Das Stockholmer
Karonlinska-Institut hat am Montag Robert Edwards den Medizin-Nobelpreis zuerkannt.
Der heute 85-jährige Brite entwickelte die Technik der „in-vitro-Fertilisation“; vor
32 Jahren kam das erste Retortenbaby auf die Welt. Insgesamt verdanken etwa vier Millionen
Menschen der künstlichen Befruchtung ihr Leben. „Das ist eine Auszeichnung, die alle
Problematiken ethischer Art beiseitewischt und die den Eindruck erweckt, als könne
man den Menschen auf ein Objekt reduzieren“: So reagiert man im Vatikan auf den Nobelpreis
für Edwards.
„Natürlich hat Edwards die Geschichte geprägt“, räumt Lucio
Romano vom kirchlichen Lebensschutzverband „Scienza e Vita“ ein. „Er steht für die
Übertragung der Technik von der Welt der Tiere – wo es schon länger künstliche Befruchtung
gab – auf den menschlichen Bereich. Aber das bedeutet absolut nicht, dass das ein
Fortschritt für den Menschen wäre! Und ein Nobelpreis müßte doch eigentlich auch ethische
Problematiken berücksichtigen, statt sie einfach beiseite zu lassen.“
Im
Vatikan selbst ist der Hochrangigste, der sich äußert, der neue Präsident der Päpstlichen
Akademie für das Leben – es ist der Bischof und Bioethiker Ignazio Carrasco de Paula.
In einer strikt „persönlichen“ Erklärung gibt sich sich „perplex“, macht keinen Hehl
daraus, dass er sich eigentlich eher einen Nobelpreis für Stammzellenforscher vorgestellt
hätte. Natürlich habe Edwards „ein neues und wichtiges Kapitel im Bereich der menschlichen
Fortpflanzung aufgeschlagen“ und dürfe nicht „unterschätzt“ werden. Und dennoch, so
der Bischof wörtlich: „Ohne Edwards gäbe es keinen Eizellen-Markt; ohne Edwards gäbe
es keine Kühlschränke voller Embryonen“.
„Sowohl was die Selektion, als
auch, was das Einfrieren und wieder Auftauen von Eizellen und Embryonen betrifft,
geht das in Richtung Tod“, so Lebensschützer Romano. „Wir sprechen hier von Menschenleben,
von menschlichen Wesen im biologischen Embryonenstatus, die durch eine selektive Prozedur
aussortiert werden... Der Mensch wird in der Perspektive der künstlichen Befruchtung
von einer Frucht der Zeugung zu einem Produkt der Empfängnis – das ist im gynäkologischen
und biomedizinischen Bereich der Schritt zu einem anthropologischen Reduktionismus,
nämlich vom Subjekt zum Objekt.“
„Ich würde sagen, dass Edwards ein Haus
eingeweiht hat, aber die falsche Tür geöffnet hat“, schreibt für seinen Teil Bischof
Carrasco. „Er hat ganz auf die in-vitro-Befruchtung gesetzt und implizit damit den
Rückgriff auf Spenden und Weiterverkauf möglich gemacht, der menschliche Wesen einschließt.
Die Lösung für das schwerwiegende Problem der Unfruchtbarkeit kommt nicht aus dieser
Richtung, sondern auf einem weniger kostspieligen und schon weit fortgeschrittenen
Weg. Man muss nur noch ein bißchen Geduld und Zutrauen zu unseren Forschern und Kliniken
haben...“
Am Ersten Advent, also in knapp zwei Monaten, plant der Vatikan
eine „Vigil für das werdende Leben“. In ihren Rahmen zeichnet sich auch die Feier
der Vesper von Papst Benedikt im Petersdom ein. (rv 05.10.2010 sk)