Klare Worte des Papstes
gegen die Mafia bei seinem Sizilien-Besuch am Sonntag – damit hatten nicht viele gerechnet.
Vor allem, weil das organisierte Verbrechen vor siebzehn Jahren, nach ähnlich klaren
Worten des damaligen Papstes Johannes Paul, mit Vergeltung reagiert hatte: Eine Bombe
legte im Juli `93 die römische Kirche San Giorgio in Velabro in Schutt und Asche,
und kurz darauf knallte die Mafia einen Priester in Palermo ab. Dennoch hat Benedikt
XVI. die Mafia in Palermo frontal angegriffen – und zwar nicht nur verbal.
„Der
Heilige Vater war am Nachmittag auch an der Stelle, wo 1982 der Präfekt Carlo Alberto
Dalla Chiesa getötet wurde“, berichtet der Erzbischof von Palermo, Paolo Romeo.
„Bei seinem Halt in der Ortschaft Capaci, wo die Mafia 1992 den Richter Giovanni Falcone
umbrachte, haben wir ihm das Haus gezeigt, von wo aus der Mörder per Fernbedienung
die Bombe gezündet hat, durch die Falcone, seine Frau und seine Leibwächter in die
Luft flogen. Das hat den Papst sehr bewegt; er hat Blumen für alle Opfer der Mafia
niedergelegt. Für alle, die Mut gezeigt haben, obwohl sie wußten, welcher Gefahr sie
sich jeden Tag aussetzten.“ „Ich glaube, dass die Worte und
auch die Gesten des Papstes auf viele Sizilianer, vor allem auf viele junge, einen
starken Eindruck gemacht haben.“ Das sagt der Priester Giuseppe Livatino, dessen
Vetter Rosario – ein Richter – im September vor zwanzig Jahren von der Mafia getötet
wurde. „Das könnte jetzt durchaus zu einem Ruck in der sizilianischen Gesellschaft
führen. Wir Katholiken müssen jetzt allen durch ein deutliches Zeugnis zeigen, wie
wir uns die Zukunft Siziliens wünschen – in den Behörden, den Familien, am Arbeitsplatz.
Die Kirche hier ist eine Kirche an der Grenze, denn die Kultur der Illegalität ist
dermaßen weit verbreitet und verwurzelt, dass die Kirche eine große Anstrengung machen
muss, auch da das Evangelium zu verkünden, wo es riskant wird.“ Vielleicht
kann sich die Kirche auf Sizilien da ja an den Christen im Großraum Neapel orientieren
– der dortige Kardinal Crescenzio Sepe kündigt konkrete Initiativen gegen die Camorra
an: „Wir werden bald eine Richtlinie für die Sakramentenpastoral veröffentlichen.
Da steht drin, dass Mafia-Bosse und Mafia-Anhänger von allen sakramentalen Feiern
ausgeschlossen sind, weil sie das Gegenteil der Lehre des Evangeliums verbreiten.
Gleichzeitig versuchen wir konkret zu verhindern, dass junge Leute nur noch in der
Illegalität eine Arbeit angeboten bekommen. Das Erzbistum Neapel hat ein Mikrokredit-Projekt
für junge Leute: Wir leihen ihnen 20.000 Euro ohne Zinsen, um ihre Projekte möglich
werden zu lassen. Wir haben ein Haus für verlassene Frauen und Kinder eröffnet, um
sie zusammenzuhalten. Das sind lauter kleine Zeichen... Wir haben Info-Zentren in
den Pfarreien. Jedes Jahr schaffen wir es, fünfzig oder sechzig junge Leute „herüberzuziehen“
in die Legalität und die Zivilisation.“