Dokument: Schlussbericht der Dt. Bischofskonferenz
Die Deutsche Bischofskonferenz plant angesichts der Missbrauchsskandale eine Dialoginitiative,
„die sowohl sich selbst als auch die Bistümer und die Gemeinden einbezieht“. Das steht
in einem Pressebericht, den der Vorsitzende der Bischofskonferenz am Freitag in Fulda
vorlegte. Die Bischöfe wollten „das selbstkritische Gespräch in der Bischofskonferenz
vermehrt pflegen“, so Erzbischof Robert Zollitsch. Ein weiterer Teil diese Initiative
sei „ein strukturierter Dialog auf der Ebene der Bistümer über das Bezeugen, Weitergeben
und praktische Bekräftigen des Glaubens“. Die Bischöfe planten auch einen Hirtenbrief
an alle Gmeinden und häufiger als bisher „öffentlich wirksame Gesten und Symbole der
Ausrichtung auf Gott, um den Gegebenheiten der Mediengesellschaft besser zu entsprechen“.
(dbk 24.10.2010 sk)
Wir dokumentieren hier den Bericht von Erzbischof
Zollitsch in voller Länge. Quelle ist die Deutsche Bischofskonferenz.
„Pressebericht des
Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch,
anlässlich der Pressekonferenz zum Abschluss der Herbst-Vollversammlung
der Deutschen Bischofskonferenz am 24. September 2010 in Fulda Einleitung 1.
Eröffnungsreferat „Zukunft der Kirche – Kirche für die Zukunft“ 2.
Reflektionstag 3. Aktuelle Fragen in Bezug auf sexuellen Missbrauch
Minderjähriger in der Kirche 4. Glaube
Kommissionsbericht
5.
Ökumene
Zweiter Ökumenischer Kirchentag: Rückblick
und Auswertung
6. Pastoral
Missionarisch
Kirche sein: Perspektiven für die Zukunft
7. Liturgie
Ordo Missae – Deutsche Übersetzung
8. Gesellschaftliche
und soziale Fragen
Eckpunkte einer kirchlichen Positionierung
zum geplanten Energiekonzept der Bundesregierung Sparmaßnahmen für den Bundeshaushalt
– Bewertung aus sozialethischer Perspektive
9. Erziehung und
Schule
Eckpunkte für die Kirchliche Ausbildung von Erzieherinnen
und pädagogischen Fachkräften
10. Wissenschaft und Kultur
Kirchliche Anforderungen an die Religionslehrerausbildung Rahmenordnung
für die berufsqualifizierenden Studiengänge in Kirchenmusik Kirchliche Förderung
für ausländische Studierenden
11. Weltkirche
Kommissionsbericht
Justitia et Pax Religious Leader’s Summit
12. Ehe
und Familie
Kommissionsbericht
13.
Caritative Fragen
Herausforderungen für die Zukunft
der Pflege
14. Personalien 15. Weitere Themen über
die Beratungen der Vollversammlung hinaus
Rheinischer
Merkur Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
Einleitung
Erneut
haben wir uns in dieser Woche am Grab des Apostels der Deutschen, des Heiligen Bonifatius,
zu unserer Herbstsitzung versammelt. Die umfangreiche Tagesordnung und aktuelle Fragen
aus Kirche, Gesellschaft und Politik haben unsere Beratungen geprägt. Ich habe mich
gefreut, erstmals drei neue Weihbischöfe aus Münster und einen neuen Weihbischof aus
München in unserem Kreis begrüßen zu können. Wir haben auch zwei verdiente Weihbischöfe,
Weihbischof Hans-Georg Koitz (Hildesheim) und Weihbischof Dr. Franz Dietl (München-Freising)
in den Ruhestand verabschiedet.
1. Eröffnungsreferat „Zukunft der Kirche
– Kirche für die Zukunft“
Die Verkündigung des christlichen Glaubens verlangt
eine Kirche der Pilgerschaft. In meinem Eröffnungsreferat „Zukunft der Kirche – Kirche
für die Zukunft. Plädoyer für eine pilgernde, hörende und dienende Kirche“ habe ich
einige Perspektiven entwickelt, wie die Kirche diese Dynamik gewinnen kann. Wir spüren
ja die bohrende Frage nach der Glaubwürdigkeit unserer Kirche in Deutschland. Sie
hängt ab von der Lebendigkeit der Kirche, insbesondere ihrer Fähigkeit zu Umkehr und
neuem Aufbruch. Allerdings nicht im Geist einer Veränderung um ihrer selbst willen,
sondern aus der inneren Verbundenheit mit dem Herrn im Glauben. Eine pilgernde Kirche
ist unterwegs mit Christus und auf Christus hin.
Eine Kirche für die Zukunft
muss, das betrifft uns direkt, eine Kirche des Hörens sein. Es gibt für uns keinen
anderen Weg als den der Offenheit, der Ehrlichkeit und des Zuhörens. Wenn Opfer in
diesen Monaten ihr Schweigen gebrochen haben und darüber zu sprechen beginnen, was
sie durch Vertreter der Kirche erlitten haben, dann ist das für uns die Stunde des
Anhörens und Zuhörens. Stets beginnt die Umkehr der Gläubigen mit dem Hören und Sehen
des Nächsten, besonders des Armen. Hinzu kommt: die Kirche muss authentisch sie selbst
sein – eine spürbare und glaubwürdige Einheit von Göttlichem und Menschlichem, wie
sie die Menschen auch in der Gegenwart suchen. Der Verlust ihres Bezuges auf Gott
wäre für die Kirche das Ende ihrer selbst.
Gewiss erschüttert uns eine Krise.
Aber diese kann auch eine Zeit der Klärung sein, die viel zukunftsweisendes Potential
hat. Sie ist Impuls des Heiligen Geistes zur Unterscheidung der Geister. Der Aufbruch
der pilgernden Kirche fordert eine konsequente Option für die Menschen. Es kommt sehr
auf die enge Verbindung zwischen der Kirche einerseits und der Welt und den Menschen
andererseits an. Ein neuer Aufbruch der Kirche lebt von einer vertrauenswürdigen Nähe
und von verlässlicher Verbundenheit zwischen Kirche und Welt. Wichtig erscheint mir
dabei – und auch das war eine Facette des Referates – dass wir bewusster eine dienende
Kirche sein müssen: Ein Glaube, der von der Liebe getragen ist und sie aufscheinen
lässt, kann Menschen ansprechen und überzeugen. Es geht dabei um die Nähe zum Leben
der Menschen von heute. Was uns aufgetragen ist, sind nicht irgendwelche Reparaturen,
sondern die Verlebendigung des kirchlichen Lebens.
Bei meinen Ausführungen
habe ich einige konkrete Themen benannt, vor denen wir mit großen Herausforderungen
stehen. Dabei habe ich deutlich gemacht: Der Weg der Kirche in Deutschland muss heute
die Mitte finden zwischen einer ängstlichen Absonderung von der Welt und einer sendungsvergessenen
Anpassung an die Welt. Ich bin dankbar für die Klärungen, die das II. Vatikanische
Konzil vollzogen hat. Sein Bild von Kirche ist geprägt durch den Begriff der Communio:
Das ganze Volk Gottes bildet eine Kirche in der ganzen Vielfalt der Charismen, Ämter
und Dienste. Dazu gehört auch das Zusammenwirken der verschiedenen Gaben und Begabungen,
die es in der Kirche gibt. Nur so kann das pilgernde Volk Gottes seinen Weg als Kirche
auf authentische Weise gehen und zu den Menschen von heute wirklich und verständlich
finden. Mein Wunsch zur Herbst-Vollversammlung ist: Wir stellen uns den Fragen und
Sorgen der Menschen. Wir wollen unsere Mitmenschen hören und wir wollen mit ihnen
sprechen. Wir wollen eine Kirche der Pilgerschaft sein, der anzumerken ist, dass sie
in göttlichem Auftrag handelt. Wir wollen uns der Vielfalt der Gaben und Begabungen
bedienen und unsere geistliche Gemeinschaft vertiefen. Nicht Angst und Verzagtheit,
nicht eine Flucht nach vorne und nicht der Traum von gestern sollen uns bestimmen
und beseelen, sondern das Heil der Welt. Sie mag uns als fremde Heimat erscheinen,
ist aber eben Heimat in der Gefährtenschaft dessen, der alle Tage bei uns bleibt,
bis zum Ende der Welt.
2. Reflektionstag
Wir haben uns diesmal den
Mittwoch als Reflektionstag genommen. Ihn haben wir genutzt, um die zurückliegenden
Monate und ihre Herausforderungen für den Dienst von uns Bischöfen in Ruhe zu bedenken
und Folgerungen für das künftige Handeln zu ziehen. Zunächst haben wir Überlegungen
zum Thema „Vertrauensverlust – Situation und Analyse“ bedacht, die eine Vertiefung
der theologischen und kirchlichen Analyse der gegenwärtigen Situation der Kirche in
Deutschland enthalten. In einer zweiten Gesprächsrunde zum Thema „Glaubwürdigkeit
der Kirche – in Wort und Tat“ haben wir die Diskussion fortgesetzt. Wir stimmten überein
in der Einschätzung, dass die Aufdeckung von Fällen sexuellen Missbrauchs eine Erschütterung
bewirkt hat, in deren Folge aber noch tiefere Verwerfungen zutage traten, die schon
längere Zeit bestanden. So war die Frage des priesterlichen Lebens und des persönlichen
geistlichen und sakramentalen Lebens unserer Geistlichen schon längere Zeit drängend.
Ein anderes Thema ist das Spannungsfeld zwischen einerseits Macht und andererseits
Bescheidenheit oder auch Demut, das gerade im geistlichen Dienst besondere Aufmerksamkeit
verlangt. Persönliche Bescheidenheit und Demut sind geboten, ohne dass auf das erforderliche
Selbstbewusstsein hinsichtlich der Position verzichtet werden darf.
Immer
wieder haben wir uns gefragt, wie es gelingen kann, die kirchliche Botschaft kommunikativ
nach innen und in die Gesellschaft zu vermitteln, die eigene Sensibilität für die
Welt von heute zu stärken und sprach- sowie auskunftsfähig zu bleiben. Dazu gehören
auch Wege, den Dialog über sperrige Themen etwa aus den Bereichen der Sexualität,
der Zölibatsverpflichtung oder des Sakramentenempfangs wiederverheirateter Geschiedener
zu führen.
Die Mitglieder der bereits auf der Frühjahrs-Vollversammlung in
Freiburg eingerichteten Steuerungsgruppe „Der Dienst der Kirche im öffentlichen Leben
Deutschlands“ plädieren dafür, die 50. Wiederkehr des Konzilsbeginns zum Anlass einer
Neuaneignung wichtiger Konzilsdokumente, vor allem der Pastoralkonstitution „Gaudium
et spes“ (Freude und Hoffnung) zu nutzen, dies aber eingefügt in die gegenwärtige
Situation der Kirche in Deutschland und deren Herausforderungen. Konkret bringen sie
eine Dialoginitiative ins Gespräch, die auch eine Reihe von Elementen aufgreift, von
denen ich in meinem Eröffnungsvortrag gesprochen habe. Sie zielen darauf ab, die Gemeinsamkeit
einerseits mit besonders aktiven Personen in der Kirche, andererseits mit besonderen
Kreisen der Gesellschaft zu verbessern, um auf diese Weise überzeugender eine pilgernde,
dienende und hörende Kirche zu sein.
Am Ende des Reflektionstags konnten wir
einmütig unter anderem folgende Verabredungen treffen:
Die Bischofskonferenz
ergreift eine Dialoginitiative, die sowohl sich selbst als auch die Bistümer und die
Gemeinden einbezieht. Die Bischöfe werden – auf der Grundlage der guten Erfahrungen
des Reflektionstages – das selbstkritische Gespräch in der Bischofskonferenz vermehrt
pflegen. Ein weiterer Teil diese Initiative ist ein strukturierter Dialog auf der
Ebene der Bistümer über das Bezeugen, Weitergeben und praktische Bekräftigen des Glaubens.
Schließlich gehört die praktische Erschließung von Brennpunkten der Gegenwartsgesellschaft
zur dialogischen Initiative. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken ist in diesem
Zusammenhang ein von vielen Bischöfen geschätzter Kooperationspartner.
Wir werden noch in diesem Jahr als Ausdruck praktischer Communio (Gemeinschaft)
einen Brief an die Gemeinden schreiben, den der Ständige Rat im November fertig stellen
wird. Wir gehen die Verpflichtung ein, noch stärker als schon bislang den Priestern
und weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unsere Verbundenheit und Nähe zum Ausdruck
zu bringen und verstärkt auf deren tatsächliche Lebenssituation einzugehen. Der
Prozess zur neuen Aneignung der Konzilsdokumente, insbesondere von „Gaudium et spes“,
wird durch einen gemeinschaftlichen Akt der Umkehr und Neuausrichtung in Zusammenhang
der kommenden Frühjahrs-Vollversammlung eröffnet. Überhaupt wollen die deutschen Bischöfe
künftig stärker als bislang öffentlich wirksame Gesten und Symbole der Ausrichtung
auf Gott nutzen, um den Gegebenheiten der Mediengesellschaft besser zu entsprechen.
3. Aktuelle Fragen in Bezug auf sexuellen Missbrauch Minderjähriger
in der Kirche
Das Konzept der Bischofskonferenz zur Vorbeugung von sexuellem
Missbrauch an Minderjährigen haben wir gestern in einer Pressekonferenz bereits umfassend
vorgestellt. Einige Schwerpunkte will ich noch einmal herausgreifen: Wir haben eine
Präventionsrahmenordnung verabschiedet, die alle Personen im kirchlichen Bereich sensibilisieren
und dazu befähigen soll, Hinweise auf sexuellen Missbrauch zu erkennen und mit diesen
angemessen umzugehen. Die Rahmenordnung richtet sich an alle, die in Diözesen, kirchliche
Institutionen und Verbänden in der Kinder- und Jugendarbeit tätig sind. Sie soll helfen,
dass sexuelle Übergriffe vermieden werden. Dazu gehört unter anderem ein erweitertes
polizeiliches Führungszeugnis für haupt- und nebenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
sowie die Unterzeichnung einer Selbstverpflichtungserklärung für ehrenamtlich Tätige.
Weitere
Maßnahme ist ein Internetportal zum Thema Prävention ( ), das umfangreiche
Informationen und Material zur Prävention zur Verfügung stellt und die Internetangebote
der verschiedenen kirchlichen Akteure zum Thema Prävention bündelt. Die Website informiert
Eltern, Lehrer, Erzieher, Pädagogen, Sozialarbeiter und alle, die in ihrer täglichen
Arbeit Verantwortung für Kinder und Jugendliche übernommen haben.
Außerdem
legen wir hinsichtlich der Prävention auch auf eine weiter verbesserte Priesterausbildung
Wert. So werden bestimmte Schulungen zur Vorbeugung von sexuellem Missbrauch in die
Priesterausbildung integriert werden. Dazu gehören unter anderem Schulungen zu Psychodynamiken
der Opfer, Straftatbeständen sowie eigener emotionaler und sozialer Kompetenz (vgl.
Präventionsrahmenordnung III. Aus- und Fortbildung). Bereits seit einigen Jahren setzen
wir vermehrt Psychologen, psychologische Eignungsprüfungen und psychologische Begleitungen
bei der Ausbildung der Priesterkandidaten ein. Neben der Eignungsbeurteilung im Rahmen
des Aufnahmeprozesses oder der psychologischen Begleitung während der Ausbildungszeit
sollen die jungen Priester in Zukunft auch gerade in der Zeit unmittelbar nach der
Weihe besonders unterstützt werden. Da sie hier oft mit massiven pastoralen Herausforderungen
konfrontiert werden, kommt es nicht selten zu einem Praxisschock, der zu großer innerer
Verunsicherung führen kann. Hier erscheint es sinnvoll, pastorale bzw. pastoralpsychologische
Beratungs- und Reflexionssysteme aufzubauen, die den Übergang von der Seminarausbildung
in die Welt der Seelsorge und Pastoral begleiten.
Verschiedene Seiten haben
die Forderung gestellt, dass das Unrecht, das Opfern zugefügt wurde, eine Anerkennung
auch durch freiwillige Leistungen findet. Wir haben während der Vollversammlung ein
Modell erörtert, das aus mehreren Teilen besteht, und auch finanzielle Anerkennung
des zugefügten Leids mit einschließt. Seine grundlegende Idee ist es, Opfer dabei
zu unterstützen, ihr Opferschicksal zu überwinden und neue Stärke zu gewinnen. Dieses
Modell muss noch weiterentwickelt werden. Wir erhoffen uns dazu eine möglichst zeitnahe
Diskussion am Runden Tisch und werden in der kommenden Woche dort einen Vorschlag
unterbreiten.
4. Glaube
Kommissionsbericht
In der
Herbst-Vollversammlung diskutieren wir jedes Jahr zwei der jährlichen Kommissionsberichte
ausführlich. Der Vorsitzende der Glaubenskommission, Karl Kardinal Lehmann, hat in
einem Bericht über die Glaubenskommission drei Akzente hervorgehoben: Die Beschäftigung
mit Fragen aus dem Bereich der Bioethik stellt jedes Jahr eine Schwerpunktaufgabe
dar. Stets geht es um die Stärkung der katholischen Position in Fragen des Lebensschutzes
und um den Einsatz für das Recht jedes Menschen auf Leben und physische Unversehrtheit
von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod. Dies wurde in den vergangenen Monaten
an einigen Punkten besonders deutlich: Mit Blick auf das Lebensende ist – noch nicht
vollständig abgeschlossen – die Überarbeitung zur „Christlichen Patientenverfügung“
und die allgemeine Befassung mit dem Themenfeld „Sterbehilfe“ hervorzuheben. Hier
hat das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) zur Sterbehilfe im Juni 2010 gezeigt,
wie wichtig die wache Beobachtung der Entwicklungen auf diesem Gebiet ist. Mit Bezug
auf Fragen des Lebensanfangs hat der Vorsitzende der Glaubenskommission unter anderem
auf die eindeutige Positionierung der Deutschen Bischofskonferenz zum BGH-Urteil zur
Präimplantationsdiagnostik Anfang Juli 2010 hingewiesen. Auch die Durchführung einer
Konsultationstagung zur gegenwärtig intensiv geführten Debatte zum menschlichen Enhancement
gehört zum breiten Themenspektrum der Bioethik.
Einen weiteren Schwerpunkt
stellt das Thema „Kirchliche Lehre über menschliche Liebe, Sexualität und Fruchtbarkeit“
dar, mit dem sich die Glaubenskommission erneut intensiv beschäftigt hat. Dazu hat
bereits ein Expertengespräch stattgefunden, weitere Gespräche mit Experten verschiedener
Fachrichtungen sind in Planung. Ziel ist eine neu gefasste Präsentation des Themenfeldes
aus katholischer Sicht.
Im vergangenen Jahr hat sich die Glaubenskommission
auch mit dem aktuellen Thema „Judenmission“ auseinandergesetzt und eine inhaltliche
Klärung der katholischen Position beraten. Angestoßen wurde dies durch die im Frühjahr
2009 veröffentlichte Erklärung „Nein zur Judenmission – Ja zum Dialog zwischen Juden
und Christen“ des Gesprächskreises „Juden und Christen“ beim Zentralkomitee der deutschen
Katholiken und der anschließenden breiten Diskussion auch in der Öffentlichkeit. Kardinal
Lehmann hat eine Stellungnahme erarbeitet, die aus dieser intensiven Beratungsarbeit
in der Glaubenskommission erwachsen ist. Der Text versteht sich als ein Beitrag, der
eine weitere Klärung insbesondere theologischer Fragen in diesem Themenkomplex unterstützt.
5.
Ökumene
Zweiter Ökumenischer Kirchentag: Rückblick und Auswertung
Die
Vollversammlung hat sich rückblickend mit dem Zweiten Ökumenischen Kirchentag befasst,
der vom 12. bis 16. Mai 2010 unter dem Motto „Damit ihr Hoffnung habt“ in München
stattgefunden hat. Dort ist deutlich geworden, dass bei uns die ökumenischen Beziehungen
durch ein hohes Maß an Selbstverständlichkeit geprägt sind. Der Zweite Ökumenische
Kirchentag hat zudem die Vielgestaltigkeit der Ökumene zum Ausdruck gebracht. Sie
umfasst nicht nur die katholisch-evangelischen Beziehungen, sondern schließt auch
die ökumenische Gemeinschaft mit orthodoxen Kirchen und Freikirchen ein. Diese multilaterale
Dimension der Ökumene sollte künftig weiter gestärkt werden.
Positiv hoben
die Bischöfe hervor, dass es beim Ökumenischen Kirchentag ein breites Angebot an ökumenischen
und konfessionellen Gottesdiensten, Gebetsstunden und Bibelarbeiten gab. Erwähnung
fanden insbesondere die großen ökumenischen Gottesdienste zu Beginn und zum Abschluss
des Ökumenischen Kirchentags sowie die zentrale ökumenische Feier an Christi Himmelfahrt,
die im Anschluss an die konfessionellen Gottesdienste stattfand. Nach Einschätzung
der Bischöfe war die Atmosphäre in München insgesamt von einem regen Interesse an
theologischen und gesellschaftspolitischen Fragestellungen, von Freude an der Gemeinschaft
und von großer Nachdenklichkeit geprägt, wobei Unterschiede etwa hinsichtlich der
Frage des gemeinsamen Abendmahls oder des Kirchen- und Amtsverständnisses nicht ausgespart
wurden.
Dass unter den Teilnehmern viele Jugendliche und junge Erwachsene waren,
werten wir als ein erfreuliches Zeichen. Als eine zukunftsweisende Geste des Zweiten
Ökumenischen Kirchentags betrachten wir die feierliche Bekanntmachung der Einführung
eines jährlichen „Ökumenischen Tags der Schöpfung“, der in diesem Jahr erstmals mit
einer bundesweiten Veranstaltung am 1. Freitag im September begangen wurde. Für regionale
und lokale Veranstaltungen zum „Tag der Schöpfung“ ist der Zeitraum zwischen dem 1. September
und dem 4. Oktober vorgesehen.
6. Pastoral
Missionarisch Kirche
sein: Perspektiven für die Zukunft
Bereits bei der Frühjahrs-Vollversammlung
in Freiburg haben wir uns mit einer Auswertung des Projekts zu Fragen der missionarischen
Pastoral beschäftigt und dabei den Bericht „10 Jahre ‚Zeit zur Aussaat’ – Ergebnisse,
Projekte und Perspektiven für die Zukunft“ erörtert. Zu Jahresbeginn hatten wir die
neue „Katholische Arbeitsstelle für Missionarische Pastoral“ (KAMP) in Erfurt eröffnen
können. Sie ist sehr erfolgreich gestartet und ist unterdessen mit der Aufgabe betraut,
Initiativen missionarischer Pastoral miteinander zu vernetzen. Dazu gehören unter
anderem die Vorbereitung eines Symposiums zur Stärkung der Erwachsenenkatechese und
eine Tagung zur Qualifizierung und Begleitung ehrenamtlicher Katechetinnen und Katecheten
in den neuen Seelsorgebereichen. Doch erschöpft sich die missionarische Neuaufstellung
nicht in Einzelprojekten. Sie findet in einer Erneuerung der pastoralen Grundhaltungen
statt. Das verlangt auch eine Selbstevangelisierung der Glaubensverkünder und die
Vertiefung ihres eigenen Glaubens.
7. Liturgie
Ordo Missae –
Deutsche Übersetzung
Wir haben uns mit der deutschen Übersetzung des Messbuchs
(Ordo Missae) von 2002 befasst. Der Erzbischof von Köln, Joachim Kardinal Meisner,
hat uns als Präsident der Bischöflichen Kommission Ecclesia Celebrans, die neu erarbeitete
Übersetzung zur Beschlussfassung vorgelegt. Dabei sind wir der Auffassung, dass
das bisherige Deutsche Messbuch (2. Auflage) weithin den Anforderungen einer textgetreuen
Übersetzung entspricht, wie sie in der Vatikanischen Instruktion „Liturgiam authenticam“
gefordert wird. Es besitzt eine religiöse Sprache, die sich in der liturgischen Praxis
der letzten Jahrzehnte bewährt hat. Viele Texte sind Priestern und Gläubigen durch
den praktischen Vollzug vertraut. Dieser hohe Wert darf durch eine grundständig neue
Übersetzung nicht gefährdet werden. Die Rezeption des künftigen Messbuchs darf wegen
der Übersetzung einzelner Grundwörter oder der ohne inhaltliche Notwendigkeit erfolgenden
Ersetzung bisher guter deutscher Texte durch verfremdete Neufassungen nicht insgesamt
gefährdet werden. Die Deutsche Bischofskonferenz legt nun die neuen Messtexte den
römischen Behörden zur Zustimmung vor.
8. Gesellschaftliche und soziale
Fragen
Eckpunkte einer kirchlichen Positionierung zum geplanten Energiekonzept
der Bundesregierung
Wir haben uns angesichts der christlichen Verantwortung
für die Schöpfung bereits mehrfach mit der Dringlichkeit des Klimaschutzes und einer
damit erforderlichen Neuausrichtung des Umgangs mit Energie befasst. Die Bundesregierung
legt ein neues Energiekonzept vor. Mit einer Entscheidung für eine Nutzung bestimmter
Energiearten werden grundlegende Weichen gestellt. Die Frage nach einem Energiekonzept
ist auch eine nach globaler, intergenerationeller und ökologischer Gerechtigkeit,
nach Solidarität und Gemeinwohl. Wir sind der festen Überzeugung, dass ein neues Energiekonzept
vor allem angesichts der gegenwärtigen Umstrukturierungsmaßnahmen in den Kirchengemeinden
eine erneute Reflexion in den Diözesen und ihren Einrichtungen über den Umgang mit
Energie erforderlich macht.
Aus sozialethischer Sicht sind wir der Auffassung,
dass ein Energiekonzept folgende Aspekte berücksichtigen muss: Die Energiefrage ist
eine zentrale Frage der Zukunftsgestaltung mit ordnungspolitischer Bedeutung. Die
politischen Rahmenbedingungen für die Energieversorgung und –nutzung sind um des globalen
Gemeinwohls willen am Leitbild Nachhaltigkeit auszurichten. Die Klimaschutzziele (u.
a. Reduktion der Treibhausgase) müssen verbindlich festgelegt werden. Die fossile
Energienutzung soll unter Berücksichtigung der volkswirtschaftlichen Verträglichkeit
zunehmend reduziert und durch die Nutzung erneuerbarer Energien ergänzt werden. Grundsätzlich
sind kohlenstoffarme Technologien solchen mit schlechter CO2-Bilanz vorzuziehen. Allerdings
gilt auch hier: Die Nutzung erneuerbarer Energien ist nur zu vertreten, wenn die Kriterien
Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit global berücksichtigt werden. Ob die Kernenergie
dauerhaft für die Energieversorgung verwendet werden kann, ist zu bezweifeln.
Sparmaßnahmen
für den Bundeshaushalt – Bewertung aus sozialethischer Perspektive
Die
Bundesregierung steht bei ihren Sparbemühungen vor einer doppelten Herausforderung:
Mit Blick auf die kommenden Generationen und die Wahrung der Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit
des Staates steht sie unter dem enormen Druck, die rapide gestiegene Staatsverschuldung
einzugrenzen. Andererseits ist es auch ein Gebot der Generationengerechtigkeit, den
kommenden Generationen neben einer intakten Umwelt einen guten Bestand an Wissen,
Technik und Infrastruktur zu hinterlassen. Dazu bedarf es einer investiv ausgerichteten
Politik, etwa im Bereich von Bildung und Erziehung oder eines ökologischen Strukturwandels
von Wirtschaft und Gesellschaft. Der jetzt in Betracht gezogene Weg rigider Sparmaßnahmen
zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte steht – sieht man vom Abbau bürokratischer
Ineffizienzen ab – vor der besonderen Herausforderung, trotz sehr enger Spielräume
einen ausgrenzenden Sozialabbau zu vermeiden.
Das Sparpaket und die Notwendigkeit
zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes weist grundsätzlich in die richtige Richtung.
Endlich wird auf breiter politischer Ebene über eine Eingrenzung der Staatsverschuldung
diskutiert, deren Notwendigkeit seit längerer Zeit offen liegt. Die Bundesregierung
vollzieht damit einen Paradigmenwechsel und kommt nach den bisherigen Diskussionen
über Steuersenkungen endlich in der Realität an. Eine grundsätzliche Ablehnung der
Sparvorschläge ist völlig unverantwortlich.
Aus sozialethischer Sicht sind
jedoch einzelne Vorhaben kritisch zu bewerten:
Es ist im Hinblick
auf die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft und die Teilnahme am Erwerbsleben grundsätzlich
begrüßenswert, dass der Bildungsbereich aus den Sparmaßnahmen ausgeklammert wird und
die Ausgaben in diesem Bereich in den nächsten Jahren sogar erhöht werden sollen.
Da die Länder und Kommunen den größten Teil der Bildungsgesamtausgaben tätigen, ist
zu prüfen, welche Auswirkungen die Sparbeschlüsse mittel- und langfristig auf deren
Haushalte und damit auch auf den Bildungsbereich haben werden. Kritisch zu beurteilen
ist die Streichung des Elterngeldes für Hartz IV-Empfänger: Schon bei der Einführung
des Elterngeldes waren die einkommensschwachen Eltern die Verlierer. Obwohl sie schon
durch die verkürzte Bezugsdauer des Elterngeldes Nachteile hinnehmen mussten, wird
nun wiederum in erster Linie bei einkommensschwachen Familien gespart. Dieses Vorgehen
unterstreicht erneut, dass es sich beim Elterngeld um eine Lohnersatzleistung handelt
und nicht um eine Anerkennung der Leistungen, die Familien für die Gesellschaft erbringen.
Kritisch ist auch die Streichung des Beitrags zur Rentenversicherung für Hartz
IV-Empfänger zu sehen. Bisher werden ALG II-Empfänger von der Bundesagentur für Arbeit
renten-, kranken- und pflegeversichert. Die Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung
soll in Zukunft entfallen. Damit dürfte sich in Zukunft die Frage der Altersarmut
verschärfen.
Angesichts dieser Kritikpunkte ist die soziale Ausgewogenheit
der Sparvorschläge in Frage zu stellen. Insgesamt kann zwar nicht von einem sozialen
Kahlschlag gesprochen werden, dennoch wäre es sinnvoll und wünschenswert, auch im
Bereich der höheren Einkommen nach einer Beteiligung an der Schuldeneingrenzung zu
suchen. Dies würde vor allem die Einnahmenseite, also Steuern betreffen (Spitzensteuersatz,
Erbschaftssteuer, auch Subventionen). Bereits die von der Kommission VI veröffentlichte
Stellungnahme „Auf dem Weg aus der Krise“ hat darauf hingewiesen, dass verschiedene
Wege (Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen) zum Abbau der Staatsverschuldung eingeschlagen
werden müssen.
9. Erziehung und Schule
Eckpunkte für die Kirchliche
Ausbildung von Erzieherinnen und pädagogischen Fachkräften
Die Vollversammlung
hat sich mit der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern an den 80 kirchlichen
Fachschulen bzw. Fachakademien und den Katholischen Fachhochschulen befasst. Dazu
haben wir ein Eckpunktepapier verabschiedet, das sich vor allem an die für die Ausbildung
von Erzieherinnen und Erziehern Verantwortlichen in den Diözesen und in den kirchlichen
Verbänden richtet. Wir wollen an der grundständigen Ausbildung in den Fachschulen
bzw. Fachakademien festhalten, und wir befürworten zusätzlich die Einrichtung von
frühpädagogischen Studiengängen an den Katholischen Fachhochschulen, die die grundständige
Ausbildung voraussetzen. Außerdem empfehlen wir eine enge Kooperation von Fachschulen
und Fachhochschulen in der Aus- und Weiterbildung. Mit Blick auf die neuen beruflichen
Anforderungen und den voraussehbaren Fachkräftemangel wollen wir die Entwicklung berufsbegleitender
Aus- und Weiterbildungsangebote vorantreiben. Schließlich wollen wir die Ausbildung
in den kirchlichen Einrichtungen stärker religiös profilieren. Die Ausbildung an den
Fachschulen wie an den Fachhochschulen soll sich an den beruflichen Anforderungen
in katholischen Kindertageseinrichtungen orientieren. Diese Anforderungen haben wir
2008 in der Erklärung zum Bildungs- und Erziehungsauftrag katholischer Kindertageseinrichtungen
„Welt entdecken, Glauben leben“ dargelegt.
10. Wissenschaft und Kultur
Kirchliche
Anforderungen an die Religionslehrerausbildung
Die Vollversammlung hat
sich mit der Ausbildung der katholischen Religionslehrerinnen und –lehrer befasst
und „Kirchliche Anforderungen an die Religionslehrerbildung“ beschlossen. Damit wird
die Bedeutung unterstrichen, die die Aus- und Fortbildung der Religionslehrer für
die Qualität des Religionsunterrichts hat. Bereits im Jahr 2005 hatte die Deutsche
Bischofskonferenz in ihrer Erklärung „Der Religionsunterricht vor neuen Herausforderungen“
die zentralen Aufgaben und Ziele dieses Faches aufgezeigt, das nach wie vor die jungen
Menschen in ihrer großen Zahl erreicht. Die „Kirchlichen Anforderungen“ klären nun
verbindlich, welche Kompetenzen die Religionslehrerinnen und –lehrer im Rahmen der
Aus- und Fortbildung erwerben und weiterentwickeln müssen, damit sie den Unterricht
entsprechend gestalten können. Angesprochen werden alle Phasen vom Studium über den
Vorbereitungsdienst bis zur Fortbildung. Besonderes Gewicht hat freilich die Studienphase,
für die sowohl die verbindlichen Studieninhalte als auch die notwendigen Kompetenzen
in ihrem inneren Zusammenhang dargelegt werden.
Die neuen „Kirchliche Anforderungen
an die Religionslehrerbildung“ bedürfen noch der Zustimmung des Heiligen Stuhls, um
dann bei der Erarbeitung, Genehmigung und Akkreditierung neuer Studiengänge verbindlich
zu sein. Sie lösen die entsprechenden Vorgaben aus dem Jahr 2003 ab, die zur Überarbeitung
anstanden. Da im Bereich der Katholischen Theologie neben den Lehramtsstudiengängen
und dem Theologischen Vollstudium zunehmend auch andere Studienangebote entstehen,
hat die Vollversammlung ergänzend zu den „Kirchlichen Anforderungen“ Kriterien genannt,
die bei allen Studiengängen mit Katholischer Theologie/Religion als Haupt- oder Nebenfach
zu erfüllen sind. Hierzu gehören insbesondere eine gute Theologische Grundlegung,
der pädagogische Grundsatz des aufbauenden Lernens, die Benennung konkreter Studieninhalte
und Lernziele sowie eine Klärung der Sprachanforderungen.
Rahmenordnung
für die berufsqualifizierenden Studiengänge in Kirchenmusik
Zur Überführung
der bisherigen kirchenmusikalischen Diplomstudiengänge in das zweistufige Abschlusssystem
des Bolognaprozesses haben wir in Abstimmung mit der „Konferenz der Leiterinnen und
Leiter der Ausbildungsstätten für Katholische Kirchenmusik in Deutschland“ eine „Rahmenordnung
für die berufsqualifizierenden Studiengänge in Kirchenmusik“ beschlossen. Dabei wurde
nicht nur die Studienstruktur reorganisiert, sondern auch eine Anpassung an das veränderte
Berufsbild des hauptberuflichen Kirchenmusikers vorgenommen: Die Bischöfe wünschen
sich eine Kirchenmusik, die aus der Mitte kirchlichen Handelns kommt und in diese
Mitte hineinwirkt. Wer in der Kirchengemeinde musikalisch aktiv ist, übt einen missionarischen
Dienst aus, der sich nicht nur auf den Gottesdienst, sondern auch auf das übrige Leben
im Gemeinde-Umfeld erstrecken soll. So ist zum Beispiel das kirchliche Musizieren
oft die einzige Verbindung zur wachsenden Gruppe von Kindern und Jugendlichen, die
religiös nicht mehr sozialisiert sind. Für das berufsqualifizierende Kirchenmusik-Studium
bedeutet dies neben der fundierten Einübung praktischer Fertigkeit in den Instrumental-,
Vokal- und Ensembleleitungsfächern und dem Studium der theoretischen Grundlagen der
Kirchenmusik eine ebenso qualifizierte Aneignung theologischen Grundwissens.
Kirchliche
Förderung für ausländische Studierenden
Die katholische Kirche hat im
vergangenen Jahr rund sechs Millionen Euro an Stipendien und Studienbeihilfen für
ausländische Studierende und Wissenschaftler in Deutschland vergeben. In besonderer
Weise wirkt hier das zentrale Förderwerk der katholischen Kirche, der Katholische
Akademische Austauschdienst (KAAD). Hinzu kommen die Hilfswerke Adveniat, Missio,
Renovabis, das Stipendienwerk Lateinamerika-Deutschland und verschiedene Ordensgemeinschaften,
die Studierende unterstützen. Auch die Katholischen Hochschulgemeinden spielen nach
wie vor eine entscheidende Rolle: Insgesamt wurden über die deutschen Diözesen in
2009 zusätzlich rund 1,3 Millionen Euro an Studienbeihilfen für ausländische Studierende
vergeben. Die Vollversammlung sieht in dieser umfassenden Förderung einen spezifischen
Beitrag weltkirchlichen Engagements. Wir haben in unseren Beratungen dankbar zur Kenntnis
genommen, dass die Förderung seit der letzten Erhebung (2005) in Umfang, Niveau und
partnerschaftlicher Ausrichtung fortgeführt und weiterentwickelt werden konnte. Angesichts
der hohen Zahl ausländischer Studierender als zukünftige Partner sind auch in Zukunft
besondere Anstrengungen erforderlich, um diese Arbeit in der gebotenen Kontinuität
fortsetzen zu können.
11. Weltkirche
Kommissionsbericht Justitia
et Pax
Auf der Vollversammlung haben wir den Jahresbericht der Deutschen
Kommission Justitia et Pax entgegen genommen. Wiederum hat die Kommission entwicklungs-,
friedens- und menschenrechtspolitische Fragen bearbeitet und darüber das Gespräch
mit Verantwortlichen aus Bundesregierung und Bundestag gesucht. Gegenstand des politischen
Dialogs war dabei auch die Enzyklika „Caritas in veritate“, deren orientierende Kraft
von Vertretern aller politischen Parteien anerkannt wurde. Der Vorsitzende von Justitia
et Pax, Bischof Dr. Stefan Ackermann, hob die ökumenische Zusammenarbeit in der Gemeinsamen
Konferenz Kirche und Entwicklung hervor, deren jährliche Beiträge zur Rüstungsexportpolitik
und zu entwicklungspolitischen Strategien einer kohärenten Armutsbekämpfung in Medien
und Politik wachsendes Interesse finden. Aus Anlass des 10. Jahrestages der Veröffentlichung
des Bischöflichen Wortes „Gerechter Friede“ bereitet die Deutsche Kommission Justitia
et Pax einen internationalen „Friedenspolitischen Kongress“ (Berlin, 25.-27. November
2010) vor, an dem auch der Präsident des Päpstlichen Rates Justitia et Pax, Peter
Kardinal Turkson, teilnehmen wird.
Religious Leader’s Summit
Vom
21. bis 23. Juni 2010 hat im kanadischen Winnipeg der „Religious Leader’s Summit 2010“
stattgefunden. Wie in den letzten fünf Jahren wurde dabei unmittelbar vor einem G-8-
bzw. G-20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs eine gemeinsame Erklärung der Religionsvertreter
zu drängenden entwicklungspolitischen Herausforderungen verabschiedet. Für die Deutsche
Bischofskonferenz nahm Weihbischof Dr. Johannes Bündgens (Aachen) teil. In der Erklärung
fordern die Religionsvertreter die Regierungschefs u. a. auf, die dringenden Bedürfnisse
der Armen zu thematisieren und strukturelle Veränderungen einzuleiten, damit die wachsende
Lücke zwischen Reich und Arm geschlossen werden kann. Ferner soll die ökologische
Nachhaltigkeit vorrangig behandelt werden, um das bedrohliche Fortschreiten des Klimawandels
zu stoppen. Wir sind zu der Überzeugung gekommen, im Vorfeld des nächsten Gipfels
(Juni 2011 in Frankreich) die Beteiligung an der Vorbereitung dieser interreligiösen
Konferenz mit besonderem Nachdruck zu versehen.
12. Ehe und Familie
Kommissionsbericht
Die
Vollversammlung hat sich ausführlich mit dem Jahresbericht der Kommission für Ehe
und Familie befasst, den uns der Vorsitzende der Kommission, Georg Kardinal Sterzinsky,
gab. Es ging zunächst um die Frage, wie der Umfang und die Qualität der kirchlichen
Eheberatung gesichert werden können. Die Eheberatung ist ein Angebot der Kirche, das
sie nahezu vollständig aus eigenen Mitteln finanzieren muss.
Der aktuelle Stand
in Bezug auf die Rechte und den Schutz von Kindern war ein weiteres Thema des Berichts.
Im Blick auf die konkrete Verbesserung des Schutzes von Kindern und ihren Rechten
ergeben sich zahlreiche Ansatzpunkte, die für Staat, Gesellschaft und insbesondere
auch die Kirche eine bedeutende Herausforderung darstellen. Hier sind beispielsweise
der Einsatz für eine hohe Qualität der frühkindlichen Betreuung und Erziehung, die
weitere Vernetzung früher Hilfen oder das Bemühen um die Sensibilisierung der Gesamtgesellschaft
für die Bedürfnisse der Kinder zu nennen. Ferner gibt der Bericht Einblick in die
Diskussionen der Kommission über die Frage einer künftigen Neugestaltung des Sorgerechts
bei unverheirateten Eltern und einer Stellungnahme des Deutschen Ethikrates zum Themenkomplex
„Babyklappen“ bzw. anonyme und vertrauliche Geburt nachgegangen sind. Angesichts einer
steigenden Zahl von Eheschließungen zwischen Katholiken und Ehepartnern ohne Konfession
hat Kardinal Sterzinsky auf die Bedeutung geeigneter Kurse für die Ehevorbereitung
und –begleitung dieser Paare hingewiesen. Gerade im Hinblick auf die Ehe- und Familienseelsorge
wurde nochmals das Anliegen betont, die Problematik des sexuellen Missbrauchs im Bereich
der Kirche nachhaltig aufzuarbeiten.
13. Caritative Fragen
Herausforderungen
für die Zukunft der Pflege
Die Kommissionen für caritative Fragen sowie
für gesellschaftliche und soziale Fragen haben uns über den Stand der Arbeiten an
einem Wort zu den Herausforderungen für die Zukunft der Pflege informiert. Der Text
soll sich vorrangig an die Verantwortlichen für die Organisation und Durchführung
von Pflege in Staat und Öffentlichkeit richten. Er wird die zentralen Optionen des
christlichen Menschenbildes darstellen und die Folgerungen daraus für die Pflege aufzeigen.
Beim
Studientag der Frühjahrs-Vollversammlung in diesem Jahr haben wir uns ausführlich
mit den Herausforderungen der alternden Gesellschaft für die Kirche beschäftigt. Im
Bereich der Pflege ist heute bereits erkennbar, dass längere Lebenserwartung und geringe
Geburtenzahlen zu einem höheren Altersdurchschnitt der Bevölkerung und einem höheren
Anteil an pflegebedürftigen Menschen führen werden. Hinzu kommt die Aufgabe, die Situation
der Pflegebedürftigkeit als eine menschliche und gesellschaftliche Realität anzuerkennen
und eine angemessene Einstellung zu entwickeln. Unsere Gesellschaft hat einen vergleichsweise
hohen Standard bei der Versorgung von Pflegebedürftigen erreicht. Dieses erfreuliche
Niveau gilt es zu halten und weiterzuentwickeln. Als Kirche stehen wir in der Verantwortung,
uns den drängenden Fragen zu stellen und bei der Suche nach guten Lösungen mitzuwirken.
Das Wort zu den Herausforderungen für die Zukunft der Pflege wird uns bei der Frühjahrs-Vollversammlung
2011 vorliegen.
14. Personalien
Bischöfliche Mitgliedschaften
in Kommissionen und weiteren Gremien (alle Berufungen gelten für die laufende Amtsperiode
bis zur Herbst-Vollversammlung 2011)
Bischof Wilhelm
Schraml (Passau) wird stellvertretender Vorsitzender der Liturgiekommission (V). Bischof
Dr. Gregor Maria Hanke OSB (Eichstätt) wird Mitglied der Liturgiekommission (V). Weihbischof
Wolfgang Bischof (München-Freising) wird Mitglied der Pastoralkommission (III) und
der Jugendkommission (XII). Weihbischof Dieter Geerlings (Münster) wird Mitglied
der Caritaskommission (XIII) und der Migrationskommission (XIV). Weihbischof Dr.
Christoph Hegge (Münster) wird Mitglied der Kommission Wissenschaft und Kultur (VII)
und der Publizistischen Kommission (IX). Weihbischof Wilfried Theising (Münster)
wird Mitglied der Kommission für Ehe und Familie (XI) und der Deutschen Kommission
Justitia et Pax. Weihbischof Ulrich Boom (Würzburg) wird Mitglied in der Gemeinsamen
Konferenz von Deutscher Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken.
Weihbischof Rainer Klug (Freiburg) wird Mitglied der Koordinierungskonferenz zwischen
der Deutschen Bischofskonferenz und der Deutschen Ordensobernkonferenz.
Weitere
Personalien
Don Pio Visentin SDB (Mainz) wird erneut
zum Delegaten für die Katholiken italienischer Sprache in Deutschland berufen. Die
fünfjährige Amtszeit dauert bis zum Jahr 2015. Pfarrer Dietmar Heeg (Frankfurt)
wird erneut zum Beauftragten der Deutschen Bischofskonferenz beim Fernsehsender RTL
berufen. Die dreijährige Amtszeit dauert bis zum Jahr 2013. Dr. Silvia Becker
(Düsseldorf) wird erneut zur Senderbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz für
Deutschlandradio und Deutsche Welle berufen. Die dreijährige Amtszeit dauert bis zum
Jahr 2013. Pfarrer Lutz Nehk (Berlin) wird erneut zum stellvertretenden Sendebeauftragten
der Deutschen Bischofskonferenz für Deutschlandradio Kultur und Deutsche Welle-TV
mit Sitz in Berlin berufen. Die dreijährige Amtszeit dauert bis zum Jahr 2013.
15.
Weitere Themen über die Beratungen der Vollversammlung hinaus
Ich gehe noch
auf zwei Themen ein, die nicht Gegenstand der Beratungen der Vollversammlung der Deutschen
Bischofskonferenz waren, wohl aber von nicht unerheblicher Bedeutung sind.
Rheinischer
Merkur
Vor der Vollversammlung haben sich die Gesellschafter des Rheinischen
Merkur am Montag getroffen und die Entscheidung gefällt, die Wochenzeitung in der
bisherigen Form nicht weiterzuführen. Ausschlaggebend sind dafür ökonomische Gründe.
Wegen des erheblichen Zuschussvolumens der Gesellschafter und der gesunkenen Abonnentenzahl
sahen sich die Gesellschafter gezwungen, ein neues Konzept zu realisieren, das sie
mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ eingehen werden. Wir sind den engagierten Redakteuren,
Verlagsmitarbeitern und den Herausgebern für die geleistete Arbeit außerordentlich
dankbar. Der Rheinische Merkur hat breite publizistische Wirkung erzielt und besitzt
bis heute im säkularen und kirchlichen Raum ein großes Renommee. Die Zusammenarbeit
mit der „Zeit“ wurde gewählt, um den publizistischen Markenkern des Rheinischen Merkur
fortzuführen, der in der Debatte rund um das Thema Religion und gesellschaftspolitische
Diskurse aus der Sicht eines christlichen Menschenbildes besteht. Die Kooperation
mit der „Zeit“ ermöglicht den Verzicht auf Zuschüsse aus Kirchensteuermitteln. Die
Auflösung der bisherigen Erscheinungsweise bedeutet nicht den Rückzug der Kirche aus
der Publizistik oder aus dem gesellschaftlichen Diskurs. Auch hier möchte ich wiederholen,
was wir am Dienstag bereits in einer Erklärung gesagt haben: Zu unseren Medienkonzentrationen
gehört insbesondere ein Ausbau des bisherigen Internetengagements, weitere Investitionen
in die Ausbildung junger Menschen beim Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses
und die Stärkung unserer Katholischen Nachrichtenagentur.
Urteil des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte
Das gestrige Urteil des Europäischen Gerichtshofs
für Menschenrechte haben wir zur Kenntnis genommen. Der Bischof von Essen, Dr. Franz-Josef
Overbeck, hat sich dazu bereits geäußert. Ich mache mir seine Auffassung zu eigen:
Mit dem Urteil der Straßburger Richter ist über einen Einzelfall entschieden worden.
Es ist der richtige Weg, dass das Bistum Essen zunächst abwartet, bis die Entscheidungsgründe
auch in deutscher Übersetzung vorliegen. Danach sollen die Entscheidungsgründe des
Gerichts und daraus zu ziehende Konsequenzen sorgfältig geprüft und analysiert werden.
Wir können jetzt noch nicht sagen, welche möglichen Schritte unternommen werden. Lassen
Sie mich unterstreichen: Wir haben mit der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im
Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse eine klare rechtliche Regelung geschaffen,
die die Rechte und Pflichten allen bei der Kirche Beschäftigten niederlegt. Zur Wahrung
der Dienstgemeinschaft, die die Besonderheit des kirchlichen Dienstes kennzeichnet
und von vielen geschätzt wird, gehören Loyalitätspflichten gegenüber der Kirche als
Arbeitgeber. Sollten sie verletzt werden, sieht die Grundordnung ein differenziertes
System der Reaktionen vor, die unter der Anforderung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
stehen.“