Vatikan/UNO: "Man muss sehen, wohin die Gelder genau gehen"
Der Heilige Stuhl
warnt vor falschen Wegen bei der Gesundheitsversorgung für Frauen und Kinder in Entwicklungsländern.
Am Mittwoch hatte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon beim UN-Gipfel zur Armutsbekämpfung
in New York mitgeteilt, dass die Staatengemeinschaft die Rekordsumme von 40 Milliarden
Dollar – also rund 30 Milliarden Euro – aufwenden will, um Frauen und Kindern eine
bessere gesundheitliche Versorgung zu sichern. Dass die UNO zu diesem Zweck derart
viel Geld fließen lassen möchte, bekundet ein „verändertes Bewusstsein“ der internationalen
Gemeinschaft, das Problem Armut und Gesundheit anzugehen, lobte im Gespräch mit uns
die Untersekretärin des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, Flaminia
Giovanelli.
„Zweifellos positiv ist, dass man die Dringlichkeit dieser
Aufgabe hervorhebt. Man muss aber sehen, wie dieses Anliegen „Verbesserung der Gesundheit“
übersetzt wird. Denn das fünfte Millenniumsziel, auf das diese Summe zielt, spricht
von der Besserung der Gesundheitsversorgung der Mütter. Sie sollen bis 2015 weltweit
Zugang zu Systemen der Reproduktionsgesundheit haben. Nun wissen wir aber, was hinter
diesen Fachausdrücken steckt. Die Tendenz ist, im Tausch gegen diese Hilfsgelder die
Zahl der Geburten zu reduzieren. Wie Kardinal Peter Turkson am Montag vor dem Gipfel
sagte: Habt keine Angst vor den Armen. Armut kann man nicht beseitigen, indem man
die Armen beseitigt.“ Einige westliche Staats- und Regierungschefs, darunter
die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, haben die Entwicklungsländer dazu gemahnt, mit
Geldern zur Entwicklungshilfe gut umzugehen. Ein legitimer Appell, findet die „Nummer
drei“ des päpstlichen „Ministeriums für Entwicklungshilfe“: „Das heißt, an
das Prinzip Verantwortung zu appellieren. Eines der grundlegenden Prinzipien für jeden,
der regiert. In der Tat beobachten wir in armen Ländern oft schlechte Regierungsführung.
Ich nenne ein neu sich ergebendes Problem: Riesige Grundstücke in ärmeren Ländern,
die an andere Staaten, an Konzerne oder Private verkauft werden. Die Regierenden lassen
das zu, weil die ausländischen Industrien mit dem Kaufpreis dazu beitragen, die Bilanz
aufzufetten. Aber es handelt sich gleichzeitig um eine Verarmung des Landes, ein Abgang
an Rohstoffen, an landwirtschaftlicher Nutzfläche. Wir haben es hier mit einer Art
neuer Kolonialisierung zu tun. Das wäre eine Aufgabe, in der die Verantwortung der
Regierenden eine größere Rolle spielen müsste.“ (rv 23.09.2010 gs)