2010-09-21 13:19:57

Österreich: Orthodoxe ringen um innerkirchliche Strukturfragen


RealAudioMP3 In Wien ringen seit Montag die Mitglieder der katholisch-orthodoxen Dialogkommission auf ihrer nunmehr bereits zwölften Vollversammlung über ein gemeinsames Verständnis des Papstamtes, wie es im ersten Jahrtausend vorhanden war. Die vorangegangenen Vollversammlungen zeigten, dass ein nachhaltiger Erfolg der Beratungen nicht zuletzt davon abhängen wird, ob es der Orthodoxie gelingt, innerkirchliche Probleme und Strukturfragen zu lösen. Dazu zählen die Stellung des Ökumenischen Patriarchen innerhalb der Orthodoxie sowie damit verbundene Fragen der orthodoxen Kirchenstrukturen.

Der russisch-orthodoxe Bischof Hilarion – er ist inzwischen Leiter des Außenamtes des Moskauer Patriarchats – hatte schon bei der Vollversammlung 2006 in Belgrad mit einer Attacke gegen den Patriarchen von Konstantinopel für Unmut gesorgt. 2007 hatte er schließlich am zweiten Tag mit dem Rest der russisch-orthodoxen Delegation die Vollversammlung in Ravenna verlassen. Damit protestierte man gegen die Teilnahme der „Estnischen Apostolischen Kirche“ an den Beratungen. Diese wird von der Russisch-Orthodoxen Kirche nicht anerkannt. Die Spannungen rund um die „Estnische Apostolische Kirche“ verdeutlichen das Kernproblem der Orthodoxie: Aufgrund der gesellschaftspolitischen Umwälzungen des 19. und vor allem 20. Jahrhunderts mit der Entstehung neuer Staaten und großen Migrationsbewegungen sieht sich die orthodoxe Kirche gezwungen, ihre traditionelle jurisdiktionelle Einteilung zu reformieren.

Auch ohne russisch-orthodoxe Unterschrift verabschiedeten die orthodoxen und katholischen Delegierten in Ravenna schließlich am 13. Oktober 2007 das öffentlich viel beachtete „Ravenna-Dokument“. Darin stimmten beide Seiten überein, dass Rom in der Ordnung der ungeteilten Kirche des ersten Jahrtausends „die erste Stellung einnahm und dass der Bischof von Rom deshalb der Erste unter den Patriarchen war“. Inhaltlich kritisierte Hilarion später am Ravenna-Papier die Bemerkung, wonach die Kirchen des Ostens nach dem Schisma von 1054 ihre Konzilien „in Gemeinschaft mit dem Sitz von Konstantinopel“ einberufen hätten. Das stilisiere den Ökumenischen Patriarchen auf inakzeptable Weise zu einem „Papst des Ostens“, so die Argumentation der Russisch-Orthodoxen Kirche. Konstantinopel wies diesen Vorwurf umgehend zurück. Die Patriarchen oder Erzbischöfe der einzelnen orthodoxen Kirchen stehen nicht unter der Jurisdiktion des Ökumenischen Patriarchen.

Das Ziel der Konferenz in Wien ist es also, das Verhältnis von päpstlicher Vorrangstellung und der Selbständigkeit der einzelnen Teilkirchen, wie dies im ersten Jahrtausend in Theorie und Praxis verwirklicht war, zu ergründen. Von einem solchen Befund erhoffen sich beide Seiten eine Grundlage, auf der Perspektiven für ein zukünftiges Primatsmodell entwickeln könnten, das für die katholische wie orthodoxe Kirche akzeptabel ist. Doch bis dahin scheint es noch ein weiter Weg zu sein, den die Kirchen überdies erst seit der Vollversammlung von Ravenna mit einem gewissen Elan in Angriff genommen haben. Dazu sagt der Vorsitzende der Wiener Diözesankommission für ökumenische Fragen, Rudolf Prokschi:

„Die sichtbare Einheit, die sich ausdrückt in dem gemeinsamen Abendmahl, muss unser Ziel sein. Da spüre ich immer deutlicher, dass man kritisch diese starre Haltung von Seiten der Orthodoxie aber auch von Seiten der katholischen Kirche hinterfragen muss. Wir können jetzt nur eines sagen: wir sind noch nicht so weit. Für mich ist die Frage, wann wird man auf diese Aussage genügend antworten können.“

(kap 21.09.2010 mg)








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