2010-09-20 12:08:00

Seliger Gerhard Hirschfelder – ein Mann gegen den Strom


RealAudioMP3 Wohl kein anderes Jahrhundert hat so viele Märtyrer erlebt wie das Zwanzigste. Unter der Barbarei der Nationalsozialisten wurde Widerstand mit dem Tode bestraft. Einer von ihnen war Gerhard Hirschfelder (1907-1942). Er wurde am Sonntag in Münster selig gesprochen. Der neue Selige steht für viele christliche Frauen und Männer, die tapfer gegen den Strom schwammen.

Allein 12.000 katholische Priester gerieten während der Nazi-Zeit in Konflikt mit dem NS-Regime. Viele nahmen für ihren Glauben Folter und Tod auf sich. Der aus der schlesischen Grafschaft Glatz stammende Kaplan Gerhard Hirschfelder habe Zivilcourage und Tapferkeit bewiesen. Das sagte in seiner Predigt zur Seligsprechungsfeier der Kölner Kardinal Joachim Meisner. Für die vertriebenen Schlesier aus der Grafschaft Glatz bedeute die Seligsprechung zugleich eine Anerkennung ihrer auch im Münsterland sichtbaren Heimat- und Kirchentreue. Längst seien neue Verbindungen nach Polen und Tschechien gewachsen. Der Glaube verbinde und versöhne die Völker, so Meisner


Schwieriges Seelsorgefeld
Nach den Worten Meisners sei Hirschfelder in der Hitlerzeit ein äußert schwieriges Seelsorgefeld zugewiesen worden. Er war für die Jugendseelsorge in der schlesischen Grafschaft Glatz zuständig. Damals gehörte die Grafschaft zum Erzbistum Prag. Die von der NS-Ideologie bedrängten jungen Menschen hätte ihn alle Vorsicht und Angst gegenüber den Machthabern vergessen lassen. Von Hirschfelder stammt der nazi-kritische Satz: „Wer der Jugend den Glauben aus dem Herzen reißt, ist ein Verbrecher.“ Damit habe sich Hirschfelder „im Totaleinsatz“ vor die Jugend gestellt und damit sei er „wirklich ein Zeuge des Evangeliums“, betonte der Kardinal.


Verehrung in Münster
Hirschfelder wird in Münster besonders verehrt, weil die Stadt Sitz der Apostolischen Visitatur für die Katholiken der Grafschaft Glatz ist. Sie hatten 1998 den Seligsprechungsprozess für den Priester beantragt. Das Bistum Münster übernahm die Führung des Verfahrens. Konzelebranten in dem Gottesdienst waren unter anderen Münsters Bischof Felix Genn, Bischof Ignacy Dec aus dem polnischen Swidnica (Schweidnitz) und der Prager Erzbischof Dominik Duka. In einem „Wort zur Seligsprechung“ würdigte Genn Hirschfelder als „Hoffnungsträger“ und „Brückenbauer zwischen Deutschen, Polen und Tschechen“. Duka nannte ihn im Interview der münsterischen Bistumszeitung „Kirche und Leben“ eine „beeindruckende charismatische Persönlichkeit“ und einen „mutigen Kämpfer für die Freiheit“.

 
Wer war Gerhard Hirschfelder?
Als Sohn einer alleinstehenden Mutter wird Hirschfelder 1907 in Glatz, dem heutigen polnischen Klodzko, geboren. Es belastet ihn zeitlebens schwer, unehelich und ohne Vater aufgewachsen zu sein. Dennoch wird dem späteren Kaplan „ein fröhliches Naturell, eine offene Herzlichkeit und eine überaus große Freundlichkeit“ nachgesagt. Hirschfelder wird 1932 in Breslau zum Priester geweiht, ein Jahr später übernimmt Hitler die Macht in Deutschland.

Für Hirschfelder beginnt eine schwere Zeit. Seine Veranstaltungen überschneiden sich zum Teil mit denen der nationalsozialistischen Jugendarbeit. Dem Priester gelingt es dennoch, junge Christen an sich zu binden und sie von der Hitlerjugend fernzuhalten. Der Staatsmacht ist der Geistliche damit ein Dorn im Auge. Seine Predigten werden bespitzelt, Gruppenstunden mit Jugendlichen überwacht, die Wohnung durchsucht. Um den Priester der Kontrolle der Nazis zu entziehen, versetzt ihn der Generalvikar der Grafschaft Glatz 1939 schließlich nach Habelschwerdt, das heutige Bystrzyca Klodzka in Polen.

Wegen seines guten Drahtes zu jungen Menschen wird Hirschfelder aber wenige Monate später zum Diözesanjugendseelsorger ernannt - und gerät damit erneut ins Blickfeld der Nazis. 1941 wird der Kaplan schließlich verhaftet und im gleichen Jahr in das Konzentrationslager nach Dachau überführt. Dort stirbt er 1942 völlig entkräftet im Alter von 35 Jahren. Seine Urne wird in Tscherbeney, dem heutigen polnischen Ort Czermna nahe der tschechischen Grenze, beigesetzt. Dort hatte Hirschfelder sieben Jahre lang als Geistlicher gewirkt.

Für seinen Einsatz als überzeugter Widerstandskämpfer wird Hirschfelder bis heute von Deutschen, Polen und Tschechen gleichermaßen verehrt. Für die Seligsprechung sind in den drei Ländern rund 10.000 Unterschriften gesammelt worden. Viele sehen in Hirschfelder einen „Brückenbauer“ zwischen den Nationen.

(rv/domradio/kna 20.09.2010 mg)







All the contents on this site are copyrighted ©.