Im von Überschwemmungen
gebeutelten Pakistan reißt die Serie von Anschlägen religiöser Extremisten nicht ab:
Mindestens 19 Personen wurden in der nordwestlichen Stadt Lakki Marwat am Montag durch
eine Autobombe getötet, 45 wurden verletzt. Zu der Bluttat bekannten sich die radikal-islamischen
Taliban. Schon in der vergangenen Woche waren in Lahore und Quetta bei Anschlägen
auf schiitische Muslime fast 100 Personen ums Leben gekommen. Die ohnehin schon bedrängten
Menschen kämen mit den Attacken vom Regen in die Traufe, meint der in Quetta lebende
Salesianerpater Don Peter Zago im Gespräch mit uns. „Die Gegend
um Quetta ist hoch gelegen und wurde deshalb zum Zufluchtsort vieler Familien, die
vor den Überschwemmungen aus Sindh und Punjab hierhin geflüchtet sind. Sie legten
etwa 300 bis 400 Kilometer mit Lastwagen zurück, um hier zwei, drei Monate in Sicherheit
zu verbringen, denn hier greift noch die Hilfe der Regierung im Vergleich zu den überschwemmten
Gebieten.“
Die Hilfen der Regierung für die Flutopfer
seien in dieser Region jedoch dürftig, führt der Pater weiter aus. Nichtregierungs-
und Hilfsorganisationen müssten mit Essens- und Wasserversorgung zusteuern. Aus anderen
Landesteilen war zuletzt auch berichtet worden, dass Christen bei Verteilung der Hilfsgüter
vernachlässigt worden seien. Außerdem verlangten Lastwagenfahrer von den flüchtenden
Menschen oft unangemessen hohe Summen für einen Transport. Noch schlimmer sei es in
Gebieten, die mit Autos gar nicht mehr zu erreichen seien. Don Zago: „Vor
allem in den noch isolierten und verlassenen nördlichen Landesteilen erreicht die
Regierung die Menschen nur schwer. In diesen Zonen gibt es keine Brücken mehr und
die Straßen sind zerstört, so dass viele Dörfer noch ohne Hilfe sind. Die Zahl der
Toten könnte auch auf 25.000 oder 30.000 steigen… Jetzt ist offiziell von 18.000 die
Rede.“ Die Anschläge seien die schlimmsten in der Geschichte des
Landes, so der Pater: „So heftige Anschläge gegen die Schiiten hatten
wir noch nie. El Kaida gibt den Schiiten die Schuld für das Chaos im Land und nutzt
den Moment, um die lokale Regierung zu diskreditieren. Die Terrororganisation übernimmt
Verantwortung für die Anschläge, ohne aber echtes Interesse daran zu zeigen, den Notleidenden
zu helfen. Und das passiert in allen Städten, in Lahore letzte Woche, in Quetta und
jetzt in Lakki Marwat.“ Die Salesianer versuchen die Lokalbevölkerung
mit Lebensmitteln zu unterstützen. Erst in der letzten Woche sei eine Finanzspritze
von 100.000 Euro aus Deutschland angekommen: „Wir geben Mehl und
Öl zum Chapati-Backen, so nennt sich hier das Brot, und wir verteilen auch Zucker.
Aus unserem Brunnen liefern wir Wasser. Wir Salesianer sind ganz gut organisiert.
Jede Niederlassung hat eigene Hilfsprogramme. Die Hilfen, die ankommen, werden entweder
zu uns nach Quetta oder zu Don Miguel nach Lahore gesendet. Diese beiden Gemeinschaften
sind also sehr engagiert, und wir arbeiten auch mit vielen Moslems zusammen. Das sind
einfache Leute, die sehr offen gegenüber uns Christen sind. „Viva Don Bosco“ rufen
sie, wenn wir zu ihnen kommen.“ Die italienische Caritas hat unterdessen
in Zusammenarbeit mit Caritas Pakistan ein neues Hilfsprogramm für die Flutopfer gestartet.
360.000 Personen sollen damit für sechs Monate versorgt werden. Mit einer Summe von
10,6 Millionen Euro sollen den Menschen Essen, Notunterkünfte und Medikamente bereitgestellt
werden. In Deutschland wurden am Wochenende bei Kollekten in den Kirchengemeinden
Spendengelder für die Flutopfer gesammelt; zu der Aktion hatten die deutschen Bischöfe
aufgerufen. (rv/pm 07.09.2010 pr)