2010-09-01 16:58:37

Vatikan: Wissenschaftliche Tage in Castelgandolfo


RealAudioMP3 Am vergangenen Sonntag ist in Castelgandolfo das Treffen des Schülerkreises von Professor Ratzinger zu Ende gegangen. Zu diesem wissenschaftlichen Austausch treffen sich jährlich die Promoventen und Studenten des heutigen Papstes. Aber seit kurzem nicht nur die: der Schülerkreis wächst. Die Organisatoren laden junge Wissenschaftler, die selber nie bei Professor Ratzinger studiert haben, dazu. Stefan Ahrens ist einer der „Neuen“ im Schülerkreis. Und er ist ein ganz besonderer Wissenschaftler, denn er ist der einzige Nicht-Theologe im Kreis. Ahrens promoviert zurzeit in Politikwissenschaft an der Universität Kiel. Sein Thema: „Leo Strauss und Joseph Ratzinger – Gegner des modernen politischen Denkens?“

„Ratzinger ist ein Denker, der sich als Bewahrer des Glaubens verstanden hat. Seine Auseinandersetzung mit der Moderne ist eine Auseinandersetzung, die vor allem im philosophischen Bereich stattgefunden hat. Schon zur Zeiten seines Studiums hat er sich mit dem existenzialistischen Denken beschäftigt, etwa mit Denkern wie Heidegger, Sartre oder Camus. Er wollte verstehen, wie sich das moderne Denken auswirkt und wie die Befindlichkeit des modernen Menschen ist. Die ist seiner Meinung nach sehr stark ausgedrückt in diesem existenzialistischen Denken und ab den 60er Jahren auch im marxistischen Denken. Es ist eine Auseinandersetzung gewesen, um zum einen zu verstehen, was das moderne Denken selber ist, und auch natürlich die Frage, wie die Kirche und der christliche Glaube auf dieses Denken reagieren kann.“

Bekannt aus der Theologie Ratzingers und auch aus den Reden des Papstes Benedikt XVI. ist das Schlagwort der „Diktatur des Relativismus“, das in dieser Beschäftigung mit der Moderne verankert ist.

„Es gibt im modernen Denken eine Tendenz, die darauf hinausläuft, dass wir uns nicht mehr trauen, von Wahrheit zu sprechen. Das wir uns nicht mehr trauen, Dinge auszusprechen, die immer weiter zerredet werden. Es ist für ihn besorgniserregend, wie sich bestimmte Tendenzen der Moderne immer weiter herausbilden und immer weiter radikalisieren.“

Wie kommt aber nun ein junger Politikwissenschaftler in den erweiterten Schülerkreis? Ahrens selber war überrascht, an dem Treffen teilnehmen zu dürfen. Er hatte das Exposé seiner Arbeit an die Papst Benedikt Stiftung geschickt und sein Projekt und auch das Interesse der Politikwissenschaft am Denken und der Theologie Ratzingers geschildert. Nach einem Gespräch kam dann recht spontan die Einladung, an dem Kreis teilzunehmen.

„Diesen neuen Schülerkreis gibt es erst seit zwei bis drei Jahren. Normalerweise ist es so, dass in diesem Schülerkreis frühere Promoventen und Habilitanten des Papstes, als dieser noch Professor war, einmal im Jahr miteinander treffen und ein Thema auf wissenschaftlicher Ebene miteinander besprechen.“

Und wird kontrovers wissenschaftlich diskutiert. Und damit das gewährleistet wird, werden Externe wie in diesem Jahr Erzbischof Kurt Koch als Referenten eingeladen, und der Schülerkreis selber wird um junge Forscher wie eben Stefan Ahrens erweitert. Aber nicht nur die Altschüler haben etwas von diesen Diskussionen, auch die „Neuen“:

“Ich muss sagen, dass ich sehr bereichert bin durch diese Begegnungen sowohl mit den alten Schülern als auch den neuen Schülern, weil wir doch gemerkt haben, dass wir uns in unseren Fragestellungen ergänzen, egal ob wir aus der Theologie stammen, aus der Philosophie oder wie ich aus der Politikwissenschaft. Interdisziplinarität ist etwas, was allen hilft. Man kann so auch andere Impulse setzen. Das hat auf jeden Fall eine große Bereicherung gebracht, nicht nur auf intellektuellem Niveau, sondern auch im persönlichen Umgang miteinander. Es waren sehr schöne Tage, die wir alle gemeinsam in Castelgandolfo verbracht haben.“

(rv 01.09.2010 ord)







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