Vor genau 100 Jahren,
am 1. September 1910, veröffentlichte Papst Pius X. den so genannten Antimodernisten-Eid.
Alle angehenden Priester mussten von da an in einem feierlichen Akt vor ihrer Weihe
die geltende kirchliche Lehre bejahen und moderne Formen der Theologie ablehnen. Der
deutsche Kirchenhistoriker Johannes Grohe von der Päpstlichen Universität Santa Croce
erklärt, was „Modernismus“ eigentlich bedeutet:
„Es hat viel zu tun mit
dem Eindringen der historisch-kritischen Methoden in die Bibelwissenschaft. Hier spielt
eine Vorreiterrolle der liberale Protestantismus. Das wird dann auch in der Katholischen
Kirche rezipiert. Man spielt Offenbarung gegen geschichtliche Wirklichkeit aus, das
gilt auch für die Kirche nur als Glaubensinstitution, nicht aber als historisch wirklich
von Christus gegründete Gemeinschaft. Im Großen und Ganzen dreht es sich immer um
diese Frage: Wie ist eigentlich unser Glaube grundgelegt.“
Der Antimodernisten-Eid
wurde von einigen geschätzt, von anderen als notwendiges Übel anerkannt. Viele aber,
zumal im deutschen Sprachraum, sahen darin die Wissenschaftlichkeit theologischer
Forschung grundsätzlich in Frage gestellt. So wurde für Deutschland ein Kompromiss
ausgehandelt: Professoren mussten den Eid nicht ablegen, es sei denn, sie waren gleichzeitig
Seelsorger.
Heute ist die historisch-kritische Bibelexegese längst an allen
katholischen Fakultäten unverzichtbar. Der Antimodernisten-Eid hielt sich bis 1967,
als Papst Paul VI. ihn nach den Entscheidungen des II. Vatikanischen Konzils abschuf.
Knapp 30 Jahre später, im Jahr 1989, führte Papst Johannes Paul II. einen neuen Treueid
für alle jene ein, die in der Kirche leiten oder lehren. Dem Entstehen von Irrlehren
kann man zwar damit nicht vorbeugen, so der Kirchenhistoriker Grohe, man kann aber
gleichsam die „Geschäftsbedingungen“ klar machen.
„Natürlich wird es nie
ein menschliches Mittel geben, mit dem man Häresien einfach vermeiden kann. Es gehört
zum Weg der Kirche durch die Zeit, dass sie den Glauben, den sie von Jesus Christus
empfangen und durch die Apostel vermittelt bekommen hat, immer wird verteidigen müssen.
Wir werden nie eine Zeit erleben, in der der glaube der Kirche unangefochten ist.
Maßnahmen greifen dann immer bis zu einem bestimmten Punkt, können aber nie die Heiligkeit
und Festigkeit der Lehre garantieren. Sie allein garantieren nicht, dass Kopf und
Herz der einzelnen immer bei Gott und der Lehre der Kirche sind. Aber sie können gewissermaßen
das Vorfeld klären.“