D: „Kirchen müssen positive Modelle der Integration aufzeigen“
Die katholische Kirche
weist die These von Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin, Juden hätten ein bestimmtes
Gen, scharf zurück. „Solche Formulierungen sind geeignet, latent vorhandenen Rassismus
mit allen darin enthaltenen Vorurteilen zu bedienen.“ Das sagte der Vorsitzende der
Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Norbert Trelle, am Montag
im Interview mit der kna. Sarrazin hatte die biologistische Äußerung über Juden am
Sonntag in einem Zeitungsinterview gemacht. In seinem aktuellen Buch „Deutschland
schafft sich ab“ hatte er die These aufgestellt, muslimische Einwanderer seien nicht
an Eingliederung in die deutsche Gesellschaft interessiert. Für Kapuzinerbruder Paulus
Terwitte sind Sarrazins Aussagen kontraproduktiv für Integration in Deutschland. Im
Interview mit dem Kölner Domradio sagte er:
„Man könnte sagen, mit diesem
Buchtitel schafft Sarrazin die Menschlichkeit ab. Wir wollen miteinander sprechen
und eine Lebensgemeinschaft sein in Deutschland. Wir haben die Gastarbeiter eingeladen.
Und wir lassen uns von ihnen gerne den Müll wegfahren und bedienen. Warum sollen sie
nicht die Gunst Deutschlands genießen dürfen? Wir müssen mit ihnen gemeinsame Schritte
gehen!“
Für Sarrazins Buch sind beim Verlag bereits unzählige Vorbestellungen
eingegangen – das sei vor allem Ergebnis von Populismus, so Terwitte. Dem Kapuzinerpater
bereitet es Sorgen, dass sich in Deutschland „offenbar Stammtischgespräche über politische
Kultur zu erheben“ scheinen. Gerade jetzt müsse man Dialog und Aufklärung vorantreiben.
Terwitte:
„Ich bin der Meinung, dass gerade die Kirchen, die aus ihrer Tradition
heraus ja sehr erfolgreiche Modelle des Dialoges mit dem Fremden haben, jetzt besonders
gefragt sind, die erfolgreichen Modelle der Integration zu zeigen. Und eben deutlich
zu machen, dass es auch unter den Deutschen viele gibt, die wir anders antreiben müssen,
auch ihre Pflichten zu erledigen und nicht nur Rechte in Anspruch zu nehmen. Wir müssen
alle Menschen einladen, zu sehen, dass das Gemeinwohl kein Selbstbedienungsladen ist,
sondern auch Verpflichtungen des Einzelnen mit sich bringt. Wenn ein bekannter Wirtschaftsmensch
so in unserem Land reden kann, habe ich Sorge, wie wir die Zukunft gestalten können.“
Das
Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) verurteilte Sarrazins Aussagen als „geistige
Brandstiftung“ und „Spiel mit den Ängsten der Bevölkerung“. Die Positionen des Bundesbank-Vorstands
stellten „die Grundlagen unserer humanen Gesellschaft infrage“, so ZdK-Präsident Alois
Glück wörtlich. Auch aus der Partei des SPD-Mitglieds hagelte es Kritik. So beschloss
der SPD-Vorstand am Montag einstimmig, gegen Sarrazin ein Parteiordnungsverfahren
mit dem Ziel eines Ausschlusses einzuleiten.