2010-08-27 14:20:45

Frankreich/Vatikan: Bildung statt Geld für Roma


RealAudioMP3 Der Vatikan reagiert auf die Abschiebung von hunderten Roma nach Rumänien. In einer Stellungnahme von diesem Freitag erklärte Erzbischof Agostino Marchetto vom päpstlichen Rat der Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs, dass die Kirche sich politisch weder rechts, links oder in der Mitte positioniere. Der Leiter des Migrantenrats verteidigt indessen die Parteinahme der Kirche für die von Frankreich ausgewiesenen Roma. Papst Benedikt hatte beim Angelusgebet vergangenen Sonntag gemahnt, man müsse die Menschen in ihrer Verschiedenheit annehmen.

Die Kritik am Vorgehen der französischen Regierung wegen der der Abschiebung von hunderten Roma nach Rumänien vermehrt sich. Zuletzt hat eine Organisation zur Wahrung der Rechte von Roma das Verhalten des französischen Staates als rassistisch verworfen. In der Türkei gab es öffentliche Proteste gegen die Massenabschiebungen. Jan Opiela ist der Seelsorgebeauftragte für Sinti und Roma in Köln. Unseren Kollegen vom Domradio erklärt er, warum die Roma so unterschiedliche Sympathien hervorrufen.

„Weil sie einen anderen Ansatz von Leben haben als wir. Sie sind nicht in dieser bürgerlichen Welt zuhause wie wir. Und da sie nirgendwo vom Staat als Staatsbürger angenommen werden, das führt dann regelmäßig zu Auseinandersetzungen, ob es ordnungsrechtliche Sachen sind, ob es Grenzangelegenheiten sind – es geht immer wieder in dieselbe Richtung.“

Die Schuld für die Kollision der Lebensarten liege nicht allein bei den Roma, so Opiela. Obwohl die Reaktionen auf das bisweilen autonome Verhalten der Roma nicht unbegründet seien.

„Es ist natürlich befremdlich auf der einen Seite. Auf der anderen Seite aber auch wiederum verstehbar. Weil die Väter und Mütter, die Europa damals initiiert haben, haben natürlich nicht an diesen Armutstourismus gedacht. Es ist natürlich der sogenannte Sendestaat anzufragen, das wäre hier Rumänien: Warum fühlen sich die Menschen in Rumänien so unwohl, dass sie auswandern? Und der Trick den Frankreich anwendet, indem 300 Euro ausgelobt werden für Erwachsene und 100 für Kinder – damit zieht man eher die Leute an, als dass man sie nach Hause schickt.“

Letztendlich sei die Integration der Roma und anderen fahrenden Völker eine Frage der Bildung. Das sei das bessere Angebot der europäischen Staaten, nicht die materielle Hilfe.

„Geld ist nicht der richtige Berater, sondern hier ist eigentlich nur Manpower gefragt. Das heißt die Menschen werden sich nur auf etwas einlassen, wenn sie das aus einer von anderen Menschen auf Augenhöhe gegebenen Erklärung bekommen. Nicht durch autoritäre Maßnahmen, durch Flicks – also durch Polizei – oder Staat. Sondern im Lernprozess, welche Recht ich als Bürger habe und welche Pflichten ich habe.“

Frankreich hatte am Donnerstag 300 Roma nach Rumänien abgeschoben. Die Regierung von Staatspräsident Nicolas Sarkozy macht die Roma für zahlreiche Verbrechen verantwortlich und kritisiert ihre illegalen Siedlungen. Die Abschiebung stieß bei Menschenrechtsorganisationen, der EU und dem Erzbischof von Paris auf Kritik.

(domradio 27.08.2010 jv)







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