2010-08-13 11:27:58

Pakistan: Bange Blicke nach Multan


RealAudioMP3 Bei der verheerenden Flutkatastrophe in Pakistan steht das Schlimmste womöglich erst noch bevor: Weil es im Norden des Landes in den letzten Tagen wieder geregnet hat, rollt nun eine zweite Flutwelle durch die zentralpakistanische Provinz Punjab und weiter nach Süden. Die Fluten lassen den Fluss Chenab anschwellen und könnten trotz aller Schutzmaßnahmen die Metropole Multan treffen: Dort leben viereinhalb Millionen Menschen. Die Vereinten Nationen rufen die internationale Gemeinschaft zu Soforthilfen in Höhe von umgerechnet 350 Millionen Euro auf. Immerhin - trotz erheblicher Schwierigkeiten wegen der zu großen Teilen zerstörten Infrastruktur gelangt jeden Tag mehr Hilfe zu den Flutopfern. Caritas international, das Hilfswerk der deutschen Caritas sagt, dass sich innerhalb von von vier Tagen die Spendeneingänge verfünffacht haben - auf jetzt 230.000 Euro.

Reinhard Würkner ist Asien-Experte des Deutschen Caritasverbandes. Er hat den Eindruck, dass die Flut in Pakistan bei den Menschen im Westen weniger Betroffenheit auslöst als etwa das Erdbeben in Haiti vor sieben Monaten. Das liege wohl vor allem an den Fernsehbildern:

„Erdbeben ist eigentlich immer schrecklicher als eine Flut. Das kommt anders rüber, die eingestürzten Häuser... Man kann auch nahe heran gehen – im Gegensatz zur Flut in Pakistan zum Beispiel, wo’s aufgrund der mittlerweile kaputten Verkehrsverbindungen wenig Zugang gibt. Inzwischen bekommen wir aus Pakistan zwar Bilder aus der Luft, die aus Hubschraubern gemacht werden, aber das vermittelt natürlich einen ganz anderen Eindruck als ein Erdbeben wie Haiti oder ähnliches.“

Viele Hilfswerke sind daran gewöhnt, nach Überschwemmungen in armen Ländern zu helfen. Aber Pakistan stellt sie vor ganz besondere Schwierigkeiten – und das hat geografische Gründe:

„Man muss sich vorstellen, Pakistan hat fünf große Flüsse. Der längste ist der Indus mit über 1.500 Kilometern. Angenommen, die haben ein Einzugsgebiet (oder ein Überschwemmungsgebiet) von zwei, drei Kilometern rechts und links - dann haben Sie Tausende von Quadratkilometern, die unter Wasser stehen und die man nicht einfach so versorgen kann. Das Problem ist nicht so sehr die Überschwemmung, sondern das Problem ist die geographische Ausgedehntheit der ganzen Geschichte. Bei den meisten Überschwemmungen in der Vergangenheit (auch in Indien zum Beispiel gibt’s jedes Jahr Überschwemmungen) ist es relativ lokal begrenzt. Das heißt, man hat zwar von mir aus einige hundert Quadratkilometer, die unter Wasser stehen, aber es ist alles nahe beieinander und man kann da wirklich von verschiedenen Seiten Hilfe leisten.“

Weitere Hürden für die Helfer: die kaputte Infrastruktur und die instabile Sicherheitslage in Pakistan.

„Die Sicherheitslage gerade für Ausländer ist alles andere als gut. Was dazu führt, dass sich also Europäer tunlichst nicht in bestimmten Gegenden blicken lassen. Gerade der Norden ist ja aufgrund des hohen Taliban-Aufkommens ein so genannter „Hot Spot“, also eine Problemzone. Nicht von ungefähr haben dort auch islamistische Gruppen das Heft wieder ergriffen und versuchen, aus der ganzen Sache Kapital zu schlagen, indem sie eben – sei’s auch nur klein, aber doch immerhin –als Zeichen der Solidarität Dinge verteilen und den Leuten vermitteln oder vermitteln wollen, dass sie sozusagen besser sind als die Regierung, die sie hängen lässt.“

(pm erzbistum freiburg 13.08.2010 sk)







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