Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann erhält den diesjährigen Toleranzpreis der Europäischen
Akademie der Wissenschaften und Künste in Salzburg. Die Auszeichnung wird ihm am nächsten
Sonntag in Salzburg verliehen. Der seit 1997 verliehene Preis würdigt Persönlichkeiten
oder Institutionen, die sich für die Wahrung der Menschenrechte und das respektvolle
Zusammenleben über religiöse, nationale und ethnische Grenzen hinaus Verdienste erworben
haben. Zu den bisherigen Preisträgern zählen unter anderen der irakische Erzbischof
Gabriel Kassab, Kardinal Franz König sowie der frühere deutsche Außenminister Hans-Dietrich
Genscher. Toleranz sei „nicht bloß ein Gelten- und Gewährenlassen, ein Dulden von
Andersartigkeit, sondern Achtung, ja auch freie Anerkennung andersartiger Anschauungen
und Handlungsweisen“, so Lehmann in einem Interview mit den „Salzburger Nachrichten“
von diesem Donnerstag. Es brauche auch das Bemühen darum, die andersartige Meinung
zu verstehen. Der Kardinal warnte aber vor falsch verstandener Toleranz gegenüber
anderen Überzeugungen: „Die Grenze ist in unserem Gemeinwesen identisch mit den Grundrechten
unserer Verfassungen und den anerkannten Menschenrechten.“ Lehmann bekräftigte auch
seine skeptische Haltung gegenüber einer rechtlichen Gleichstellung des Islam mit
den christlichen Kirchen in Deutschland: „Selbstverständlich soll der Islam eine Anerkennung
als legitime Religion in der Gesellschaft haben bzw. erhalten. Aber eine Gleichstellung
setzt ja auch dieselbe Geschichte, Inkulturation und Situation voraus.“ Dies könne
höchstens „ein Prozess sein, wenn sich der Islam mehr bei uns einwurzelt, ohne sich
deshalb einfach nur an unsere Situation anpassen zu müssen.“