2010-08-08 13:59:34

Afghanistan: Entsetzen über Mord an christl. Entwicklungshelfer


RealAudioMP3 Im Nordosten Afghanistans sind zehn Mitarbeiter der christlichen Hilfsorganisation „International Assistance Mission“ (IAM) ermordet worden. Es handelt sich um Angehörige eines mobilen Augenarzt-Teams: darunter eine deutsche Ärztin. Sowohl die Taliban wie die islamische Partei Hizb-e-Islami haben sich zu dem Überfall bekannt. Eine Sprecherin der deutschen Bundesregierung sprach von einem „feigen Mord“. Berlin dringe auf eine „gründliche Aufklärung der Umstände“ und eine Bestrafung der Verbrecher. Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Hans-Peter Friedrich, der am 6. August von einem Besuch Afghanistans zurückkehrte, erklärte, dort herrschten kriegsähnliche Zustände. Jeden Tag gehe es „um das Leben unserer Soldaten und der Angehörigen von Hilfsorganisationen“. Als Konsequenz des Anschlags forderte er, mit aller Härte gegen Aufständische vorzugehen. Tief erschüttert über die Tötung der Helfer zeigte sich auch der Fraktionschef von Bündnis 90/Die Grünen, Jürgen Trittin. Dies zeige, wie weit Afghanistan von einer Stabilisierung entfernt sei. Unterdessen hat die afghanische Polizei nach Informationen des britischen Fernsehsenders BBC einen Fahrer des Ärzteteams verhaftet. Die örtliche Polizei mache Straßenräuber für die Tat verantwortlich.

Wir haben mit dem Barnabitenmissionar P. Giuseppe Moretti gesprochen, der verantwortlich ist für die kleine katholische Gemeinde in Kabul. Seine Einschätzung:

„Derzeit bereitet sich das Land auf die Wahlen im September vor. Mir scheint, dass die Taliban demonstrieren wollen, dass sie sich gegen die Demokratisierung des Landes stemmen. In Kabul erscheint die Lage entspannt, aber man merkt die Zunahme der Sicherheitsmaßnahmen.“ 
Der Seelsorger zeichnet ein pessimistisches Bild von der Lage im Land:

„Viele Menschen sind ums Leben gekommen, auf Seiten der Zivilbevölkerung, unter den afghanischen Soldaten und auf Seiten der ausländischen Schutztruppen, aber um welchen Preis? Die Menschen haben den Eindruck, dass die internationalen Hilfen nicht bei ihnen ankommen. Es fehlen Schulen, Krankenhäuser. Die Löhne sind nicht gestiegen, dafür hat die Arbeitslosigkeit zugenommen.“ 
Das Ärzteteam missachtete laut Polizeiangaben die Warnung von Einheimischen vor Rebellen und campierte nach seinem Hilfseinsatz einige Tage in freier Natur. Ein überlebender Afghane sei verschont worden, weil er Koranverse rezitiert habe, als er erschossen werden sollte. Dadurch hätten ihn die Bewaffneten als gläubigen Muslim identifiziert. Er sei in der von den Taliban dominierten Nachbarprovinz Nuristan freigelassen worden. Die Opfer arbeiteten für die Augenklinik Noor in Kabul. Sie gehörten zur christlichen Hilfsorganisation International Assistance Mission. IAM teilte am Samstag auf seiner Homepage mit, die zehnköpfige Gruppe sei nach ihrer medizinischen Arbeit in Nuristan auf dem Rückweg nach Kabul gewesen. Man hoffe, dass „diese Tragödie“ nicht dazu führe, dass IAM nach 44 Jahren im Land die Arbeit einstellen müsse. IAM widersprach dem Vorwurf, die Ärzte hätten in dem muslimisch geprägten Land missioniert.

(rv/dw/idea 08.08.2010 mc)







All the contents on this site are copyrighted ©.