„Soeben im Radio Vatikan
über Twallfahrt in iSiedeln berichtet“ – diese paar Zeichen schickte Abt Martin Werlen
an diesem Dienstag Mittag an die gut tausend Internetuser, die ihm auf „Twitter“
folgen. „Twitter“ heißt „Zwitschern“ und ist ein Internet-Kommunikationsdienst, bei
dem jeder Benutzer Kurznachrichten veröffentlichen kann. Diese gezwitscherten Nachrichten
empfangen dann alle Abonnenten des Dienstes auf ihrem Handy. Martin Werlen ist Abt
der Benediktinerabtei Einsiedeln in der Schweiz - und ein fleißiger Twitterer. Am
29. August organisiert er eine Twitter-Wallfahrt, oder besser eine „Twallfahrt“ nach
Einsiedeln, dem wichtigsten Wallfahrtsort in der Schweiz. Eingeladen sind alle, die
twittern, und ihre Angehörigen und Familien. Stefan Kempis hat Abt Martin nach der
Idee hinter der „Twallfahrt“ nach Einsiedeln gefragt:
Abt Martin: „Die Kirche
hat von Anfang an von der Kommunikation gelebt, Kirche ist ein Hören der Kirche und
nur so kann sie verkünden, was ihr anvertraut ist. Auch heute muss die Kirche die
modernen Kommunikationsmittel nutzen, um zu den Menschen zu kommen – erstens einmal,
um sie zu hören, dann aber auch, um zu ihnen zu sprechen. Seit Dezember bin ich beim
Twittern - und es ist erstaunlich, wie viele Menschen interessiert sind, was ein Abt
heute zu sagen hat. Alle Gebete auf dem Weg, alle Impulse werden Twitter-Impulse
sein, d.h., dass diejenigen, die dabei sind, 140 Zeichen haben; aber auch diejenigen,
die uns begleiten über Twitter, werden diese Impulse genauso mitbekommen.“
D.h.
die Teilnehmer der Wallfahrt laufen mit ihrem Handy in der Hand?
„Über
Twitter wird das Ganze organisiert und begleitet, über Twitter werden auch die Impulse
gegeben. In der Klosterkirche ist ein kleiner Wortgottesdienst mit einer Twitter-Predigt.“
Eine
so kurze Predigt – geht das überhaupt?
„Wenn wir die
Formeln des Glaubens anschauen, gerade bei Paulus – dann sind die nie länger als 140
Zeichen. Die großen Formeln unseres Glaubens – ‚Christus lebt’, ‚Der Herr ist da’,
‚Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als er unterwegs mit uns redete’ – all das
sind ganz kleine Aussagen, aber sie treffen. Ich denke, es ist eine Herausforderung
gerade an die Kirche in unserer Zeit, nicht lange Abhandlungen zu schreiben, wenn
wir die Menschen erreichen wollen, sondern die Dinge auf den Punkt zu bringen. Heute
war ich im Petersdom, habe dort in der Stille gebetet, das Glaubensbekenntnis für
mich gesprochen. Dann ist mir aufgegangen, dass gerade in den letzten Sätzen des Glaubensbekenntnis
‚Ich glaube an die Auferstehung der Toten’ Wirklichkeiten ausgesagt werden, die uns
fast erschlagen. ‚Ich glaube an die Vergebung der Sünden’, ‚Ich glaube an das ewige
Leben’. Alles, was man nachher darüber schreibt, ist nur eine Entfaltung, aber man
bringt es sonst nie so auf den Punkt. Twitter kann uns helfen,es auf den Punkt zu
bringen. Das ist eine Voraussetzung, dass wir Menschen wieder erreichen. Mit langen
Abhandlungen erreichen wir den Menschen von heute nicht, das sind so viele Dinge,
die gesagt werden. Wir haben viel zu sagen, aber wir müssen es auf den Punkt bringen.
Wir müssen lernen, den Weizen vom Streu zu scheiden. Was ist wichtig, was trägt wirklich
in unserem Leben? Was ist Glaubenssache und was sind Dinge, die man auch vernachlässigen
kann?“