Männlich, volljährig
und einigermaßen gesund: Wer diese Eigenschaften erfüllt, steht in Deutschland noch
immer vor der Wahl: Zivildienst oder ab zum Bund? Während junge Rekruten den Dienst
an der Waffe meistens in der Nähe ihrer Heimat ableisten, eröffnen sich mit dem Zivildienst
ungeahnte Möglichkeiten, auch außerhalb Deutschlands. Rom, die Ewige Stadt, bietet
jungen Menschen die Möglichkeit, für zwölf Monate im Herzen der Weltkirche Zivi zu
sein: Seit mehreren Jahren haben die deutschsprachigen Gemeinden Santa Maria dell’Anima
und die evangelisch-lutherische Christuskirche anerkannte Zivildienststellen. Zur
Zeit sind es Maximilian Klein bei der Anima und Simon Schmidt bei den Lutheranern,
die hier ihren „Anderen Dienst im Ausland“ ableisten. Ich habe die beiden an ihren
Wirkungsstätten getroffen und mir von Leben und Arbeit als Zivi in Rom erzählen lassen.
Simon berichtet:
„Die Aufgaben hier in der Gemeinde sind sehr vielfältig
und zahlreich, also man fängt morgens im Büro an: Telefonate müssen entgegengenommen
werden, E-Mails müssen gecheckt werden. Dann ist man aber auch im gesamten Gemeindehaus
tätig – als Hausmeister, man muss Sachen reparieren oder neu kaufen, man erledigt
viele Botengänge, im Grunde ist man also ein ‚Mädchen für alles’.“
Und
Maximilian erzählt: „Grundsätzlich haben mir die Kirchenführungen
besondere Freude gemacht, weil man da mit verschiedenen Gruppen aus Deutschland und
der ganzen Welt zusammenkommt und diese Gruppen kennenlernt – das hat mir immer großen
Spaß gemacht.“
Als deutsche Gemeinden im Zentrum der
Weltkirche sind sowohl Santa Maria dell’Anima als auch die lutherische Christuskirche
Anlaufpunkt für viele Pilger von jenseits der Alpen. Nicht selten kommt es zu Ereignissen,
die in Deutschland alles andere als alltäglich sind. Maximilian berichtet:
„Das
hatten wir natürlich öfter an der Anima, dass ein Bischof oder Kardinal kozelebriert
hat und das sind Ereignisse, die ich so aus meiner Heimatpfarrei nicht kenne. Das
ist sehr interessant zu beobachten, weil es Bräuche innerhalb der katholischen Kirche
gibt, die sich über Jahrhunderte erhalten haben, was z.B. die Sitzordnung angeht,
welche Gewänder zu welcher Situation und zu welchem Anlass getragen werden. Darauf
wird hier noch sehr viel Wert gelegt. Das ist eine tolle Sache, Werte und Traditionen
haben sich über Jahrhunderte gehalten und auch heute wird das noch so gehandhabt.“
Simon
kommt aus der Nähe von Hannover im Norden der Republik - da ist das Leben in einer
Minderheitenkirche, wie es die Lutheraner in Rom sind, erst einmal eine Umstellung.
Bei ökumenischen Großveranstaltungen, wie z.B. dem Besuch von Papst Benedikt XVI.
bei den Lutheranern, lernt man sich natürlich kennen, doch viele Fragen sind am Anfang
offen, wie Simon erzählt:
„Zunächst trifft man hier auf viele Vorurteile,
dass man als Lutheraner doch eher einer Sekte angehört. Da hat der Gottesdienst mit
dem Papst natürlich dazu beigetragen, dass man von den Italienern auch als ‚normaler’
Mensch und ‚normaler’ Christ wahrgenommen wird. Als Lutheraner in Rom ist man sozusagen
zur Ökumene gezwungen. Es ist einfach etwas ganz Schönes zu sehen, wie offen die Katholiken
hier auch sind.“
Ein Jahr Ewige Stadt ist eine unglaublich
prägende Erfahrung, erzählen mir Max und Simon. Eine fremde Stadt, eine neue Sprache,
die erste feste Arbeitsstelle. Und nicht nur das: „Man hat sehr
viel mehr Einblick in den Katholizismus gewonnen, also in das Herz des Katholizismus
in Rom. Es ist unglaublich, was man hier alles lernen konnte von der Geschichte des
Christentums, wovon hier ja so viele Stätten Zeugnis ablegen. Bezüglich der Kenntnisse
hat sich da ganz viel verändert, allerdings auch, was den Glauben angeht, bin ich
davon überzeugt, dass er sich deutlich gefestigt hat.“
„Es
ist natürlich der erste Schritt zum eigenen Leben gewesen – und das eben auch im eigenen
Glauben. Man hat sich selber mehr Gedanken gemacht, und so hat es auch meinen eigenen
Glauben gefestigt. Ich glaube, so ein Auslandsjahr tut jedem jungen Menschen gut.“
Eins
ist klar: Die Stadt lässt einen nicht mehr los. Beide Zivis sind vom Rom-Virus infiziert,
Simon fängt sogar im Oktober an, hier zu studieren. Und auch Maximilian wird sicher
nicht das letzte Mal am Tiber gewesen sein:
„Abends, wenn man über die Engelsbrücke
läuft und dann auf der linken Seite die Kuppel von Sankt Peter aufsteigen sieht, den
Gianicolo sieht und die toll beleuchtete Engelsbrücke und Engelsburg…Dieses Schreiten
über den Tiber ist eines der beeindruckendsten Bilder, die man in Rom überhaupt haben
kann.“