2010-08-02 11:18:34

Italien: Zivildienst im Herzen der Weltkirche


RealAudioMP3 Männlich, volljährig und einigermaßen gesund: Wer diese Eigenschaften erfüllt, steht in Deutschland noch immer vor der Wahl: Zivildienst oder ab zum Bund? Während junge Rekruten den Dienst an der Waffe meistens in der Nähe ihrer Heimat ableisten, eröffnen sich mit dem Zivildienst ungeahnte Möglichkeiten, auch außerhalb Deutschlands. Rom, die Ewige Stadt, bietet jungen Menschen die Möglichkeit, für zwölf Monate im Herzen der Weltkirche Zivi zu sein: Seit mehreren Jahren haben die deutschsprachigen Gemeinden Santa Maria dell’Anima und die evangelisch-lutherische Christuskirche anerkannte Zivildienststellen. Zur Zeit sind es Maximilian Klein bei der Anima und Simon Schmidt bei den Lutheranern, die hier ihren „Anderen Dienst im Ausland“ ableisten. Ich habe die beiden an ihren Wirkungsstätten getroffen und mir von Leben und Arbeit als Zivi in Rom erzählen lassen. Simon berichtet:

„Die Aufgaben hier in der Gemeinde sind sehr vielfältig und zahlreich, also man fängt morgens im Büro an: Telefonate müssen entgegengenommen werden, E-Mails müssen gecheckt werden. Dann ist man aber auch im gesamten Gemeindehaus tätig – als Hausmeister, man muss Sachen reparieren oder neu kaufen, man erledigt viele Botengänge, im Grunde ist man also ein ‚Mädchen für alles’.“

 
Und Maximilian erzählt:
 
„Grundsätzlich haben mir die Kirchenführungen besondere Freude gemacht, weil man da mit verschiedenen Gruppen aus Deutschland und der ganzen Welt zusammenkommt und diese Gruppen kennenlernt – das hat mir immer großen Spaß gemacht.“

 
Als deutsche Gemeinden im Zentrum der Weltkirche sind sowohl Santa Maria dell’Anima als auch die lutherische Christuskirche Anlaufpunkt für viele Pilger von jenseits der Alpen. Nicht selten kommt es zu Ereignissen, die in Deutschland alles andere als alltäglich sind. Maximilian berichtet:

„Das hatten wir natürlich öfter an der Anima, dass ein Bischof oder Kardinal kozelebriert hat und das sind Ereignisse, die ich so aus meiner Heimatpfarrei nicht kenne. Das ist sehr interessant zu beobachten, weil es Bräuche innerhalb der katholischen Kirche gibt, die sich über Jahrhunderte erhalten haben, was z.B. die Sitzordnung angeht, welche Gewänder zu welcher Situation und zu welchem Anlass getragen werden. Darauf wird hier noch sehr viel Wert gelegt. Das ist eine tolle Sache, Werte und Traditionen haben sich über Jahrhunderte gehalten und auch heute wird das noch so gehandhabt.“

Simon kommt aus der Nähe von Hannover im Norden der Republik - da ist das Leben in einer Minderheitenkirche, wie es die Lutheraner in Rom sind, erst einmal eine Umstellung. Bei ökumenischen Großveranstaltungen, wie z.B. dem Besuch von Papst Benedikt XVI. bei den Lutheranern, lernt man sich natürlich kennen, doch viele Fragen sind am Anfang offen, wie Simon erzählt:

„Zunächst trifft man hier auf viele Vorurteile, dass man als Lutheraner doch eher einer Sekte angehört. Da hat der Gottesdienst mit dem Papst natürlich dazu beigetragen, dass man von den Italienern auch als ‚normaler’ Mensch und ‚normaler’ Christ wahrgenommen wird. Als Lutheraner in Rom ist man sozusagen zur Ökumene gezwungen. Es ist einfach etwas ganz Schönes zu sehen, wie offen die Katholiken hier auch sind.“

 
Ein Jahr Ewige Stadt ist eine unglaublich prägende Erfahrung, erzählen mir Max und Simon. Eine fremde Stadt, eine neue Sprache, die erste feste Arbeitsstelle. Und nicht nur das:
 
„Man hat sehr viel mehr Einblick in den Katholizismus gewonnen, also in das Herz des Katholizismus in Rom. Es ist unglaublich, was man hier alles lernen konnte von der Geschichte des Christentums, wovon hier ja so viele Stätten Zeugnis ablegen. Bezüglich der Kenntnisse hat sich da ganz viel verändert, allerdings auch, was den Glauben angeht, bin ich davon überzeugt, dass er sich deutlich gefestigt hat.“

 
„Es ist natürlich der erste Schritt zum eigenen Leben gewesen – und das eben auch im eigenen Glauben. Man hat sich selber mehr Gedanken gemacht, und so hat es auch meinen eigenen Glauben gefestigt. Ich glaube, so ein Auslandsjahr tut jedem jungen Menschen gut.“

Eins ist klar: Die Stadt lässt einen nicht mehr los. Beide Zivis sind vom Rom-Virus infiziert, Simon fängt sogar im Oktober an, hier zu studieren. Und auch Maximilian wird sicher nicht das letzte Mal am Tiber gewesen sein:

„Abends, wenn man über die Engelsbrücke läuft und dann auf der linken Seite die Kuppel von Sankt Peter aufsteigen sieht, den Gianicolo sieht und die toll beleuchtete Engelsbrücke und Engelsburg…Dieses Schreiten über den Tiber ist eines der beeindruckendsten Bilder, die man in Rom überhaupt haben kann.“

(rv 31.07.2010 tb)







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