Wenn man nur die Schreckensbilder
der letzten Monate kennt, könne man sich nicht vorstellen, dass in Haiti überhaupt
die Sonne scheint. Das sagte der Präsident der Caritas Österreich, Franz Küberl, nach
seinem fünftägigen Besuch auf der Karibikinsel, die durch ein Erdbeben im Januar dieses
Jahres vollständig verwüstet wurde. Vom „Wiederaufbau zum Besseren“, wie ihn die Staatengemeinschaft
verkündet hatte, sei noch nicht viel zu sehen, meint Küberl im Gespräch mit kathpress.
Doch mehr als ein halbes Jahr nach der Katastrophe gibt es leise Zeichen der Hoffnung.
„Die
Menschen beginnen wieder zu lachen, aber es ist noch unendlich viel zerstört. Port-au-Prince
sieht aus, wie Wien 1945 ausgesehen haben muss: Eine Unmenge an zerstörten Häusern
und bei vielen weiß man nicht, ob da nicht noch tote Menschen unter dem Schutt verborgen
sind.“
Eines der größten Probleme auf der Karibik-Insel ist immer noch
die Beseitigung des Schutts, die bisher nur schleppend vorangeht und die Errichtung
neuer Gebäude verhindert. Mancherorts werden die Trümmermassen einfach entlang der
Straßen oder gar auf dem Mittelstreifen aufgeschüttet. Einen „Masterplan“ für die
in Schutt und Asche liegende Hauptstadt Port-au-Prince gibt es nicht, wie Caritas-Präsident
Küberl erzählt:
„Es ist ausgerechnet worden, dass, um den Schutt aus der
Stadt wegzubringen, für drei Jahre lang täglich tausend LKW fahren müssten. Und da
ist noch nicht die Rede davon, wie viele LKW es brauchen wird, um Ziegel, Holz und
Stahl nach Port-au-Prince hineinzubringen, um neue Gebäude zu errichten.“
200.000
Häuser wurden beim Erdbeben im Januar zerstört, 1,5 Millionen Menschen wurden obdachlos.
Kaum ein Gebäude in Haiti war erdbebensicher errichtet, vor allem in der Hauptstadt
wurden Bauvorschriften konsequent missachtet. Da die haitianische Regierung immer
noch nicht handlungsfähig ist, läuft der Wiederaufbau weiterhin schleppend. Die Gefahr,
dass dieselben Fehler wieder gemacht werden, ist groß. Auch das erschwert die Arbeit
der Hilfsorganisationen, meint Küberl:
„Also insofern gibt es das eine,
das Bemühen der Leute, das andere ist, dass die Regierung mit allen Füßen auf der
Bremse steht und noch nicht weiß, wie sie das alles bewältigen soll.“
Der
Schlüssel zum Wiederaufbau in Haiti sei aber Bildung, meint Küberl. Nur durch Schulen
und umfassende Ausbildungsprogramme, die viele Menschen am Wiederaufbau beteiligen,
könne man der Insel nachhaltig helfen. Zu den Projekten der Caritas gehört zur Zeit
der Aufbau von 550 Häusern in der Stadt Gressier und die Errichtung von mehreren Schulen
in den Elendsvierteln der Hauptstadt.
„Die Kirche insgesamt gehört zu den
stabilen Momenten Haitis und genießt auch ein hohes Ansehen. Die Ordensgemeinschaften
sind logischerweise sehr gute Partner.“