Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller weist Forderungen nach einer Kürzung
staatlicher Zahlungen an die Kirchen als „populistische Stimmungsmache“ zurück. Im
Gespräch mit der „Passauer Neuen Presse“ meinte Müller, „entgegen allgemeiner Meinung“
gebe es „in Wirklichkeit keine Leistungen des Staates an die Kirchen“. Die Sache verhalte
sich „umgekehrt“: „Es gibt Leistungen der Kirche oder kirchlichen Einrichtungen im
schulischen oder sozialen Bereich für die Allgemeinheit, die vom Steuerzahler mittels
des Staates refinanziert werden.“ Das alles stehe auf dem Boden des Konkordats und
sei „gesetzlich im einzelnen geregelt“. Bischof Müller wörtlich: „Es ist also keineswegs
so, dass die Kirchen wie in einem vordemokratischen Obrigkeitsstaat privilegiert oder
alimentiert werden. Wenn die Kirchen die entsprechenden Leistungen nicht mehr finanzieren
könnten, müsste der Staat sie selber finanzieren und folglich kräftig die allgemeinen
Steuern erhöhen.“ Für den Schüler an einer kirchlichen Schule wende der Staat ein
Drittel weniger auf als für den Schüler an einer staatlichen Schule, so der Bischof.
- Mehrere Politiker aus den Bundesländern hatten in den letzten Tagen Kürzungen von
Finanzleistungen des Staates an die Kirchen gefordert. Wolfgang Kubicki (FDP) etwa
denkt an eine Minderung von zehn bis 15 Prozent. Müller warnte vor „populistischer
Stimmungsmache gegen die Kirche“. „Die rechtswidrige Enteignung des Kirchengutes und
die Zerstörung des gesamten katholischen Bildungssystems, davon allein 18 Universitäten,
ist die Gesellschaft seinerzeit teuer zu stehen gekommen“, gab er zu bedenken. „Noch
heute leiden wir unter den Folgen der Säkularisation von 1803 - mit Ausnahme natürlich
der Aufhebung geistlicher Staaten, die auch im Interesse der Kirche war.“ Die staatlichen
Entschädigungsleistungen für damalige Enteignungen seien „in Wahrheit sehr gering“;
sie behögen sich „meist auf die Baulast kirchlicher Gebäude“. Müller wörtlich: „Der
heutige demokratische Staat als Rechtsnachfolger der damaligen absolutistischen Fürstenstaaten
zu Beginn des 19. Jahrhunderts zieht allerdings noch viel Gewinn aus den übernommenen
Kirchengütern.“